Handwerk Special Nr. 239 vom 02.07.2022

Und wer ist hier der Chef? DasUnternehmenSchneider–aufdenersten Blick ein normaler, vierköpfiger Betrieb für Sanitär-, Heizung-, und Klimatechnik (SHK) aus Ochtendung. Doch seit Mai 2022hatGeschäftsleiterMichael Schneider eine ganz besondere Auszubildene: seine eigene Ehefrau Nicole packt nun auch tatkräftig mit an. Die 35-Jährige hat dabei einen nicht ganz so üblichen beruflichen Werdegang hinter sich. Zunächst eine Ausbildung zur Bäckerin, nach abgeschlossener Gesellenprüfung ein Studium in Ökotrophologie, und jetzt? Nun drückt sie erneut die Schulbank und macht eine Ausbildung in einem komplett anderen Bereich – und das auch noch im Betrieb ihres Ehemannes. Die zweifacheMutter kümmerte sich in den letzten Jahren vor allem um den Haushalt unddiebeidenKinder (mittlerweilevier und sechs Jahre). Als ihr Mann im Jahr 2021 seinen eigenen Betrieb gründete, war der ursprüngliche Plan, dass sie das Büro übernimmt. Doch es kamganz anders. Nachdem Nicole einige Male auf den Baustellen mit anpackte, merkte sie: „Dasmacht mir Spaß, das will ich richtig können!“ Die Ausbildung in einem anderen Unternehmen zu machen, kam für sie nicht in Frage. „In unserem Betrieb haben wir momentan alle Hände voll zu tun. Da will ich natürlich unterstützen.“ Denn nicht nur im20Kilometer entferntenAhrtal, sondern ganz grundsätzlich werden Handwerker im SHK-Bereich überall gebraucht. „Außerdem“, ergänztNicole, „habe ichmich sofort super mit den anderen Mitarbeitern verstanden, die mich schnell auch als Kollegin akzeptiert haben.“Auf denBaustellen ist Nicole nämlich meistens gar nicht mit ihremEhemann, sondern mit demGesellen unterwegs. Die Einweisung am Morgen gibt’s aber natürlich immer noch vomChef. „Würde ich meine Kinder fragen, wäre das aber immer noch dieMama“, mussMichael eingestehen. Doch auch das Familienleben hat sich mit Beginn der Ausbildung einmal komplett umgekrempelt. Nicole ist jetzt Vollzeit auf der Baustelle oder in der Berufsschule. Michael, der die letzten drei Jahre zusätzlich zu seiner Arbeit in einem Abendkurs seinenMeister absolvierte, hatte wenig Zeit für die Familie. Mittlerweile hat er sich so organisiert, dass er mittags für Kinder, gemeinsames Essen und die Hausaufgaben zu Hause ist. Nachmittags übernimmt jetztmeistens er die notwendige Büroarbeit. „Und das funktioniert super! Wir ergänzen uns einfach sehr gut“,meintMichael.Klingt fast zu schön, umwahr zu sein. Gibt es denn nie Ärger vomChef? „Soll er sich mal trauen“, lacht Nicole. Doch Ausbilder Michael lobt stolz: „Das ist gar nicht nötig. Einmal gezeigt, kriegt sie alles schnell selbstständig hin. Man merkt einfach: Da steckt eigene Motivation und Begeisterung dahinter.“ Die ersten Prüfungen sind entsprechend zufriedenstellend gelaufen, oder wie Chef Michael sagt: „Sehr gut stand drunter!“ Eine anschließende Meisterausbildung ist also naheliegend. „Zum Kurs würde ich sie auf jeden Fall hinschicken“, ergänzt Michael – und übernimmt an dieser Stelle doch einmal kurz die Chefrolle ... Kontakt: Michael Schneider Heizung,- Sanitär GmbH Tel. 0151/ 576 149 00 michael-schneider- heizung-sanitaer.de Josie wusste früh, was sie will! Was sie irgendwann mal machen will? Auf diese Frage hatte Josie Möhren schon mit 13 Jahren eine klare Antwort. „Ich werde Installateur für Heizung und Sanitär beim Betrieb Herschbach in Bad Neuenahr!“ Der Betrieb ist für die jetzt 16-jährige Josie nicht nur im übertragenen Sinne wie eine Familie. Ihre Mutter managt Buchhaltung und Kundenbetreuung. „Schon früher habe ich, wenn ich nachmittags aus der Schule kam, immer so lange gebettelt, bis ich mit auf die Baustellen fahren durfte“, erzählt Josie lachend. Kurz vor ihrem Ausbildungsstart der Schock: Der Betrieb Herschbach geht im Hochwasser 2021 unter. „Mein erster Gedanke war echt: Ich kann die Ausbildung nicht mehr anfangen“, erinnert sich Josie. Doch die Angst war zum Glück unbegründet, denn alle Hände wurden gebraucht. „Unsere wichtigste Aufgabe ist, die Versorgung mit Wärme und Wasser sicherzustellen. Aber auch mentale Unterstützung war oft gefragt. Als sehr emotionaler Mensch musste ich mir manchmal dabei selbst eine Träne verkneifen“, erzählt Josie. „Aber die Erfahrungen haben mir gezeigt: Wir müssen das, was wir haben, wertschätzen und genießen. Und: Meine Berufswahl war genau die richtige!“ 14 Ehefrau, Mutter, Lehrling: Nicole Schneider absolviert ihre Ausbildung im Betrieb von Ehemann Michael.

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