Handwerk im Herbst vom 30. Oktober 1999 - page 8

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Die Neufassung der Regelungen zu den 630-
Mark-Jobs gehörte zu den ersten Gesetzesin-
itiativen der neuen Bundesregierung im Früh-
jahr 1999. Genauso früh warnten Stimmen aus
der Wirtschaft vor den zu erwartenden nega-
tiven Auswirkungen in kleinen und mittleren
Betrieben. Die Ergebnisse einer Befragung der
Handwerkskammer Koblenz im Rahmen des
Konjunkturberichtes untermauern die vorge-
brachten Bedenken. Im Interview äußert sich
HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag, der so-
wohl als Bundestagsabgeordneter wie auch als
selbständiger Handwerksunternehmer die Ent-
wicklung aufmerksam verfolgt.
Welche Auswirkungen zeigt die Neurege-
lung des 630-Mark-Gesetzes im Handwerk?
Scherhag: Die Gesetzesänderung betrifft etwa
80 Prozent der Handwerksbetriebe, die vor
dem 1. April geringfügige Arbeitskräfte be-
schäftigten. Gut zwei Drittel dieser Betriebe
mussten seither Kündigungen hinnehmen. Die
Argumentation ist immer dieselbe: Für denAr-
beitnehmer lohnt sich der Job nach den Ab-
zügen nicht mehr. Jedes zweite Unternehmen
sieht für sich direkte Nachteile durch die ge-
setzliche Neuregelung.
Konnte das Handwerk neue Teil- undVollzeit-
stellen schaffen?
Scherhag: Das ursprüngliche Ziel der Geset-
zesänderung, festeArbeitsplätze neu zu schaf-
fen, wird von den Ergebnissen unserer Befra-
gung nicht bestätigt. Nur etwa jedes zwölfte
Unternehmen gibt an, dass es seit Inkrafttreten
HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag
(MdB) zu den belastenden Auswirkungen
des 630-Mark-Gesetzes
9-8-7-6...
Karikatur: Haitzinger
neue Teil- undVollzeitarbeitsplätze eingerich-
tet habe. Der Grund liegt vor allem in den
hohen Kosten, die eine Umwandlung der 630-
Mark-Jobs verursacht.
Wer macht jetzt die Arbeit, wenn geringfügig
Beschäftigte kündigen?
Scherhag: Die personelle Lücke wird überwie-
gend durch Überstunden der übrigen Mitar-
beiter, mehr noch durch den Inhaber selbst ge-
schlossen. Dadurch entstehen den Handwerks-
betrieben entweder höhere Personalkosten
oder - da einige Branchen überhaupt Schwie-
rigkeiten haben,
qualifiziertes
Personal zu finden - die Betriebsinhaber sind
gezwungen, die entstehende Mehrbelastung
selbst zu tragen. Weiterer Nachteil: ein erhöh-
ter Organisationsaufwand und damit verbun-
den eingeschränkte Flexibilität. Die Mehrko-
sten gehen einseitig zu Lasten des Unter-
nehmensertrages – vor allem bedingt durch
die kurzfristige Einführung der Neuregelung
und den herrschenden Wettbewerbsdruck.
Welche Forderung leitet das Handwerk aus
den Befragungsergebnissen ab?
Scherhag: Ähnlich wie bei der Problematik
zum Thema “Scheinselbständigkeit” for-
dern wir die Bundesregierung auf, not-
wendige Differenzierungen in
der Beurteilung und Rege-
lung von 630-Mark-Jobs
durchzuführen. Nehmen
wir das Gebäu-
dereiniger-Hand-
w e r k ,
das von
d e m
Gesetz
beson-
d e r s
hart ge-
troffen
wurde:
Es gibt
T ä t i g -
keiten,
die in
e i n e m
kurzen
Zeitab-
schnitt
an ver-
schiedenen Orten gleichzeitig und damit von
einer Vielzahl von Mitarbeitern auf Stunden-
basis ausgeführt werden müssen. Dafür muss
dieArbeitsgesetzgebung Raum lassen. Im üb-
rigen wünsche ich mir, dass warnende Stim-
men aus der Wirtschaft bereits in der Vorbe-
reitung von Gesetzesinitiativen stärker einbe-
zogen werden. Eine gewissermaßen „experi-
mentelle Politik“, die von vornherein auf
Nachbesserung angelegt ist, schwächt den
Wirtschaftsstandort Deutschland.
Problemfall: Wir helfen!
Zum Beratungsservice der HwK zählt
auch die Information zu Gesetzesnovel-
lierungen, durch die Handwerksunter-
nehmen betroffen sind. Informationen
zur Problematik der 630-Mark-Jobs gibt
die HwK-Betriebsberatung, Tel.: 0261/
398-241, Fax: -994
Immer noch lösbar:
Die Computerumstellung in der Silvester-
nacht 2000 - kurz dasY2K-Problem -
lässt sich auch jetzt noch lösen. Die Ver-
lagsanstalt Handwerk Düsseldorf hat spe-
ziell für Handwerksunternehmen einen
Leitfaden entwickelt. Tel.: 0211/39098-0.
Der direkte Draht: Beratungsservice der HwK
Ob Lehrstelle oder Existenzgründung, ob Stellensuche oder Stellengesuch, ob Patentanmeldung
oder Betriebsübernahme, ob Möbelexport nach Japan, Messe in Frankreich oder die Frage, ob im
alten Ofen Asbest verbaut wurde - so vielfältig die Fragen, so umfangreich stellt sich der Bera-
tungsservice der HwK Koblenz dar. Experten informieren über „den direkten Draht“:
Betriebswirtschaft
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Volkswirtschaft
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Johann Dausenau: 0261/398-243
Umwelt, Arbeitssicherheit
Kerstin Reek-Berghäuser: 0261/398-651
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Rolf Müller: 0261/398-571
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Frank Sprenger: 06785/9731-760
Gestaltung im Handwerk
Andrea Petry: 0261/398-279
Arbeits- und Unternehmensrecht
Manfred Rube: 0261/398-201
Handwerksrecht, Handwerksrolle
Rudi Höfer: 0261/398-261
Kammerbeitrag
Marion Schoop: 0261/398-218
Schlichtung, Wettbewerbsrecht, Schwarzarbeit
Dieter Ehrmann: 0261/398-202
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Walter Schmitz: 02635/9546-0
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Pädagogische Anlaufstelle
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1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12,13,14
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