Handwerk Special Nr. 129 vom 29. April 2009 - page 19

Handwerk restauriert und modernisiert historische Gebäude
Nr. 129
29. April 2009
Aus Passion
Bauen, genauer: Restau-
rieren ist sein Beruf und
seine Leidenschaft und
deshalb hat er sich auch
für seine rar bemessenen
Feierabende eine Baustel-
le im Bad Marienberger
Stadtteil Zinhain zugelegt.
Es ist ein von zahlreichen
Vorbesitzern reichlich malträ-
tiertes bäuerlichesWesterwälder
Fachwerkeinhaus von 1885, in
A. Fenzke restauriert Fachwerkhäuser
Steckbrief: DenkMal, Bad Marienberg
Gegr. 2004 | Ein-Mann-Betrieb | Restaurierung und Sanierung von
Altbauten, besonders von Fachwerkhäusern | Tel.: 02661/ 981834
Schäden im Verborgenen
Verträumt steht das Fach-
werkhaus leicht versteckt
in einem Hinterhof. Von
außen ist ihm sein hohes
Alter kaum anzusehen.
Doch ein unfreiwilliger
Blick hinter seine über 300
Jahre altenMauernenthüllte
seinen neuen Besitzern vor
rund fünf Jahren eine mod-
rige Wahrheit.
„Hier trifft der Ausspruch
‚Außen hui, innen pfui’
leider zu“, erzählt Ursula
Meißner kopfschüttelnd.
Sie und ihr kleines Team,
das zurzeit aus zwei Mitar-
beitern und einem FÖJ-tler
(Freiwilliges Ökologisches
Jahr) besteht, haben alle
Hände voll zu tun, um das
schmucke Häuschen, das
in einem kleinen Dörfchen
nahe Holzappel steht, wie-
der bewohnbar zu machen.
„Irgendwann wurde auf
das alte Fachwerk eine
völlig ungeeignete Däm-
mung gelegt, sogenanntes
Styrodur. Damit waren
die Wände versiegelt und
Feuchtigkeit sammelte sich
im Mauerwerk“, erklärt die
Baubiologin und ausgebil-
dete Fachkraft für Lehmbau
Ursula Meißner. In den
Innenräumen war von den
desaströsen Zuständen des
Eine Expertin für Denkmalpflege, Baubiologie und Lehmbau
dem er seinen programmatisch
„DenkMal“ getauften Betrieb
untergebracht hat unddas er jetzt
„nebenbei“ saniert.
„Natürlichmuss ich da noch viel
Zeit und Arbeit investieren“,
gesteht Alexander Fenzke,
Maurermeister und Restaurator
imHandwerk, zu. „Aber so kann
ich doch am besten gleich vor
Ort demonstrieren, was alles
möglich ist.“DasWort „unmög-
lich“ gibt es für den 35-Jährigen
bei der Arbeit sowieso nicht.
Viel zu sehr ist Fenzke dafür
der unermüdliche Perfektionist,
der auch die benötigten Materi-
alien für das Bauen im Bestand,
beispielsweise Lehmmörtel und
-putzeund jetzt sogar Spritzlehm
fürsAbdichtenvonFugen, selbst
besorgt und herstellt.
„Bei meiner früheren Tätigkeit
als Bauleiter bei verschiedenen
Firmen habe ich oft mitbekom-
men, wie viel Schäden gerade
an Fachwerkhäusern durch die
Verwendung unpassender Ma-
terialien angerichtet werden.“
Und deshalb ist für ihn jedes his-
torische Gebäude so etwas wie
organischen Dämmmaterialien
wie Hanf und Weichholzfaser-
platten. Dass man mit dem
nötigen finanziellenEinsatz
selbst 300 Jahre alte Häuser
energetisch auf Neubau-
niveau bringen kann, hat
der Ein-Mann-Restaurator
Fenzke,unterstütztvonande-
ren Handwerkern, mit denen
er sich zum „Restauratoren-
Ring“ zusammengeschlossen
hat, gerade beim auf hochmit-
telalterlichem Grund stehenden
Barbarahof in Simmern bewie-
sen, dank Dämmung, Wandhei-
zung und Blockheizkraftwerk.
Dabei hatte er nicht nur die
Bauleitung, sondern arbeitete
beim aufwändigen Innenumbau
und bei der Neuerstellung der
Außenputze und -anstriche mit
und lieferte das energetische
Gesamtkonzept, das er bei der
Tagung „Tatort Altbau“ im
Herbst 2008Fachleuten aus dem
Denkmalschutz und Restaura-
toren vorstellte.
Fachwerks nichts zu sehen,
sodass die neuen Hausbesitzer
von alldem beim Kauf nichts
ahnten: „Das ist typisch. Wenn
die Wände mit dem richtigen
Material verputzt sind, zeigt sich
die Feuchtigkeit schnell, denn
der Putz fällt einfachab.Aber die
Dämmung hält alles im Verbor-
genen.“ Erst als dieWohnräume
umgestaltet wurden, sah man,
dass die tragende Substanz des
Hauses stark verfault war.
Die kleinen Problemfälle haben
es Ursula Meißner besonders
angetan. „Für sie schlägt mein
in der Bauausführung arbeitete.
Dafür holte sie den betriebs-
wirtschaftlichen Teil der Meis­
terprüfung bei der HwK nach
und wurde schließlich über die
Altgesellenregelung dem Mau­
rermeistergleichgestelltundein-
getragen.ZuvorhattesichUrsula
Meißner,währendKindzweiund
drei zur Welt kamen, bereits per
Fernlehrgang zur Baubiologin
weiterqualifiziert. Zurzeit lässt
sie sich zur Restauratorin im
Maurerhandwerk ausbilden.
„Zukünftig möchte ich mich
verstärkt auf die Bauaufnahme
und die Entwicklung von Sanie-
rungskonzeptenkonzentrieren.“
Ursula Meißner in Aktion: Bevor die neue Schilf-
rohrinnendämmung angebracht werden kann,
muss zunächst neuer Lehm aufgetragen werden.
eine Persönlichkeit, der er sich
möglichst individuell nähert,
ausgehendvon einer akribischen
VoruntersuchungundBestands-
aufnahme. „So gibt’s auch für
den Auftraggeber keine bösen
Überraschungen und ständige
Nachbesserungen.“
Fachwerksanierung ist heute
gleichbedeutend mit energe-
tischer Sanierung, auch sie nur
mit angepassten Mitteln, mit
Geradehat
Alexander
Fenzke seine
Arbeit an einem
denkmalgeschützten Fachwerk-
haus in Lohmar begonnen. Wie-
der ein Fall, der Können und Er-
fahrungverlangt.Diegibterauch
gerne weiter, etwa in dem 1996
gegründeten HwK-Arbeitskreis
Denkmalpflege in Koblenz oder
als Dozent in Seminaren. „Ich
habedasGefühl,inmeinemKopf
hat sich mittlerweile soviel an-
gesammelt, dass der überquillt,
wenn ich nicht was weitergebe.“
Alexander Fenzke (l.) und Mirco Dombrowsky, Bau-
herr des Fachwerkhauses in Lohmar, beim Ausmau-
ern der Gefache mit Lehmsteinen.
Zurzeit sieht es noch
recht wüst aus in den
Zimmern, denn die In-
nenwände warten auf
ihre Schilfrohrdämmung.
Herz“, bekräftigt sie. Zwar
hat sie schon an somanchem
Neubau mitgearbeitet, doch
bei schwierigen Restaurie-
rungsarbeiten an Altbauten
lebt sie erst richtigauf.Dabei
fing ihre Beziehung zum
Lehmbau und zur Denkmal-
pflege eigentlicherst spät an.
Nach ihrer Tischlerlehre zog
sie vomRhein-Main-Gebiet
in den Westerwald. „Doch
als Frau war es damals nicht
so einfach, einen Job als
Tischler zu finden,“ erinnert
sie sich.
Während ihres Erziehungs-
urlaubs qualifizierte sie sich
bei der HwK Koblenz zur
Fachkraft im Lehmbau. Zu-
nächst nur für den Verkauf
indieHandwerksrolleeinge-
tragen, stieg die Nachfrage
imLehmbaubaldsostarkan,
dasssieamEndegrößtenteils
Steckbrief: Pueblo Lehmbau, Waldmühlen
Gegr.1998 | 2Mitarb. | Denkmalpflege,Baubiologie,Lehmbau,kreative
Gestaltungstechniken | Tel.: 02664/ 90999 |
1...,8,9,10,11,12-13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24
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