Handwerk Special Nr. 144 vom 3. November 2010 - page 5

liche Technik nicht nur den
neu geschaffenen Werkstücken
zugute kommt, sondern auch
das Material wertvoller Objekte
auf bestmögliche Art restauriert
wird. Was auf den Ambossen
in Hoppens Werkstatt Gestalt
annimmt,kannsichsehenlassen.
ErkombiniertinseinenObjekten
oft verschiedene Metalle, Edel-
stahl, Bronze, Aluminium, aber
auch Glas. Die Freude Hoppens
und seiner Mitarbeiter am
Entwerfen und Gestalten spürt
man an den Objekten, die seine
Werkhalle mit 2.700 m² Fläche
in Dattenberg bei Leubsdorf
verlassen. Zurzeit restauriert der
von der HwK Koblenz bestellte
und öffentlich vereidigte Sach-
verständige für dasMetallbauer-
handwerk den 450 kg schweren
Leuchter des Kölner Doms.
Blickfang Handwerk: Schmiedekunst ziert öffentliche Gebäude
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Nr. 144
3. November 2010
Fast wie im Märchen
Im Märchen vom Frosch-
könig lässt die Prinzessin
ihre goldene Kugel in
den Brunnen rollen. Jetzt
schwebt eine mit 12.700
Blatt 24-karätigem Blatt-
gold vergoldete Stahlku-
gel auf dem Weiher vor
dem Schloss in Benrath
bei Düsseldorf.
Geschaffen hat sie der Kunst-
schmiedemeister und Restau-
rator im Handwerk Sebastian
Hoppen aus Leubsdorf. Gern
erinnert er sich an den Tag, an
demdiegoldeneKugelmiteinem
Durchmesser von drei Metern
und einem Gesamtgewicht von
3,6 Tonnen auf einem fünf mal
fünf Meter großen Stahlgerüst
per Schwertransporter seine
Werkstatt verließ und später
verschifft wurde. „Das Gerüst
wurde auf den Grund des Sees
abgelassen, sodass der Eindruck
entsteht, die Kugel schwebe“,
sagt Hoppen. Bei der Kugel
handelt es sich um eine Auf-
tragsarbeit der Schlossstiftung
anlässlichderAusstellungseröff-
nung„ThePerfectAxis“ imBen-
rather Schloss zur Düsseldorfer
Quadriennale. Sie ist Plänen
James Lee Byars, einem 1999
verstorbenen Konzeptkünstler,
nachempfunden.
„Zwei Monate hat der Bau des
märchenhaften Kunstwerks ge-
dauert. Die Vergoldung wurde
mit dem Laser angelegt. Die
Kugel ist wetterfest und über-
dauert Epochen“, ist Hoppen
überzeugt.
Er sieht sich selbst als Kunst-
schmied,RestauratorundGestal-
ter ausLeidenschaft.Viele Ideen
entspringen der Fantasie, dem
Kunstsinn und dem handwerk-
lichenKönnendesObermeisters
der Metallbauerinnung Rhein-
Lahn-Westerwald. Gestalten
an Esse und Amboss ist eine
Freiheit, die den 56-Jährigen
auszeichnet. Arbeiten im öf-
fentlichen und sakralen Bereich
tragen seine Handschrift. Dazu
gehörenTreppengeländer,Brun-
nen, Kirchenportale und Altäre.
Zu seinen größten Herausfor-
derungen zählt Hoppen das 800
Jahre alteHochkreuz desKölner
Doms, das in 80 Meter Höhe
aufgearbeitet wurde. Oft sind
Goldene Kugel schwebt über dem Schlossweiher von Benrath
Steckbrief:KunstschmiedeHoppen,Dattenberg
Gegr. 1946 | 10 Mitarb., (1 Meister 2 Lehrl.) | Sachverständiger,
Restaurierung,Metallarbeiten | Tel.: 0178/ 5596140 |
es Vorlagen mittelalterlicher
Meister, die Hoppen dann aus
Eisen, Kupfer und Schmiede-
bronze Form annehmen lässt.
Das „goldene Segelschiff“ der
Linzer Burg – es ist aus Kupfer
getrieben, vergoldet und 1,70
Meter hoch, gehört ebenso zu
seinen Arbeiten wie das fast
sechsMeterbreiteundvierMeter
hohemessinggeschmiedeteTor,
das das Karmeliterinnenkloster
in Würzburg ziert.
Schmieden wie
die alten Meister
„Strecken, stauchen, lochen,
kehlen, vergolden oder ver-
silbern, wir orientieren uns an
den traditionellen, überlieferten
Verfahren“, erzählt Hoppen. Er
betont, dass die alte handwerk-
Kunstschmiedemeister Sebastian Hoppen arbei-
tete zwei Monate an der übergroßen, nun vergol-
deten Stahlkugel.
Jetzt ziert die Kugel
den See vor dem
Schloss Benrath
bei Düsseldorf.
Qualifikation
Gold- und Silberschmiede
Die bundesweit bisher sehr übersichtliche Gruppe geprüfter
Restauratoren im Gold- und Silberschmiedehandwerk – ganze
22 an der Zahl – hat Zuwachs bekommen. Sieben Kollegen aus
allen Ecken Deutschlands stammend stoßen nun zu dem aus-
gewählten Kreis dazu.
I
nfos
Die Bandbreite der im Zentrum für Restaurierung und Denkmal-
pflege derHwKKoblenz inHerrsteindurchgeführtenFortbildung
zeigt die während des praktischen Unterrichts angefertigte Grup-
penarbeit. Insgesamt 26Technikenhaben sie für dieMiniatur eines
gotischen Spitzbogenfensters eingesetzt. Neben verschiedenen
Oberflächen- und Ziertechniken wie der Feuervergoldung, das
Treiben und Ziselieren oder das Tauschieren, nutzten die Meister
auch unterschiedliche historische Verbindungstechniken.
Jahrgangsbeste ist Melanie
Karner aus Ahrensburg nahe
Hamburg, wo sie eine eige-
ne Goldschmiedewerkstatt
führt. Die frisch gebackene
Restauratorin im Gold- und
Silberschmiedehandwerk ist
fasziniert von historischem
SchmuckundGerät:„Diever-
wendteten Handwerkstech-
niken zu erkennen, diese im
historischen Zusammenhang
einordnen und fachgerecht
anwenden zu können, ist mir
ein wichtiges Anliegen.“
Der bundesweit einmalige Qualifizierungslehrgang vermittelt
Gold- und Silberschmiedemeistern das fachliche Wissen und die
Sensibilität, die bei der Restaurierung von profanen und sakralen
Gold- undSilberschmiedearbeitenbeherrschtwerdenmüssen, um
in diesemMarktsegment neue Potenziale erschließen zu können.
Viele Schäden rühren von mangelhafter Verarbeitungstechnik
oder schlechten Materialkenntnissen bereits durchgeführter
Reparaturen oder sogar manchmal auch der Hersteller her. Um
entsprechend adäquateRestaurierungskonzepte zu erstellen,muss
der Restaurator Kenntnisse über Arbeitsweisen, Techniken und
Materialverwendung der jeweiligen Epochen haben.
Der nächsteKurs „Restaurator imGold- undSilberschmiedehand-
werk“beginnt imnächsten Jahr am
30.Januar
. Interessiertehaben
dieMöglichkeit, sichüber ein16-stündigesEinführungsmodul am
19./20. November
ein Bild von der Qualifikation zu machen.
... im HwK-Zentrum für Restaurierung und
Denkmalpflege, Tel.: 06785/ 9731-761
Gruppenarbeit der ange-
henden Restauratoren.
Foto: privat
Foto:privat
Foto: privat
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