Handwerk Special Nr. 144 vom 3. November 2010 - page 22

Häufige Krankschreibungen,
Verspätungen,starkeemotionale
Reaktionen oder Fehler können
Ausdruck von Trauer sein.
Häufig lösen sie imArbeitsteam
aber Irritationen und Konflikte
aus. Belastendes und hilfloses
Schweigen ist die Folge.
Trauernde innerhalb ihres Ar-
beitsprozesses aufzufangen, ist
das Ziel einer gemeinsamen
InitiativederHandwerkskammer
Koblenz mit der Bezirksärzte-
kammer Koblenz. Wichtiges
Anliegen des Beratungsteams,
zu dem unter anderem Ärzte,
Psychologen, Theologen und
Betriebsberater zählen, ist es,
Betroffene am Arbeitsplatz
einfühlsam zu begleiten und
ein respektvolles Miteinander
sowie eine wertschätzende
Kommunikation mit den sie
umgebenden Mitarbeitern zu
fördern. Dazu wird für den kon-
kretenTrauer-oderKrisenfallein
Unterstützungspaket entwickelt,
das dem Trauernden, aber auch
den Kollegen im Umgang mit-
einander hilft.
Informationen zur Krisen-
und Trauerbegleitung bei
der HwK Kobenz:
E-Mail:
Sich als junger Mensch im Beruf mit dem Tod auseinandersetzen
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Nr. 144
3. November 2010
Schmuck der Grabstätte bleibt
„Die Angehörigen tendie-
ren stark dazu, die Grab-
stätte ihres Verstorbenen
durch einen Grabstein zu
schmücken“, beobachtet
Steinmetz- und Steinbild-
hauermeister Ulrich Henn
aus Neustadt/Wied. Der
52-Jährige ist seit 25 Jah-
ren selbstständig.
„Wir statten ungefähr 130
Grabstätten pro Jahr aus, ein
Drittel davon sind Einfassungen
für Urnengräber“, so der von
der HwK Koblenz öffentlich
bestellte und vereidigte Sach-
verständige im Steinmetz- und
Steinbildhauerhandwerk. „Seit
Menschengedenken kennzeich-
nen wir den Ort, an dem wir
Steinmetz- und Steinbildhauermeister halten Erinnerung wach
Trauer und Krisen
... gemeinsam meistern
Tel.: 0261/ 398-141
SteinmetzmeisterUlrichHennbewahrt durchden
Grabstein die Persönlichkeit des Verstorbenen.
Über „das Übliche“ hinaus
„Um den Tod eines ge­
liebten Menschen zu
begreifen, ist Abschied-
nahme notwendig. Sie
gehört zur Trauerarbeit.
Den Schmerz der Ange-
hörigen kann man nicht
nehmen, wohl aber dem
Verstorbenen durch eine
würdige Aufbahrung die
letzte Ehre erweisen“,
sagt Lena Wagner aus
Bad Kreuznach.
Junger Beruf: Bestattungsfachkräfte sind Ansprechpartner für die Hinterbliebenen
setz der jeweiligen Kommune,
dasBestattungsrecht des Landes
und die entsprechenden Vor-
schriften im Umgang mit den
Verstorbenen müssen beachtet
werden. Auch die Bestattungs-
riten verschiedener Religionen
spielen eine Rolle. Handwerk-
liches kommt auch nicht zu
kurz. Der Bestatter muss Särge
ausstatten und mit modernem
Werkzeug umgehen können.
Die 20-Jährige wird im Bestat-
tungshausBechtervonBestatter-
meister Bernd Geyer zur Bestat-
tungsfachkraft ausgebildet. Sie
ist eine von vier jungen Leuten,
die im nördlichen Rheinland-
Pfalz diesen Beruf erlernen. Die
VersorgungderVerstorbenen ist
für dieBestattungsfachkraft eine
Dienstleistung für dieAngehöri-
gen und den Toten, die über „das
Übliche“ hinausgeht.
Bestattungsfachkraft ist seit
2003 Ausbildungsberuf. Früher
reichte ein Gewerbeschein aus,
um als Bestatter tätig zu sein.
Heute hat sich das Berufsbild
starkverändert.DieBeratungder
Angehörigen im Sterbefall und
der fachlicheBeistand stehen im
Mittelpunkt. Das Friedhofsge-
„Für mich ist es ein Beruf, der
meinen Neigungen voll ent-
spricht“, schätzt Lena Wagner
ein. Nach demFachabitur absol-
viertesiezahlreichePraktika.Sie
schnupperte alsMediengestalte-
rin, arbeitete in der Altenpflege,
imEinzelhandel und imKinder-
garten. In einer Fernsehsendung
wurde sie schließlich auf die
Bestattungsfachkraft aufmerk-
sam. „Der Beruf vereint hand-
werkliches und kaufmännisches
Können. Unverzichtbar sind ein
feines Gespür und Verständnis
für die Trauernden. Schon in der
Schule war ich Ansprechpartner
für Kameraden, die ein Problem
hatten“, weiß Lena.
FürdiejungeFraugehörtderTod
zumLeben.„Esistimmerwieder
dasmenschlicheVerständnisvon
Geburt und Sterben, Leben und
Tod, Freude und Trauer“, sagt
Lena Wagner. Und es klingt aus
demMund einer jungen Frau im
21. Lebensjahr erstaunlich reif
und verständnisvoll.
Kein Beruf für junge Leute?
„Doch“, versichert Lena Wag-
ner, die als Bestattungsfach-
kraft in die Lehre gegangen ist.
Verstorbenebestatten,miteinem
Grabmal. In den einzelnen Epo-
chen wurde es auf verschiedene
Art und Weise gestaltet. Heute
geben unterschiedliche Materi-
alien wie Granit, Marmor und
Basalt invielfältigenFarbenund
Maserungen die Möglichkeit,
Grabmale individuell nach den
Vorstellungen und Wünschen
derHinterbliebenenzufertigen“,
betont Henn.
ErnennteinenGrabstein,aufdem
einWanderstock von einer Rose
umschlungen zu sehen ist. „Der
VerstorbenewarWanderfreund,
dieWitweistRosenliebhaberin“,
erklärt er die Symbolik. Ein Ur-
nengrab schmückt eine schlanke
Stele imVerbundmit einemklei-
nen runden Stein.
„Der Verstorbene
war sehr schlank,
die Verbliebene
eher vollschlank.
Sie wollte diesen
körperlichen Un-
terschied auch im
Tod darstellen“, so
Henn. „DieErinne-
rung an die Toten
ist Teil unserer kul-
turellen Identität.
Heimat ist dort, wo
wirunsereAngehö-
rigenbegraben“, ist
er sicher. Im Laufe
der Jahre wurden
vom Unternehmen
im Auftrag der
Kommunen zahl-
reiche Gedenkstät-
tenfürdieOpferder
Weltkriege gestal-
tet. Zuletzt in Linz
am Rhein.
Steckbrief: Henn Grabmale, Neustadt/Wied
Gegr. 1985 | 4Mitarbeiter (2Meister, 1 Lehrling ) | Grabmale, Zweig-
stelle in Linz a.Rh. | Tel.: 02683/ 31439 |
wichtig
Der Handwerksmeister und
Betriebswirt des Handwerks
engagiert sich auch als Vor-
sitzender im Gesellenprü-
fungsausschuss. „Der
Steinmetz und Stein-
bildhauer hat zahlreiche
Arbeits- undSpezialisie-
rungsmöglichkeiten.
Wir machen die
harten Steine noch
härter und rüsten sie
so gegen Umwelt-
einflüsse“, plädiert
er für seinen Be-
rufsstand und gibt
diese Einstellung
an die Lehrlinge
weiter. „Wir legen
großen Wert auf
eine praxisnahe
Ausbildung.“ Sohn
Philipp ist eben-
falls Steinmetz-
undSteinbildhauer­
meister.Der28-Jäh-
rige ist fürVerkauf-
undVersetzarbeiten
verantwortlich.
Foto: privat
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