Handwerk Special Nr. 168 vom 23. März 2013 - page 5

International gelobt: Ausbildungsprojekt der HwK Koblenz (Teil 2)
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Nr. 168
23. März 2013
Spanier willkommen!
„Das Kennenlernen eines an-
deren Landes mit seinen Men-
schen, Betrieben und seinem
Ausbildungssystem ist für junge
MenscheneinewichtigeLebens-
erfahrung. Mit ihrem Spanien-
Projekt geht die Handwerks-
kammer Koblenz europäische
Wege und sie trägt dazu bei,
unserdualesAusbildungssystem
überDeutschlandhinausbekannt
zu machen und Vorurteile abzu­
bauen“, lobte Wirtschaftsminis­
terin Eveline Lemke in ihrem
Grußwort das Projekt.
Organisiert wurde der Begrü-
ßungsempfang von der HwK
Koblenz. Gemeinsam mit der
Agentur für Arbeit Koblenz-
MayenunddemBerufsbildungs-
zentrumXabecinValenciaistsie
maßgeblich an derVorbereitung
und Durchführung des Projekts
beteiligt, jungen Spaniern ab
August eine Ausbildung in
deutschen Handwerksbetrieben
zubieten.Deutschlandverzeich-
Fortsetzung von Seite 3: Deutsch-spanisches Ausbildungsprojekt
Vorgestellt
Rodrigo, der Madrid-Koblenzer
Seit sechs
Monaten wird
Rodrigo Tuna
aus Madrid
im Koblenzer
Autohaus
Scherhag aus-
gebildet.
„Ich fühle
mich hier
sehr wohl,
die Leute
sind sehr,
s eh r ne t t
und meine
Ausbildung
macht mir
net zunehmend einenMangel an
Fachkräften.Der demografische
Wandel ist auchbeimHandwerk
angekommen. Jugendliche in
Spaniendagegenhabenaufgrund
derhohenJugendarbeitslosigkeit
in ihrer Heimat kaum Chancen
auf Ausbildung und eine beruf-
liche Zukunft.
„JungeMenschenbrauchen aber
Perspektiven. Eine erfolgreich
abgeschlossene Schulbildung,
der Übergang in eine berufliche
Ausbildung und die Integration
in die Arbeitswelt zählen dazu“,
sindWernerWittlich undUlrike
Mohrs, Vorsitzende der Ge-
schäftsführung bei der Agentur
für Arbeit Koblenz-Mayen,
überzeugt.
HiersetztdasinternationaleAus-
bildungsprojekt an. Die Spanier
werdennachdemdualenSystem
in erfahrenen Handwerksbe-
trieben als Kfz-Mechatroniker,
Mechatroniker fürKältetechnik,
Elektroniker und Anlagenme-
chaniker für Sanitär-, Heizungs-
und Klimatechnik ausgebildet.
Vor und während der Lehre,
die im Sommer 2013 beginnt,
werdendiespanischenLehrlinge
intensivunterstütztundsozialpä-
dagogisch betreut.
Das erste Kennenlern-Fazit
ist durchweg positiv. Die jun-
gen Leute sind begeistert und
freuen sich auf die Lehre fern
ihrer Heimat. Mark Scherhag,
Obermeister der Kfz-Innung
MittelrheinundGeschäftsführer
der Autohaus Scherhag GmbH,
derdasProjektvonBeginnanun-
terstützt, bringt seine ersten Er-
fahrungenmit einemspanischen
Lehrling auf den Punkt. „Es ist
natürlich eine Herausforderung
für alle im Betrieb. Aber es ist
eine Freude, die Entwicklung
jeden Tag zu beobachten. Jeder
lernt auch vom anderen.“ Eine
Erfahrung, die allePartner dieses
Projektes teilen.
Wirtschaftsministerin Eveline
Lemke und HwK-Präsident
Werner Wittlich mit den spa-
nischen Jugendlichen.
Empfang für die spanischen Jugendlichen
bei der Handwerkskammer Koblenz, der
von starkem Medieninteresse begleitet wur-
de. Mit Ende des 14-tägigen Praktikums in
Handwerksbetrieben der Wirtschaftsregion
Mittelrhein wurden bereits viele Lehrverträge
unterschrieben.
unheimlich viel Spaß“, strahlt Rodrigo Tena, 18 Jahre jung und
vor sechs Monaten noch in Madrid zu Hause. Angesprochen auf
die neue Heimat Koblenz, auf sein jetziges Leben inDeutschland,
nennt er fast nur Superlative und verbindet sie mit positiven
Aussagen. „Ich habe am Anfang fünf Mal nachfragen müssen,
wie die Werkzeuge in deutscher Sprache heißen oder die Fach-
begriffe der Motorteile. Und fünf Mal hat man mir geduldig und
freundlich geantwortet“, lobt er seine Kollegen im Koblenzer
Autohaus Scherhag, in dem er jetzt zum Kfz-Mechatroniker
ausgebildet wird.
„Für uns ist Rodrigo ein klarer Zugewinn“, stellt Mark Scherhag,
Geschäftsführer imgleichnamigenGülserAutohaus klar.Mehrere
Nationen und Ursprungsländer sind dem Handwerksbetrieb seit
jeher nicht fremd, und so arbeitet der junge Spanier aktuell Seite
an Seite mit einem erfahrenen Kfz-Handwerker, dessen Wurzeln
in den Kosovo reichen. Beide verstehen sich blendend und die
gemeinsame Arbeit schweißt zusammen, was auch Fortschritte
in der handwerklichen Ausbildung einschließt.
„Rodrigo hat die richtige Einstellung zu seiner Tätigkeit und man
merkt ihm deutlich an, dass er mit Herz und Seele dabei ist“,
lobt Mark Scherhag den spanischen Lehrling, der beim jüngsten
Treffen mit den jungen Landsleuten im Rahmen des HwK-Aus-
bildungsprojektes (weitere Berichte auf den Seiten 3 und 9 dieser
Ausgabe) seine positivenErfahrungen vermittelte undmotivierte,
den Schritt nach Deutschland zu wagen.
„Hier wurde ich mit offenen Armen empfangen, und wenn mich
jemand nach meiner Herkunft fragt, lächeln die Leute und es
kommt direkt zum Gespräch, in dem es um meine Heimat geht
und um das, was ich hier mache. Ich habe die Deutschen als sehr
freundliche und aufgeschlossene Menschen kennengelernt und
fühle mich hier wirklich sehr wohl.“
Gleichwohl, auch Heimweh hat Rodrigo
kennengelernt, „aber das verfliegt ganz
schnell, wenn man sich in Erinnerung ruft,
warum man hier ist. Es geht um meine
berufliche Zukunft, um mein künftiges
Leben, für das ich hier eine solide Grund-
lage schaffe“, schwärmt er und nennt auch
– und das sehr nachdenklich – die hohe
Jugendarbeitslosigkeit in Spanien als ein
Stück dortige Realität für gleichaltrige
Landsleute. „Jeder zweite ist davon be-
troffen, was ein echtes Problem ist. Denn
Jugend ist Zukunft!“
Seine gestaltet er nun zusammen mit
deutschen Handwerkern in einem eingeschworenen Team. Und
auch Freunde hat der sympathische Koblenz-Madrider bereits
gefunden.
Einzig das deutsche Wetter mit tiefen Temperaturen und viel
Schnee ist gewöhnungsbedürftig. Aber auch dieser Seite hat er
etwas Positives abgewonnen: „Man schwitzt nicht so sehr bei der
Arbeit, die ja oft auch körperlich anstrengend ist. In Madrid sind
selbst imWinterTemperaturenweit über 20GradkeineSeltenheit,
Schnee gibt es da nie.“ So ist auch das eine neue Erfahrung, die
zum Leben an Rhein und Mosel dazu gehört.
Steckbrief: Autohaus Scherhag, Koblenz
Gegr. 1960 | 65 Mitarbeiter | VW- und Hyundai-Vertragspartner
Wartung, Reparatur aller Kfz-Marken |
Foto: P!ELmedia
Mark Scherhag mit
Lehrling Rodrigo Tuna,
der bereits in Koblenz
ausgebildet wird.
Foto: P!ELmedia
Fotos: P!ELmedia
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