Handwerk Special Nr. 245 vom 29.02.2024

Hightech und Handwerk für perfektes Mehl Der Beruf des Müllers ist vielen nur noch aus Liedern von früher bekannt. Was er täglich macht und wie anspruchsvoll seine Aufgaben sind, „davon haben vor allem junge Leute kaum noch Ahnung“, weiß Eckhard Hassel von der Michelbacher Mühle im Westerwald. Der Geschäftsführer leitet die hochmodern ausgestattete Mühle,dieesseit1847gibtunddieseit1898 der Familie Hassel gehört. Drei der zehn Mitarbeiter sind Müller und alle wurden im eigenen Betrieb ausgebildet. Einer von ihnenistOliverSchumacher, der1986seine Ausbildung begonnen hat, den Meister machte und seinen Beruf liebt: „Er ist eine wirklich spannende Mischung aus Hochtechnologie, Natur und Handwerk.“ Und weil der Beruf heute nichts mehr mit der romantischen, aber aucheinschüchternden Vorstellung des Müllers zu tun hat, der schwereSäckeüber hoheStiegen schleppt, nennt sich das Berufsbild mittlerweile passender„VerfahrenstechnologeMühlen- und Getreidewirtschaft – Fachrichtung Müllerei“. Wie wichtig die Mühlen sind, zeigt das gut gefüllte Auftragsbuch der Michelbacher Mühle: Sie läuft rund um dieUhr undverarbeitet imLaufedes Jahres bis zu 18.000 Tonnen Getreide zu rund 20 verschiedenenProduktenvomklassischen Weizenmehl überDinkelvollkornmehl und Weizenkeimen bis zu Vollkornschroten. Das Getreide bekommt die Mühle von Landwirten und -händlern aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern. Das deckt sich mit der Region, in der die Mühle ihre Bestellungen ausliefert. Vorher sind die geballte Kompetenz der Mühlenmitarbeiter und gut eingestellte Hightech-Maschinen gefragt. 14 Arbeitsschritte und 26 Stunden sind nötig, damit aus dem Korn Mehl entsteht. Dazu wird das Getreide immer weiter gereinigt, gesiebt und gemahlen. Eier von Schädlingen werden zerstört und entfernt, beschädigte Körner erkannt und ebenso wie kleine Fremdkörper in Formvon kleinsten Steinchen undAnhaftungen herausgeschossen. Ist dasMehl optimal aufbereitet, wird es in 2,5- bis 25-Kilo-Gebinde abgepackt oder im Großteil der Fälle mit der eigenen Lieferflotte zu 150 Bäckereien gefahren und dort inMehlsilos geblasen. „Wir liefernbis zu24Tonnenmit einerFahrt aus“, berichtet Eckhard Hassel. Und: „Wir müssen kaum Werbung machen. Sowohl die Landwirte, die uns beliefern, als auch die Bäckereien kommen auf uns zu. Sie schätzen, dass wir als Mühle ihr persönlicher Ansprechpartner und nicht anonym sind. Wir wissen, wer welche Wünsche hat und können problemlos auch spontan liefern“. Einen Werksverkauf gibt es ebenfalls.Allerdings sinddessenVerkaufsmengen imVergleich marginal. Ganz anders als zur Coronazeit. In den Supermärkten waren damals die Regale leer und „plötzlich stand das Telefon nicht mehr still. Wir wurden förmlich überrannt“, erinnert sich Eckhard Hassel. Mehl ist seit dieser Zeit als wertvolle Grundnahrungszutat bewusster geworden – verbunden mit einem Imagegewinn dieses Handwerks. DennochmüssenMühlen intensiv werben, um Azubis zu finden. Mit Erfolg: Der aktuelle Praktikant ist begeistert,dass er von Anfang an in die spannenden Arbeitsabläufe einbezogen wird und kann sich durch diese ersten Erfahrungen durchaus vorstellen, eine Ausbildung in der Mühle zu beginnen. Kontakt: Michelbacher Mühle Tel. 02681 955 90 info@michelbachermuehle.de Statistik: Sieben Mühlen im Bezirk Im Kammerbezirk der HwK Koblenz sinkt die Zahl der Mühlen, Müller und Auszubildenden zum Verfahrenstechnologen Mühlen- und Getreidewirtschaft. Momentangibt es imBezirkderHwKKoblenznochsieben Mühlen, darunter eine Senfmühle. Damit ist die Zahl der Mühlenbetriebe in den vergangenen 20 Jahren gesunken. 2004 gab es den Höchststand von 18Mühlen, 2013 waren es noch elf. Die Zahl der Müller entwickelt sich ähnlich und auch bei den Auszubildenden ist die Zahl momentan rückläufig: 2022 gab es bundesweit 156 Auszubildende, 2023 wurden bundesweit 50 neue Ausbildungsverträge geschlossen. Über Social Media, mit Praktika und auf Berufsmessenwirdnunvermehrt für denBeruf geworben. 18 Die Michelbacher Mühle verbindet Tradition und modernste Technik. Das Team um Geschäftsführer Eckhard Hassel und Müllermeister Oliver Schumacher (r.) setzt auf Teamwork, Erfahrung und höchste Qualitätsansprüche.

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