Handwerk Special Nr. 245 vom 29.02.2024

Winninger Wein-Miraculix BeimBlick aus demFenster kannChristian Kloss sehr gut erklären, woher all die natürlichen Zutaten stammen, die gerade im Keller zu etwas Groß- wie Einzigartigem heranreifen. Da sind zum einen die Winninger Weinberge zu sehen. Und auch viele Kräuter und Sträucher. Was im Moseltal quasi vor der Haustür wächst, macht der 55-Jährige zu erlesenen Secco- und Sektsorten. Seit Mai 2023 ist Kloss bei der Handwerkskammer Koblenz für das Weinküferhandwerk eingetragen – als einesvon insgesamt fünfUnternehmen, die es aktuell in diesem seltenen Gewerk gibt. Ein Besuch bei Christian Kloss ist eine kleine Weltreise. Nicht weil Winningen weit außerhalb liegt, sondern eher, weil der kreative wie umtriebige Küfer schon einiges erlebt hat. Im ersten Leben hat er Betriebswirtschaft studiert, mischte dann imzweitenLebendieBerlinerStartup-Szene der jungen 2000er Jahre auf. Das dritte Leben spielte sich im Rheingau ab und Kloss absolvierte ein Weinbaustudium in Geisenheim. Damit startete er ins vierte Leben und leitete das sachsen-anhaltische Staatsweingut auf Kloster Pforta in der Nähe von Naumburg. Es war eine Reise zurück in der Familiengeschichte, denn wenige Kilometer entfernt lebte einst der Ur-Urgroßvater. Auf ihn geht die Liebe zumSekt zurück undChristianKloss setzt so auch eine Familientradition fort, die ihren Ursprung im Jahr 1856 hat. Wenn er über den Osten Deutschlands und die dortigenWeinanbaugebiete spricht, glänzt er nicht nur mit Fachwissen um Rebe und Riesling. Das ist auch ein spannender Exkurs in Geschichte. Seine Sichtweise reicht weit über die Weinberge hinaus. Das gilt auch für sein aktuelles Leben in Winningen. An die Mosel führte ihn die Übernahme der Sektkellerei von Canal. Ein Experimentierfeld, in das sich Kloss als Betriebswirtschaftler, Weinküfer wie auch mit ganz persönlicher Leidenschaft einbringen kann. „Der Betrieb passte in keineSchublade undbotmir daher interessante Möglichkeiten der Neuausrichtung. So bei der Secco-Herstellung. Kloss und seine vierVollzeit-wie auch zwei TeilzeitkräfteerschaffenwahreTrink-Kunstwerke und kombinieren dafürWeinmit Kräutern und Früchten. Wenn der Chef über die Kombinationen aus Hagebutte, Holunder, Rosmarin, Flieder oder Salbei spricht, ist das Bild von Miraculix, dem Druiden von Asterix und Obelix, kaum auszublenden. Für die Vielfalt sprechen auch die farbenfrohen Etiketten der Secco-Flaschen im Ausstellungsraum. Das Design ist modern und steht für Ideenreichtum rund um die Weinherstellung. Doch auch Traditionsflaschen sind zu sehen mit dem „alten“ Erscheinungsbild „von Canal“. So deckt der Betrieb alle Wünsche und Geschmacksrichtungen ab, selbst die ohne Alkohol. Das nennt sich hier „Sparkling Tea“ und ist eine Mischung aus Wein, Lindenblüten, Brennnessel, Pfefferminz, Melisse – unter anderem. „Letztlich entscheide ja nicht ich, was beimKunden gut ankommt. Die Macht des Verbrauchers ist auch für unseren Erfolg ausschlaggebend“, nennt Kloss ein Grundprinzip der Unternehmensphilosophie. Also bietet man Vielfalt, die schmeckt, und will so auchneueKundenkreiseerschließen. „Den tausendstenWinzersekt vonderMosel neu zu erfinden, ist kaum zielführend.“ Doch Kontakt: Sektkellerei & Weingut von Canal Christian Kloss Tel.: 0177 2317219 www.sekt-von- canal.de 07 Mit viel Erfahrung, Experimentierfreude und rein natürlichen Zutaten zaubert Weinküfer Christian Kloss (im Bild) perlige Kreationen – und beschreitet Neuland in einem Traditionshandwerk. Sekt, das verrät einWeg durch denKeller, spielt für Christian Kloss und sein Team durchaus eine große Rolle. Für viele Winzer aus nah und fern stellt er aus angelieferten Trauben das perlige Getränk her. Das reicht vom Reifeprozess im Sektkeller, was viele Jahre dauern kann, bis zumAbfüllen der Flaschen imObergeschoss (Fotooben). InSummeverlassenso rund 100.000 Flaschen pro Jahr dieWinninger Betriebsstätte. Bleibt die Frage, wie das nächste Leben von Christian Kloss aussehen wird. Mit einem Lächeln sagt er, mit dem Hier und Jetzt ganz zufrieden zu sein. „Ich darf tun und lassen, was ich will, kann mich in dem verwirklichen, was mein Leben schon immer ausgemacht hat“. Eigentlich könnte man sagen: Angekommen! Doch wer will schon so richtig ankommen, wenn es immer noch so viel zu erleben gibt, das Herumexperimentieren mit Wein und Kräutern eingeschlossen? Zumal Ankommen mit Stehenbleiben gleichgesetzt werden könnte – wahrhaft nicht der Anspruch von Christian Kloss an sich und dieses Leben …

RkJQdWJsaXNoZXIy NzU4Mzk=