Handwerk Special Nr. 115 vom 10. Februar 2007 - page 19

10. Februar 2007
Nr. 115
Ein Handwerker im Generalstab / Perspektive mit dem Meisterbrief
Eberhard Skibbe, 86 Jahre, Oberst a.D., Handwerksmeister
Das Leben war meine Schule
„Das Leben war meine
Schule“, resümiert
Eberhard Skibbe aus
Lehmen an der Mosel.
Der 86-jährige Oberst
a. D. und Rundfunk-
mechanikermeister
schaut auf ein erfülltes
Leben.
Ein Leben, in dem er sich beruf-
lich immer „der Entwicklung
der Zeit, dem jeweiligen Stand
der Technik, angepasst hat, en-
gagiert und pflichtbewusst war
und jede sich ihm bietende
Chance, seine Leistung unter
Beweis zu stellen, genutzt hat.
„Ich bin gebürtiger Ostpreuße.
Den Ostpreußen wird Sturheit
nachgesagt, aber auch zahlrei-
che Tugenden“, betont er. Eber-
hard Skibbe hat Werte wie Ziel-
strebigkeit, Eigenengagement
und Verlässlichkeit gelebt. Tu-
genden, die zeitlos sind und die
der Senior heute bei jungen Leu-
ten „in einer Gesellschaft, die
so viele Möglichkeiten bietet,
schon mal vermisst“. „Leistung
und Engagement zählen im-
mer“, weiß Skibbe aus eigenem
Erleben. „OhneWissenundEin-
satz, Mühe und Biss ist berufli-
ches Vorwärtskommen nicht
möglich.“
„Ich hatte immer ein Faible für
Technik“, sagt Skibbe. Er erin-
nert sich, dass er als Kind Ra-
diohändler nach ausgesonder-
ten alten Radios gefragt hat, an
denen er dann zu Hause gewer-
kelt hat. „Mit neun Jahren habe
ich den ersten Detektor und mit
elf ein Dreiröhrengerät gebaut“,
erzählt er. Er weiß, dass er früh-
zeitig„sehrvielgelesenundtech-
nische Artikel förmlich ver-
schlungen“hat.NachBesuchdes
GymnasiumsinBerlinabsolvier-
te Skibbe einBetriebspraktikum
bei der Firma Siemens, bevor er
zum Studium der Elektrotech-
nikandieTechnischeHochschu-
le nach Graz ging. Der Krieg
machte den Studienplänen ein
Ende.
Die Kriegsjahre, seinen Einsatz
an der Front, streift er nur kurz.
„Im Feld habe ich mit primitiv-
sten Mitteln Volksempfänger
vomNetzbetrieb auf Batteriebe-
trieb umgestellt“, erinnert er
sich. Er glaubt, dass ihn sein
„überdurchschnittliches techni-
sches Verständnis“ zur Nach-
richtenabteilung der Luftwaffe
gebracht hat. Wenn er von sei-
ner inzwischen verstorbenen
ersten Frau, einerWinzertochter
aus Lehmen, erzählt, die er über
eine Feldpostbrieffreundschaft
kennen lernte und noch imKrieg
geheiratet hat, tritt ein Lächeln
in seine Augen.
Berufliche Träume ver-
wirklicht
In Lehmen verwirklichte der
Kriegsheimkehrer, der seiner
Frau in den Moselort gefolgt
war, seine handwerklichen Träu-
me, die er in den Kriegswirren
nie vergessen und mit denen er
sich „wo sich die Gelegenheit
bot“ auseinander gesetzt hatte.
Seine elektronischen und elek-
trotechnischen Kenntnisse, die
er während seiner Zeit bei der
Luftwaffe vertiefen konn-
te, wies er zunächst in der
Gesellen- und kurz darauf
in der Meisterprüfung
nach. „Es war ein stolzes
Gefühl, die Krone des
Handwerks zu tragen und
die Kenntnisse offiziell
bescheinigt zu bekom-
men“, erinnert er sich.
Er eröffnete eine Werk-
statt, baute und reparierte
Radios undVerstärker und
war im Meisterprüfungsaus-
schuss der HwK Koblenz aktiv.
Zusätzlich übernahm er die
WerksvertretungvonSABARa-
dio im Koblenzer Raum. In die-
ser Zeit kam ein Auftrag vom
„Amt Blank“, dem späteren
Verteidigungsministerium, zur
Entwicklung von Funkgeräten.
Eberhard Skibbe war Mann der
Stunde. Als Kriegsoffizier, Hand-
werksmeister undTechnikermit
Leib und Seele war er d e r
geforderte Verbindungsmann.
Die Bundeswehr wurde seine be-
rufliche Heimat. Seine berufli-
che Erfüllung fand er im Fern-
meldeingenieurstab der Luft-
waffe und war zuletzt Oberst
im Generalstabsdienst. Seine
Verbindungen reichten bis nach
Amerika, „sehr oft ins Penta-
gon“, wo er für seine Fachkom-
petenz mit einem herausragen-
den Orden der amerikanischen
Luftwaffe ausgezeichnet wurde.
Viele Wege führen
zum Ziel
Skibbe sieht sich selbst als Bei-
spiel dafür, dass auch Umwege
zum Ziel führen können, wenn
man beharrlich an seinen Idea-
len festhält. „Heute stehen jun-
gen Menschen viele Wege of-
fen. Sie dürfen nicht warten, bis
man ihnen Angebote auf einem
Silbertablett anbietet. Eine so-
lide Ausbildung ist die Basis
für einen beruflichen Einstieg.
Weiterbildung ist notwendig,
um dabei zu bleiben, sich zu
behaupten.Was hätte ich inmei-
ner Jugend dafür gegeben!“
„Ich finde es toll, jetzt zu arbei-
ten und zu leben“, sagt Skibbe.
Und er sagt es nachdenklich,
aber auch bestimmt. Noch im-
mer, wenn es die Gesundheit
zulässt, bastelt er in seiner Werk-
statt, die er sich auch in seinem
neuen Haus im Moselort, in
dem er mit seiner zweiten Frau
Gretel lebt, eingerichtet hat.
Seine handwerklichen Fähigkeiten haben Eber-
hard Skibbe weit gebracht. Sein Berufsleben
endete als Oberst im Generalstabsdienst.
Fliesenleger
auf Meisterkurs
„Wir möchten uns mit dem Meisterbrief
von der Masse der vielen ungelernten
Fliesenleger abheben und sind stolz, für
diesen Titel die Schulbank zu drücken“, so
Vorgestellt
Aus der Masse herausragen
Sascha Blümling aus Mayen. Der 28-Jährige besucht derzeit bei
der Handwerkskammer Koblenz einen Meisterkurs im Fliesen-,
Platten- und Mosaiklegerhandwerk. „Das im Meisterkurs
vermittelte Fachwissen kann uns keiner nehmen. Eine
Meisterleistung steht für Wertarbeit und ist immer ein
Qualitätssiegel. Ich wünsche mir, dass die Kunden das ebenso
sehen und bewerten“, betont er. Er und seine vier Meisterkolle-
gen in spe nutzen die sechs Monate, um sich in Vollzeit auf ihre
Meisterprüfung in Fachpraxis und Fachtheorie vorzubereiten.
„Wir machen es, weil wir es wollen, nicht, weil wir es müssen“,
so das Fazit der Teilnehmer.
Sebastian Brittner aus Niederfell hat erst im Herbst 2006 eine
große Herausforderung erfolgreich bestanden. Beim Praktischen
Leistungswettbewerb der Handwerksgesellen auf Bundesebene
belegte er den dritten Platz. „Mein dafür erhaltenes Stipendium
habe ich in den Meisterkurs investiert. Ich denke, das war eine
gute Entscheidung“, sagt der 21-Jährige. Als junger Meister
möchte er in seinem Ausbildungsbetrieb, der Firma Paulus in
Kasel bei Trier, noch praktische Erfahrungen sammeln, bevor er
sich selbstständig machen will.
Im praktischen Fachkurs üben die Teilnehmer unter anderem
bestimmte Schneidetechniken mit dem Glasschneider, das
Konstruieren geometrischer Formen mit dem Stangenzirkel und
sie entwerfen und gestalten ein Logo für eine Eisdiele nach
Kundenwunsch. Dabei sind Kreativität und Phantasie
gleichermaßen gefragt.
Bereits seit 2004, nach Novellierung der Handwerksordnung,
können junge Fliesen-, Platten- und Mosaikleger unmittelbar
nach Abschluss der Gesellenprüfung zur Meisterprüfung zu-
gelassen werden. Der notwendige Nachweis einer praktischen
Gesellenzeit als Zu-
gangsvoraussetzung
zur Meisterprü-
fung entfällt. Die
angehenden Meis-
ter sind dadurch
immer jünger und
verfügen somit auch
über immer weniger
praktische Gesellenerfah-
rung. Die HwK Koblenz hat
sofort auf die neue Situation
reagiert. So wurde der
anteilige praktische
Unterricht deutlich
aufgewertet, sodass die
künftigen Jungmeister
optimal vorbereitet sind.
Mit Sebastian Brittner macht sich
einer von Deutschlands besten Flie-
senlegern aktuell
bei der HwK
Koblenz für den
Meisterbrief fit.
Sascha Blümling
aus Mayen: „Wol-
len uns mit Mei-
sterbrief abset-
zen!“
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