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Nr. 152
3. September 2011
Auf dem Premiumwanderweg von Rengsdorf nach Waldbreitbach
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Nr. 152
3. September 2011
Handwerk am
Klosterweg
Gemäß der Redensart: „Aller guten Dinge sind
Drei“ geht Handwerk Special erneut auf Wan-
derschaft und stellt Handwerker vor, die am
Rande eines Wanderweges leben und arbeiten.
Betriebe öffnen ihre Türen – Impressionen einer Wanderung
Nach Impressionen entlang des
Booser Doppelmaars, einemder
Traumpfade in der Eifel, und des
Eifel-Schiefer-Radwegs, haben
wir diesmal Eindrücke aus dem
Handwerk am Klosterweg im
Westerwald eingefangen.
Der Klosterweg wurde im Mai
2009 eröffnet und gehört zu
den vom Deutschen Wander-
institut mit dem Qualitätssiegel
„Premiumwanderweg“ ausge-
zeichneten Wanderwegen. Als
Verbindung vom RheinSteig
in Rengsdorf zum Westerwald-
Steig in Waldbreitbach bietet er
auf17Kilometernwunderschöne
Ausblicke, vor allem aber viel
Steckbrief: Susanne Hardt, Niederbreitbach
Gegr. 1991 | 1 Meisterin | Grabmalgestaltung | Tel.: 02638/
6237 |
Steckbrief: Kfz Marcel Stühn, Waldbreitbach
Übernahme 2011 | 4 Mitarbeiter (1 Lehrling) | Reparaturen aller
Marken | Tel.: 02638/ 815120
Gründer war Neffe von Mutter Rosa
„Mein Urgroßvater war der
Neffe von Mutter Rosa. Somit
haben wir einen direkten Be-
zug zum Klosterweg“, erzählt
Tischlermeisterin Anita Hert-
ling aus Waldbreitbach.
Johann Hertling hat die Tisch-
lerei vor 125 Jahrengegründet.
Man erzählt, dass Mutter Rosa
ihnfürdasHandwerkbegeistert
hat. Diese Begeisterung für die
Arbeit mit Holz wurde über
Generationen weitergegeben.
Anita, die heutige Inhaberin,
führtdieSchreinerei„Gebrüder
Hertling“ in der 4. Generation.
„Wir sind nicht spezialisiert
und machen alles möglich“,
erklärt sie ihr Erfolgsrezept.
„Tischler sind Handwerker
für Individualisten, heute
stärker als früher. Wer in
Möbelhäusern nicht fündig
wird, kommt zu uns“, weiß die
47-Jährige. Türenmit Intarsien
und Schnitzereien, Handmade
by Hertling, verlassen die
Waldbreitbacher Werkstatt
ebenso, wie dreigeschossige
gewendelte Treppen.
Wie die Generationen vor ihr
legt Anita Hertling großen
Wert auf die Lehrlingsaus-
bildung. „Ausbildung heißt
Fachkräftesicherung“, betont
sie. Aus ihrem Mund klingt
dies keinesfalls phrasenhaft.
DennderAlltagbelegtdasauch
ehrenamtliche Engagement.
Ihr erst kürzlich verstorbener
Vater,25JahreObermeisterder
Tischlerinnung Neuwied und
Mitglied im Meisterprüfungs-
ausschuss für sein Handwerk,
hat auch hier Maßstäbe gesetzt
und seine Wertvorstellungen
weiter gegeben.
Steckbrief: Gebrüder Hertling, Waldbreitbach
Gegr. 1886 | 5Mitarb. (2Meister, 2Lehrl.) | Bau- undMöbelwerkstatt,
Bestattungen | Tel.: 02638/ 316 |
In Stein geschriebene Ewigkeit
Wer sich die Zeit nimmt und in
den Klosterweg den Friedhof
in Niederbreitbach einbezieht,
findetdorteineAnzahlanhand-
werklichen Grabmalen aus der
Werkstatt von Susanne Hardt.
Die 42-jährige Steinmetzmei-
sterin und Bildhauerin hat
sich 1991 in Niederbreitbach
selbstständig gemacht. Die
Gestaltung von Grabmalen ist
Schwerpunkt ihrer Arbeit.
Dieberuflichbedingteständige
Auseinandersetzung mit dem
Tod hat sie in ihrem Glauben
gestärkt. So sieht Susanne
Hardt ihre persönlicheVerbin-
dung zumKlosterweg, zu dem
Weg, der zu den Waldbreitba-
cher Franziskanerinnen führt.
Die Erinnerung an die Grün-
derin der Ordensgemeinschaft
Mutter Rosa lebt, wie viele
Stelen und Hinweisschilder
belegen. „Die Erinnerung
ist das einzige Paradies aus
dem wir nicht vertrieben wer-
den können“, sagt Susanne
Hardt. Deshalb hält sie wenig
von anonymen Bestattungen.
„Auch ein Urnengrab kann
individuell gestaltet und Ort
für die Trauer sein.“ Die mit
dem Johanna-Loewenherz-
Preis ausgezeichneteMeisterin
verweist darauf, dass sie auch
oft als Trauerbegleiterin fun-
giert. „Das Gespräch mit den
Hinterbliebenenistmehralsdie
Bestellung des Grabsteins.“
Die Restauratorin im Stein-
metzhandwerk ist vom Natur-
stein fasziniert. „Sein Geruch
und das Gefühl, wenn man ihn
berührt, ist unbeschreiblich“,
schwärmt sie. Druckluftham-
mer, Meißel und Winkel-
schleifer sind dann ihre ganz
realen Werkzeuge, die mit
Romantik wenig zu tun haben.
Die entstandenen Werke aber
sprechen für sich!
Die Flotte fest im Griff
Hochbetrieb herrscht in der
WerkstattvonKfz-Mechaniker
Marcel Stühn am Fuße des
Franziskanerinnen-Klosters in
Waldbreitbach. Hier repariert
der 30-Jährige mit seinem
vierköpfigem Team alle Auto-
marken und hat die Flotte voll
im Griff. Schwerpunkt bilden
Audi und VW.
„Ich habe neun Jahre in der
Kfz-Werkstatt der Franziska-
nerinnen gearbeitet. Im April
diesen Jahres erfolgte aus
Altersgründen die Übergabe
an mich“, erzählt er.
„Durch die zahlreichen Tou-
risten imOrt und die Besucher
des Klosters gibt es für uns viel
zu tun. Deshalb sehe ich den
Start in die Selbstständigkeit
als Chance“, so Stühn. Den
Ausbildereignungsschein und
somit Teil IV der Meister-
prüfung hat er bei der HwK
Koblenz erworben und bildet
bereits aus.Auchden fachtheo
retischen und fachpraktischen
Teil der Meisterprüfung hat er
fest imVisier. Bisher ist er über
eine Ausnahmebewilligung
selbstständig. Das möchte er
schnellstmöglich ändern.
Steckbrief: Schäfer & Söhne GmbH, Ehlscheid
Gegr.1958 | 8Mitarb.(3Meister,1Lehrl.) | Fassaden-u.Raumgestaltung
| Filiale in NR | Tel.: 02634/ 1882 |
Steckbrief: Bäckerei Reuschenbach, Kurtscheid
1984 erworben | 4 Mitarbeiter (1 Meister) | Backesbrot, Aktionen mit
Kindergärten und Schulen | Tel.: 02634/ 8237 | Fax: 8201
Steckbrief: Fleischerei Imhäuser, Rengsdorf
Seit 1929 in Familienbesitz | 3 Mitarbeiter (1 Meister) | Speziali-
täten, Partyservice mit Riesenpfannen | Tel.: 02634/ 2261
Spezialität aus dem Rengsdorfer Land
Hüttenspeck ist eine Spezi-
alität aus dem Rengsdorfer
Land, die vonFleischermeister
Hans Imhäuser aus Rengsdorf
hergestellt wird „Der ma-
gere Schweinebauch wird mit
grob gemahlenen Kräutern
gewürzt und zwei Tage über
Buchenholz geräuchert“, er-
klärt Imhäuser. Er ist seit 1970
Chef im Betrieb und die dritte
Generation. Hausgemachte
Suppen und Salate, täglich
frische Fleischwurst, Steaks
und weitere pikante Speisen
bietetdiewarm-kalteThekedes
Fleischermeisters und seiner
Frau Annemarie.
Sein ganz besonderer Par-
tyservice hat sich über die
Familienname Schäfer steht für Qualität
„Unser Nachname steht für
Qualität“, ist Maler- und
Lackierermeister Reinhold
Schäfer aus Ehlscheid über-
zeugt. Der 82-Jährige hat das
Familienunternehmen 1958
gegründet.Inzwischenleiten
seine Söhne Ottmar und
Herbert den Betrieb mit
acht Mitarbeitern.
Enkel Timo war 2007 der
beste Jungmeister in seinem
Handwerk im Bezirk der
Handwerkskammer Koblenz.
Er arbeitet im Familienbetrieb
„ReinholdSchäfer&Söhne“an
der Seite von Onkel und Vater
und kümmert sich intensiv
um die Lehrlingsausbildung.
Darüber hinaus hat er sich auf
Wärmedämmung an Wänden
spezialisiert. „Wärmedäm-
mung soll den Durchgang
von Wärmeenergie möglichst
weit reduzieren und so Ener
giekosten sparen“, erklärt
er. Alle „Schäfer“ setzen
auf stetige Weiterbildung in
Sachen Raum- und Fassaden-
gestaltung, um immer auf dem
Laufenden zu bleiben. Schon
Senior Reinhold hat in die
Weiterbildunginvestiert.Seine
Devise: „Wer nicht vorangeht,
bleibt zurück“, hat er an seine
Nachfolger weiter gegeben.
Die überwiegend privaten
und gewerblichen Kunden
wissen die Qualitätsarbeit zu
schätzen, was Folgeaufträge
bestätigen.
Wer bei einem Zwischenstopp
im Ehlscheider Kneippbecken
direkt am Klosterweg die
schöne Umgebung genießt,
denkt wohl kaum darüber
nach. Fakt ist aber, dass Maler
und Lackierer mit ihrer Arbeit
unsereUmwelt sachverständig
verschönern und schützen!
Immer donnerstags ist Backestag
Immerdonnerstagsgibtesin
derBäckereiReuschenbach
in Kurtscheid Backesbrot.
Das ist für die Kunden ein be-
sonderer Tag, dennKrume und
KrustedesBrotessindeinaußer
gewöhnliches Geschmacks
erlebnis. Für Bäckermeister
AlbertReuschenbachbeginnen
die Backvorbereitungen für
seinenVerkaufsschlager schon
einen Tag vorher.
„Der Backes ist ein Holzback
ofen, in dem nach alter Tradi-
tiongebackenwird“, erklärt er.
Aus 1.400 Steinen hat sich der
stellvertretende Obermeister
der Bäcker-Innung Rhein-
Westerwald „seinen Backes“
mauern lassen. Den Backvor-
gangbeschreibterso:„40Kilo-
gramm Buchenholz werden in
circa zwei Stunden verbrannt.
Die entstandene Hitze verteilt
sichnachAuskehrenderAsche
binnensechsbissiebenStunden
in den beiden Backkammern.
Jetzt erfolgt das ‘Einschießen’
des Brotes. Neben Sauerteig
gehören Salz, Hefe, Mehl und
Wasser zu seinen Bestandtei-
len. Der Backprozess dauert
45 Minuten. 48 1-kg-Brote
werden pro Backvorgang
hergestellt.“ Wer donnerstags
den Klosterweg wandert,
kann sich von der Köstlich-
keit aus dem Backes stärken.
Aber auch an den anderen
Tagen lohnt der Weg in die
Bäckerei. Bei der letzten
der jährlich stattfindenden
Qualitätsprüfungen durch das
Institut für Qualitätssicherung
von Backwaren erreichte der
Bäckermeister für seineWaren
zehn Goldmedaillen.
Durch gezielte Nachwuchs-
werbung setzt sich der 56-Jäh-
rige für seinenBerufsstand ein.
Regelmäßig kommen Schüler
der Grundschule Rengsdorf
zum Backen vorbei. „Wenn
sie fertig sind, bin ich es auch.
Aber esmacht viel Spaß“, lacht
er. Er beteiligte sich 2010 auch
an der Aktion der Bäcker-In-
nung „Gesundes Frühstück“
in Kindergärten.
Ruhe. „Der Klo-
sterweg ... wan-
dern für die Seele“,
heißt es dann auch
im Wanderbuch
„Wanderparadies
Westerwald“.
Bei mittlerer Kon-
dition sind die bis
zu696Höhenmeter
vonRengsdorfüber
Ehlscheid, Kur-
tscheid, Niederbreitbach nach
Waldbreitbach in vier bis fünf
Stunden zu bewältigen. Und na-
türlich sind auch hier rechts und
links des Wegesrandes Hand-
werker zu Hause.
Grenzen von Rengsdorf hi-
naus herumgesprochen. Von
der Vorspeise bis zum Des-
sert, von Schweinemedaillons
mit Früchten bis zu Mousse
au Chocolat – Imhäuser er-
freut Auge und Gaumen. Auf
Wunsch brutzelt er in seinen
Riesenpfannen Räuberfleisch,
Chili con carne, Champignons,
Bratkartoffeln, Kräuterge-
schnetzeltes und vieles mehr.
Vielleicht spricht der 61-Jäh-
rige mit seinem Angebot auch
den Geschmacksnerv von
Wanderern an, wenn es bei
denen einmal heißt: Jetzt wird
gefeiert. „In Rengsdorf sind
zahlreiche Touristen, davon
profitiert der Ort und sicher
auch das Handwerk“, sagt er.
Annemarie
und Hans Im-
häuser punk-
ten mit
ihren
Fleisch-
und
Wurst
spe
zia
litä
ten.
Namhaft: Jungmeis
ter Timo und sein
Opa Seniorchef
Reinhold Schäfer.
Foto: P!ELmedia
Steinmetzmeisterin Susanne Hardt
Tischlermeisterin Anita Hertling
Jungunter
nehmer
Marcel
Stühn
Die Silhouette der Kirche am
Mutterhaus der Waldbreitbacher
Franziskanerinnen stand Pate
für das Klosterweg-Logo.
Unterwegs zwischen RheinSteig
und Westerwald-Steig
Bäckermeister Albert Reuschenbach