Handwerk im Herbst vom 30. Oktober 1999 - page 2

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Ein Waldspaziergang mit waschechten „Holzwür-
mern“: Forstdirektor Günther Delvaux, die Tisch-
lermeister Albert Rothbächer und Norbert Moitz
Riesen mit Chinesenbärten. Selbst wenn es sich so anhören mag: Es geht nicht um ein
Märchen, sondern um Prosaischeres, um ein Gespräch unter waschechten “Holzwürmern”.
Die sind alle drei Gesprächspartner, die sich an diesem Nachmittag zum Fachsimpeln im
Wald verabredet haben, Forstdirektor Günther Delvaux, Leiter des Forstamtes Brodenbach,
Albert Rothbächer, Obermeister der Schreiner-Innung Koblenz und Norbert Moitz., Vor-
sitzender des Landesinnungsverbandes Holz und Kunststoff Rheinland-Pfalz “Holzwür-
mer”, die die Liebe zu dem Material, für das und mit dem sie arbeiten, seit langem eint.
Gleich im Bus, in dem Delvaux seine Gäste zu besonders interessanten Holzstellen seines
Reviers führt, entspinnen sich anregende Gespräche unter dem fachmännischen Trio, Ge-
spräche über Holzpreise und -qualitäten, die jüngsten Holz-Submissionen, die Versteige-
rungen. Anders als viele Kollegen kaufen Moitz und Rothbächer ihr Material zumindest
teilweise immer noch direkt imWald, eben bei Submissionen oder beim Freihandverkauf
beim Förster, “und das schon lange, bevor man sich aufgrund des gewachsenen Umwelt-
bewusstseins von den exotischen Hölzern ab- und den heimischen zugewandt hat,” betont
Moitz.
Auch für den Fachmann bleibt der Einkauf im Wald spannend; nicht immer lässt sich die
Qualität des Holzes am Stamm hundertprozentig sicher erkennen. Gutes Holz braucht vor
allem Weile; bei den Eichen, die Günther Delvaux den Tischlern als erstes zeigt, wird es
noch mehr als 150, 160 Jahre dauern, bis sie “erntereif” sind. “Holz ist eine Sache von und
für Generationen,” erklärt der Förster, zeigt, zwecks Bekräftigung, auf eine Baumscheibe
in seinem Kofferraum, die von einer Eiche stammt, die 250 Jahre zählte, als sie geschlagen
wurde.
Nicht die Qualität alleine bestimmt den Preis eines Holzes, sondern auch die jeweilige
Mode. “In” sind beispielsweise seit einigen Jahren die prächtigen Buchen, bei denen wir
jetzt Halt gemacht haben und unter denen sich in der letzten Nacht eine ganze Rotte von
Wildschweinen die eigens für sie ausgelegten Pflaumen offensichtlich gut schmecken ließ.
“Für Buchenholz kriegen wir heute 250, 300 Mark pro Festmeter, ein Preis, den wir uns
vor Jahren nicht erträumt haben,” erläutert Delvaux. Selbst die Chinesen kauften inzwi-
schen in Europa Buche ein, auch deshalb, weil hier mit dem Rohstoff Holz mittlerweile
recht behutsam umgegangen werde. Selten gebe es Kahlschläge, stattdessen strebe man
eine natürlichen Verhältnissen entsprechende Verjüngung an, forste regelmäßig auf.
„Sind das nicht prachtvolle Chinesenbärte!” ruft Moitz plötzlich und
zeigt auf einige Buchenstämme. Der Laie schaut verblüfft - und wird
belehrt, dass “Chinesenbärte” die Spuren sind, die an den Ästen ab-
laufendes Wasser in die Baumrinde zeichnete. Kein alter Bart ist es,
dass gerade sie dem Fachmann anzeigen, ob er von einem Stamm stark
verastetes Holz zu erwarten hat oder nicht.
“Holz hat immer seinen eigenen Charakter, lässt nicht alles mit sich
machen,” kommentiert Rothbächer, während wir zur nächsten Station
fahren. “Wer mit ihm arbeiten will, muss darauf eingehen, muss viel
Gespür für diesen Charakter haben.” Vielleicht könne man sich ja des-
halb, wirft Moitz ein, in einen Baum genauso verlieben wie in eine
Frau. Bestens geeignet wären dafür die gewaltigen Prachtexemplare
von Douglasien, die Günther Delvaux mit berechtigtem Stolz im feucht-
idyllischenAspelbachtal zeigt, selbst wenn sie alsWeichholz für hoch-
wertige Möbelstücke oder qualitätvollen Innenausbau kaum in Frage
kommen. Oder die blaugrün schimmernden, schon im zarten Alter
von fünfzehn Jahren eindrucksvollen Mammutbäume, die der Forst-
mann, wie er zugibt, eher aus Liebe zu einem der größten pflanzlichen
Lebewesen, das seinem botanischen Namen “Sequoia gigantea” alle
Ehre macht, gepflanzt hat als aus forstwirtschaftlichen, ökonomischen
Erwägungen heraus. “Einmal im Leben wollte ich einfach diese Bäu-
me pflanzen!”
Gingen für das Magazin „Handwerk im Herbst“ auf
gemeinsame Tour durch die heimischenWäler: Tisch-
lermeister Norbert Moitz, Obermeister Albert
Rothbächer und Forstdirektor Günther Delvaux (v.l.).
HwK-Meistervorbereitungskurse für Tischler
Die Meisterakademie der Handwerkskammer Ko-
blenz bietet im Tischlerhandwerk im Jahr 2000
zwei Meistervorbereitungskurse, beide finden in
Koblenz statt. Am 28. Januar beginnt ein Teilzeit-
kurs, im November ein Vollzeitkurs.
Infos und Anmeldung:
HwK-Meisterakademie
(Tel.: 0261/398-400), Fax: -990, e-mail:
Der „schnel-
le“ Meister-
Tipp: Am 28.
Januar 2000
startet eine
Meistervor-
bereitung für
Tischler
Betriebsberatung hilft bei der Betriebsgründung
Einen Fehlstart können sie sich nicht leisten: Junge
Existenzgründer auf dem Weg in die Selbständig-
keit. Voraussetzung für die Gründung eines
Handwerksunternehmens ist der Meisterbrief - und
nicht nur mit Meistervorbereitungskursen hilft die
HwK Koblenz bei der Verwirklichung des Traumes
vom eigenen Unternehmen.
Auch dann, wenn es um die ersten Schritte zum
und im eigenen Betrieb geht, bietet die
HwK-
Betriebsberatung
ihr umfangreiches Know-How.
HwK-Betriebsberatung
, Tel.: 0261/398-251, Fax: -
994, e-mail:
Der Geld-Tip
für angehende
Unternehmer
im Handwerk:
Umfangreiche
Fördermöglich-
keiten abfra-
gen! Und:
Auch bei
Bankver-
handlungen
helfen die
HwK-Berater.
Sind Sie ein Sommertyp oder
doch eher ein Herbsttyp? Sie wis-
sen es nicht? Mögen Sie eher die
gebrochenen Farben in dieser
Jahreszeit, das raschelnde Laub
unter Ihren
Schritten,
die Natur,
die sich
nicht nur in
den Tönen der Musik umsetzt?
Ocker, Rostfarbenes, ein warmes
Braun, Grün in vielen Facetten,
ein Blau, das Licht gerne auf-
nimmt. Mögen Sie es auch, wenn
der erste Rauhreif morgens auf
den Feldern liegt und der Nebel
von den Flüssen aufsteigt. Nichts
gegen strahlendes Gelb, kräftiges
Rot oder leuchtendes Blau im
Sommer. Nichts dagegen, wenn
die Sonne, ein Eis und vielesmehr
auf die Straße locken. Alles zu
seiner Zeit.
Ich mag, wenn der Herbst in un-
seren Landschaften Einzug hält,
die Blätter an den Weinhängen
und in den Bäumen färbt, jeden
Tag ganz neue Farbtöne entste-
hen, bis der Wind und der Regen
sie forttragen. Ich mag die Zeit,
auch wenn es morgens schon ein-
mal ein paar Minusgrade gibt.
Ich mag es, noch einmal in der
sinkenden Sonne in Straßencafés
zu sitzen und mich zu wärmen
an ihren letzten Strahlen, die gol-
den den Nachmittag einfärben.
Ich mag diese Melancholie des
Augenblicks, bevor es kalt und
grau wird.
Mögen Sie es auch, wenn in den
Mosel- oder Rheinorten gekeltert
wird, es nachMost riecht und der
Zwiebelkuchen zum Federwei-
ßen in der Nase duftet, wenn ein
schöner Braten auf dem Teller
lacht (auf die Soße kommt es an!)
und vom Riesling zum Burgun-
der gewechselt wird? Ich mag es,
wenn unsereWälder, unsere Fel-
der ihre Schätze hergeben und
dienstbare Geister sie für uns auf-
tischen und besorgen. Nicht täg-
lich, nicht immer, aber doch ge-
legentlich. Abwechslung im All-
tag. Unsere Flüsse, unsere Ber-
ge, aber auch unsere Städte bie-
ten einiges, weshalb es schön ist,
hier zu leben. Ich mag es, wenn
die Natur und die Menschen in-
einander spielen. Es ist mehr, als
eszunächstbeimflüchtigen Hinse-
hen scheint. Es ist mehr, dank
Handwerk.
Denken Sie
auch an hei-
m i s c h e s
Holz und
die
Tischlereien
und
Zimmererbetriebe, denken Sie
an Natursteine im Rheinischen
Schiefergebirge und Steinmetze,
denken Sie an Büchsenmacher,
Metallgestalter, Keramiker,
Edelsteinschleifer oder an Bau-
stoffe wie Bims und Ton. Erlau-
ben Sie mir, diesmal vorrangig
nicht von High Tech und virtual
reality zu sprechen. Handwerk
hat dies zu allen Jahreszeiten.
Aber noch einmal, sind Sie ein
Sommertyp oder doch eher ein
Herbsttyp? Wenn Sie es noch
nicht wissen, fragen Sie Ihren
Friseur, die Kosmetikerin, den
Schneider, den Kürschner.
„Handwerk imHerbst“ heißt un-
ser neues Magazin, daran dachte
ich und ließ mich vom Titel ein
wenig treiben und forttragen, an-
gesteckt vom goldenen Oktober
anno 99.
Viel Spaß bei der Lektüre von
„Handwerk im Herbst”. Dieses
kleineMagazin ist, wie schon frü-
her erwähnt, die hübsche und jün-
gere Schwester von Handwerk
special. Übrigens, auch die Aus-
gaben im Jahr 2000 dieses Maga-
zins, das zwischen den Zwei-
monatsausgaben von Handwerk
special und mit den Namen der
Jahreszeiten erscheinen soll, lie-
gen fest. Sie, verehrte Leser, woll-
ten es so, die inserierende Wirt-
schaft ebenso, undwir auch. Dan-
ke.
Karl-JürgenWilbert
Karl-JürgenWilbert ist
Hauptgeschäftsführer der
Handwerkskammer Koblenz
und bekennender Pfeifenrau-
cher - „in ausgesuchten Au-
genblicken“. Um „ausgesuch-
te“, handgefertigte Pfeifen
geht es auf Seite 6.
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