Auszeichnungen für Jubiläumsmeister und HwK-Präsident Wittlich
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Nr. 184
5. November 2014
www.handwerk-special.deUhren al
s Lebenselixier
„Ich habe Zeit und tüftle
gern. Meine Hände zittern
nicht, ich bin fit in Körper
und Seele. Uhren sind
mein Lebenselixier. Ich
muss einfach weiterma-
chen, selbst wenn es nur
noch Tage wären“, beant-
wortet Uhrmachermeister
Walter-Friedrich Schmidt
aus Andernach die Frage,
was ihn in seinem
Alter immer wieder
antreibt.
„Dem Glücklichen schlägt
keineStunde“, soder 84-Jäh-
rige. In diesen Tagen wur-
de der rüstige Senior im
Rahmen einer Feierstunde
bei der Handwerkskammer
(HwK) Koblenz mit dem
Diamantenen Meisterbrief
für 60 Jahre Meisterschaft
geehrt. Für ihn ist es bereits
der zweite Diamantene,
denn auch als Goldschmied
legte er vor über 60 Jahren seine
Meisterprüfung ab.
Erinnerungen an die
berühmten Kinzing-Uhren
Die Leidenschaft des diaman-
tenen Doppelmeisters gehört
den Uhren. Es reizt ihn „ihre
Seele“ zu ergründen. Er lässt
allerdings keinenZweifel daran,
dass er seinen Beruf gern 150
Jahre früher ausgeübt hätte.
„Damals waren Uhrmacher
noch wirkliche Macher, nicht
nur Ganzmacher wie heute.“
Schmidt hätte gern in Kinzings
Werkstatt, dem handwerklich
wie künstlerisch begnadeten
Uhrmacher aus Neuwied, gear-
beitet. „Seine Verzahnung mit
der Schreinerfamilie Roentgen
setzte völlig neue Maßstä-
be. Die aufwendig gestalteten
Walter-Friedrich Schmidt, Uhrmachermeister, 84 Jahre
Wanduhren und Stutzuhren der
ManufakturRoentgenetKinzing
áNeuwiedwaren inParis ebenso
begehrt wie am Zarenhof in St.
Petersburg“, so Schmidt. Ihm
selbst blieb nur der Trost, in der
Kinzingstraße geboren zu sein.
Die Aufarbeitung einer großen
Apollostanduhr, die einst für die
Zarin inRussland erstellt wurde,
1928 nach Neuwied zurückkam
und jetzt im Roentgen-Museum
steht, empfand der Vollblut-
handwerker als „große Heraus-
forderung und Freude zugleich.
Ich habe immer noch richtig
Herzklopfen, wenn ich eine
Kinzing-Uhr in der Hand habe,
von denen es schätzungsweise
weltweit nur noch 150 Stück
gibt. Die Arbeit erfüllt mich mit
Ehrfurcht vor der Leistung der
Neuwieder Uhrmacher im 18.
Jahrhundert.“
Eine ganz andere Geschichte
verbindet Schmidt ebenfalls mit
einer Uhr. „Mir wurde ein We-
cker gebracht, dessen Glas zer-
brochen, das Gehäuse zerbeult
und das Räderwerk verrostet
war. Die Auftraggeberin zog
diese Uhr im Herbst 1944, als
Koblenz schwere Luftangriffe
erlebte, als einziges Andenken
aus den Trümmern ihres Hauses
und bewahrte sie viele Jahre als
Vermächtnis auf. Mit einiger
Mühe gelang es, das Uhrwerk
wieder gangbar und die Uhr zur
Freude der Kundin zu neuem
Leben zu erwecken.“ Auch
an lustige Episoden erinnert
Der 84-jährige Walter-Friedrich Schmidt l(i)ebt Uhren, deren filigrane Mecha-
nik er mit ruhiger Hand und scharfem Blick täglich bearbeitet.
Werner Wittlich mit „Handwerkszeichen in Gold“ ausgezeichnet
Der Präsident des Zentralverbandes des deutschen Hand-
werks, Hans Peter Wollseifer, würdigte im Rahmen der Altmei-
sterfeier auch das ehrenamtliche Engagement von Kammer-
präsident Werner Wittlich und verlieh ihm für seine Verdienste
das Handwerkszeichen in Gold, die höchste Auszeichnung
des deutschen Handwerks.
„Werner Wittlich ist eine
Persönlichkeit, die nach vorn
denkt und viele innovative
Ideen entwickelt hat“, betonte
Wollseifer. Wittlich ist seit
1994 Mitglied des Vorstandes
derHwKKoblenzundseit2009
deren Präsident. Er war neun
Jahre Mitglied des Landtages
Rheinland-Pfalzundacht Jahre
MitglieddesDeutschenBundes-
tages. Seit Januar 2010 gehört er
dem Präsidium des ZDH an. Er
vertritt die Interessen des Hand-
werks von Rheinland-Pfalz und
dem Saarland auf Bundesebene
in Berlin. Handwerkliches, po-
litisches und gesellschaftliches
Ehrenamt war und ist Werner
Wittlich wichtig. Er lebt das
Ehrenamt und engagiert sich
mit viel Herzblut in unter-
schiedlichen politischen und
gesellschaftlichen Gremien.
Für Werner Wittlich ist die
Nähe zudenMenschenwichtig
und er fühlt sich als Handwer-
ker unter Handwerkern.
sich Schmidt. So hatte
er einer großen Standuhr
im Neuwieder Schloss
die gerissene Darmsaite
ersetzt und musste später
auf der Überweisung der
Rechnungssumme lesen:
„Fürst zu Wied einen
neuenDarmeingezogen“.
Langeweile ist für den
Handwerkssenior ein
Fremdwort. Nach Auf-
gabe seines Andernacher
Geschäfts vor 20 Jahren
hat er sich im Wohnhaus
eine kleine Werkstatt
eingerichtet. Hier arbeitet
er noch täglich zur Freude
von Stammkunden und – ge-
schätzt vonMuseen–alsExperte
für dasRestaurieren alterUhren.
Uhrwerke in Armband- bis
Turmuhren zählen zum
Schmidt´schen Repertoire.
Werner Wittlich (rechts)
und Ehefrau Angelika
freuen sich über die hohe
Auszeichnung, die aus
den Händen von ZDH-Prä-
sident Hans Peter Wollsei-
fer überreicht wurde.
Foto: P!ELmedia