Handwerk Special Nr. 240 vom 22.10.2022

Nachhaltigkeit - auch bei der Berufswahl! „Das war schon eine andere Zeit“ sagt er nachdenklich und schaut auf seine großen Hände, denen man sein Tagwerk nach all der Zeit deutlich ansehen kann. Tischler zu werden war nicht sein Traumberuf. Vielleicht auch, weil die Bedingungen zu damaligen Zeiten viel härter waren als heute, zum Beispiel im Arbeitsschutz: Der Mittelfinger der rechten Hand ist steif, an dem der linken fehlt das oberste Glied. „In das Sägeblatt einer Fräse bin ich damals gekommen, den Finger haben sie dann teilweise amputiert.Und: EswarKrieg.Nur wenige Betriebe waren geöffnet und nur aufgrund einer Verletzung wurde mein damaligerLehrmeister nicht eingezogen.Man musste nehmen, was man kriegen konnte.“ Doch nicht nur so bekommt Erich Oster den Krieg zu spüren. In der Neujahrsnacht 1945 verliert er seine Mutter und seine Geschwister bei einemBombenangriff.Nur um Haaresbreite entgeht er selbst dem Tod in einemderLuftschutzkeller: Etwas verspätet möchteer seinerFamilie indenKeller folgen, streckt schon die Hand nach der Tür aus, als das Haus von einer Bombe getroffen wird und seine Familie unter sich begräbt. Da seinVater als Soldat inKriegsgefangenschaft geraten ist, übernachtet der damals 14-Jährigebei seinemLehrmeister.Unddas ist etwas,was auchheute imHandwerknoch zu spüren ist: der häufig fast familiäre Zusammenhalt in inhabergeführtenBetrieben. Später lebt ermit einemweiterenAltgesellen bei einem befreundeten Fleischermeister. „EinGlücksgriff“, erinnert er sich lächelnd. „Abends half ich oft beim Wurstmachen, wenn wir irgendwann fertig waren und die Wurst angeschnitten wurde, gab’s auch immer ein Stück für mich. Zu Kriegszeiten einabsoluterLuxus.“SeineLehrebeendet er drei Jahre später. Als Geselle arbeitet er in vielenBetrieben in der Umgebung. „Immer für so zwei Jahre, dann bin ich weitergezogen, denn in jedem Betrieb habe ich etwas Neues kennengelernt“, erzählt Oster. 1959gründet er dann seineneigenenBetrieb auf dem Grundstück seiner Großtante. Es sind zwei großräumigeWerkstatträumemit hellenFensternundBlickauf dieFelder.Die Räumlichkeitenerbaut er inEigenregie. Erst nach zehn Jahren bekommt der Schreinermeister das erste Mal Unterstützung: Sein ersterAuszubildenderEwaldKlöcknerwird auch sein treuester Mitarbeiter. Über 50 Jahre arbeiten sie zusammen. Unzähligen Auszubildenden hat Erich Oster seitdem seine Leidenschaft nähergebracht. Dass der Tischlerberuf längst genau das geworden ist, beweist eines besonders nachdrücklich: Trotz seiner 92 Jahre ist Erich Oster immer noch aktiv. Gerade arbeitet er mit sibirischem Holz. „Das hat besonders enge Jahresringe“, erklärt er. Wenn Erich Oster über Holz spricht, merkt man seine Wertschätzung für das Material. Deutlich wird dies auch, sobald man in das gemütliche Wohnhaus der Familie Oster eine Straße entfernt eintritt. „Fast alles ist selbstgemacht“, erzählt er stolz. JederRaum ein Holz, die einzelnen Teile aufeinander abgestimmt: Die Tür zum Schlafzimmer doppelseitig, zumWohnzimmer Eiche, nach innen Rosenholz – passend zum Holz der jeweiligenEinrichtung.Und so spiegelt sich die Nachhaltigkeit bei der Berufswahl auch in der Nachhaltigkeit seiner Werkstücke. Kontakt: Tischler Erich Oster Tel. 02605/ 518 Mina Hekmat und ihr Praktikum 14 Tage Praktikum in der Pressestelle der Handwerkskammer (HwK) Koblenz – Mina Hekmat, 14-jährige Schülerin aus Koblenz, beschreibt, wie sie die Arbeit und das Handwerk erlebt hat. Während meines Schülerpraktikums konnte ich viele Erfahrungen sammeln. Neben den Einblicken, die ich in die Pressearbeit bekommenhabe, konnte ichauchInteressantes über das Handwerk lernen. In den zwei Wochen habe ich das großeAufgabengebiet der Pressestelle kennengelernt, habe Texte verfasst und auch Veranstaltungen begleitet. So konnte ich viel über den Beruf eines Journalisten herausfindenundmeineTexteverbessern. Zudemerlebtman einen typischen und abwechslungsreichen Arbeitsalltag, den man als Schüler noch nicht kennt. Besonders gut hat mir gefallen, dass ich viel selbstständig arbeiten durfte. Das Praktikum hat mir vor allem in meiner beruflichen Wahl geholfen und ich kannmir gut vorstellen, imJournalismus zu arbeiten. Insgesamt war meine Zeit in der HwK interessant, aufschlussreich und hat mir sehr gut gefallen. 16 157 Jugendliche sind vor wenigen Wochen im Kammerbezirk Koblenz in eine Tischlerlehre gestartet. Vor 78 Jahren absolvierte Erich Oster (im Bild) seine ersten Schritte in diesem Handwerk – in dem er noch immer voller Leidenschaft aktiv ist.

RkJQdWJsaXNoZXIy NzU4Mzk=