Handwerk Special Nr. 161 vom 30. Juni 2012 - page 3

Der ehrenamtliche Einsatz Vieler belebt das Handwerk
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Nr. 161
30. Juni 2012
Ehrenamt ausgezeichnet
Wenn sich Erwin Pauly
an seine Werkbank setzt,
direkt hinter der Fenster-
reihe mit Blick in den
Garten, der Antrieb seiner
„Drehbank“ leise vor sich
hin surrt, stellt sich eine
Atmosphäre zwischen
Gemütlichkeit und Außer-
gewöhnlichem ein.
Sein Gesicht verschwindet dann
hintereinemVergrößerungsglas,
das aneinerKopfhalterungmon-
tiert ist. Der Anblick erinnert an
einen Chemiker oder Physiker,
der im Mikrokosmos der Wis-
senschaften unterwegs ist. Oder
Edelsteine graviert – wie Erwin
Pauly. International zählt der
Edelsteingraveurmeister zu den
Ausnahmehandwerkern seiner
Zunft und hat Kunden in aller
Welt. Königshäuser oder Prä-
sidenten haben bei ihm Unikate
bestellt, namhafte Künstler ha-
ben mit dem Handwerksmeister
aus Veitsrodt bei Idar-Oberstein
zusammengearbeitet. Doch das
ist nur eine Seite des handwerk-
Ehrennadeln und Dankurkunden für verdiente Ehrenamtsträger
Nachgefragt
Wie wir Zukunft gestalten
Die feierliche Eröffnung des „Zentrums
für Ernährung und Gesundheit“ verband
auf besondere Weise Aussichten und
Rückblicke: Die neue HwK-Einrichtung
gilt mit ihren Konzepten und Inhalten zu
den modernsten in Europa und ist Teil der
Zukunftsgestaltung in mehreren Hand-
werken. Mit der Verleihung von über 100
EhrennadelnundDankurkunden an ehren-
amtlich engagierte Handwerker ging die
Handwerkskammer amTagder Eröffnung
aber auch auf dieGestalter desHandwerks
ein, die sich in der Vergangenheit ein-
gebracht haben. HwK-Präsident Werner
Wittlich und seine Gedanken zu Gestern,
Heute und Morgen im Handwerk.
Herr Wittlich, mit dem neuen Zentrum zeichnet die HwK
ein Stück Zukunftsgestaltung – mit welchem Ansatz?
Handwerkskammer und Handwerker haben bereits im Vorfeld
Planungen entworfen, wie man künftigen Entwicklungen und
Herausforderungen mit der richten Strategie in Aus- und Wei-
terbildung gerecht wird. Das spiegelt sich in der Ausgestaltung
des Zentrums wider – und natürlich auch in den Konzepten,
wie wir diese Inhalte an die Handwerkerinnen und Handwerker
als Profiteure dieser Einrichtung bringen. Gesunde Ernährung,
Wellness, Körperpflege – all das sind Themen, die heute immer
mehr und altersübergreifend in den Fokus rücken. In der aktiven
Lebensgestaltung spielen diese Themen eine wichtige Rolle und
davon kann das Handwerk profitieren. Das wird begleitet von
Entwicklungen, die aktiv von uns gestaltet werden.
Für diesen Ansatz erntet das Handwerk großes Lob,
ausgesprochen auch durch die Bundespolitik, die das
Zentrum bereits gut kennt ...
Zur Eröffnung konnten wir Ilse Aigner begrüßen, Bundesminis­
terin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, in
den Tagen vorher bereits Bundesministerin Ursula von der Leyen
und Staatsministerin Professor Maria Böhmer. Ilse Aigner sprach
sich besonders deutlich für eine stärkere Wertschätzung von
Lebensmitteln aus und für einen bewussten Umgang mit ihnen.
Das ist ein Ansatz, den das Handwerk mit seiner Nähe zu Roh-
stofflieferanten, hochwertigerVerarbeitungundzumVerbraucher
nur allzugut kennt. Die Aufklärung um diese Qualitätsmerkmale
hat auch in der handwerklichen Wertevermittlung einen festen
Platz und wir werden den Dialog mit der Politik fortsetzen, um
diese Qualitätsmerkmale noch stärker herauszustellen.
Das sind Zukunftsstrategien, aber am Tag der Zentrums­
eröffnung wurde auch zurückgeschaut, wurden Ehren­
amtsträger für jahrzehntelangen Einsatz geehrt. Warum
und wofür?
Jeder, der sich für eine ehrenamtliche Tätigkeit entscheidet,
gestaltet damit Zukunft mit. Also passen beim Thema Zukunfts-
gestaltung die Eröffnung eines hochmodernen Zentrums und die
Auszeichnung von Ehrenamtsträgern hervorragend zusammen.
Ohne Ehrenamt würde Handwerk nicht funktionieren. Zahlen
unterstreichen das sehr deutlich: Fast 1.600 selbstständige
Handwerksmeister, Lehrer aus den berufsbildenden Schulen und
angestellteMeisterausdenHandwerksbetriebensowieMitarbeiter
der HwKKoblenz sind in den Prüfungsausschüssen ehrenamtlich
tätig, außerdem134Obermeister und 146 Lehrlingswarte. All das
machen sie neben ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit. Die
Erfahrungen aus der betrieblichenPraxis, die dieEhrenamtsträger
einbringen, machen erst das Funktionieren des beruflichen Bil-
dungssystemsmöglich.Mitdemhellen,großzügigenundfestlichen
Ambiente des neuen Zentrums haben wir bewusst eine Bühne für
diese Auszeichnung ausgesucht, die dem Anlass gerecht wird.
Auch das anschließende Sommerfest der HwK Koblenz haben
wir dem Ehrenamt gewidmet und über 400 Gäste kamen. Das ist
ein Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung. Und auch für das
große Interesse an unserem neuen Zentrum.
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Werner Wittlich
Seite entwickeln, erfüllt einen
das auch mit Stolz und man hat
das Gefühl, einen Teil seines
Wissens und seiner Einstellung
zum Handwerk an die nächste
Generation weiterzugeben.“
„Ich freue mich über die Eh-
rennadel, wenn ich auch nicht
die Verleihung nach außen
darstellen möchte. Das ist eine
innere, sehr persönliche Freu-
de“, bringt Peter Mumbauer,
Kreishandwerksmeister und
Obermeister derDachdecker-In-
nung Simmern, seine Gedanken
aufdenPunkt.Derselbstständige
Dachdeckermeister (Rundum
Meisterservice,Simmern)strahlt
Ruhe und Zurückhaltung aus,
verfolgt aber als Unternehmer
wie auch als Kreishandwerks-
meister sehr präzise seine Ziele
und erreicht sie auch. So baute
er ein Netzwerk auf, als es um
PlanungundBauder„Hunsrück-
Akademie“ in Simmern ging
Alle mit Eh-
rennadel oder
Dankurkunde
ausgezeichneten
Ehrenamtsträger nennt
Handwerk Special im
Innenteil dieser Ausga-
be auf den Seiten 12/13.
lichen Lebens, das für Pauly
vor über 60 Jahren begann. Der
heute78-Jährige ist auch seit vier
Jahrzehnten im Ehrenamt aktiv,
war Obermeister der Innung der
edelsteinbearbeitenden Hand-
werke Birkenfeld und ist heute
deren Ehrenobermeister.
Für seine Verdienste im Ehren-
amt erhielt er bereits vor Jahren
durch die Handwerkskammer
Koblenz die Ehrennadel – jetzt
noch einmalmit Brillanten! Eine
Auszeichnung, die mit ihm 20
weitere Ehrenamtsträger aus
demnördlichenRheinland-Pfalz
für mehr als 25-jähriges Enga-
gement erhielten. Im Rahmen
Hiltrud Enkelmann führt einen
Familienbetrieb in dritter Ge-
neration und ist nicht nur Ober-
meisterin der Bekleidungs- und
Schuhmacher-Innung Rhein-
Westerwald, sondern bringt sich
auch in die Arbeit des Gesellen-
prüfungsausschusses ein.Neben
Nähmaschine und Maßarbeit
zählt so auch die Nachwuchs-
arbeit zu ihrem Alltag. „Gerade
der Kontakt zur Jugend macht
unglaublich viel Spaß und wenn
man sieht, wie sich die jungen
Leute handwerklich an unserer
der feierlichen Eröffnung des
neuen Zentrums für Ernährung
und Gesundheit zeichnete die
Handwerkskammer Koblenz
101 verdiente Ehrenamtsträger
mit der Ehrennadel sowie Dan-
kurkunden aus – und hebt so die
Rolle des Ehrenamtes imund für
das Handwerk hervor.
Auch Hiltrud Enkelmann,
Schneidermeisterin aus Vettel-
schoß imWesterwald, oder Peter
Mumbauer, Dachdeckermeister
aus Simmern im Hunsrück,
zählen zum Kreis der Ehrenna-
delträger – beide für mehr als
15-jähriges Engagement.
Hier geht’s mit dem Smartphone zum
Filmbeitrag aus HwK-TV vom 11. Juli
unter
– eine Einrichtung im Herzen
der Stadt, der Baumaßnahmen
im Umfeld folgten. Rund um
die Akademie und den benach-
barten Schinderhannesturm hat
sich seitdem viel zum Positiven
verändert. „Schweigen und ge-
nießen“, lautet hier das Credo
von Peter Mumbauer – wie auch
bei der feierlichen Verleihung
der Ehrennadel durch HwK-
Präsident Werner Wittlich.
Herzlichen Glückwunsch – ihm
wie auch allen anderen Ausge-
zeichneten!
Schneider­
meisterin
Hiltrud Enkel-
mann aus Vet-
telschoß.
Dachdecker-
meister Peter
Mumbauer aus
Simmern.
Edelstein­
graveurmeister
Erwin Pauly
aus Veitsrodt.
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12-13,14,...24
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