Handwerk Special Nr. 145 vom 11. Dezember 2010 - page 22

Kein Kreditengpass: Handwerk nutzt regionale Finanzpartner
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Nr. 145
11. Dezember 2010
Aktuelle Entwicklungen im Kreditgeschäft: Nachgefragt bei den Sparkassen
Handwerk Special sprach
mit Dr. Andreas Reingen,
Vorsitzender des Vor-
standes der Kreisspar-
kasse Altenkirchen, über
die aktuelle Lage bei der
Kreditvergabe.
HS:
Bei der Mehrheit der
befragten Handwerksbetriebe
ist von einem erschwerten
Kreditzugangnichts zu spüren.
Jedoch geben 32 Prozent an,
dass sich die Kreditaufnahme
für sie derzeit schwieriggestal-
tet. Höhere Anforderungen an
die Kreditsicherheit und eine
längere Bearbeitungsdauer
werden als Gründe dafür an-
gegeben. Wie schätzen Sie die
Situationein?WaserwartenSie
für die Zukunft?
Dr. Reingen:
Die höheren
Anforderungen an die Kre-
ditsicherheiten sind sicherlich
der letzten Wirtschaftskrise
geschuldet, diese hat sich sehr
negativ auf die Unternehmen
allgemeinundnatürlich auch auf
bestimmteKreditinstituteausge-
wirkt. In die Zukunft geblickt,
dürftesichhiereineEntspannung
ergeben, da die wirtschaft-
liche Erholung schon deutlich
spürbar ist. Die gestiegenen
Dokumentationspflichten sind
demgegenüber nicht konjunk-
turabhängig. Sie sind gesetzlich
vorgeschrieben und führen
tendenziell auch zu längeren
Bearbeitungszeiten. Für unsere
Sparkasse haben wir uns zum
Ziel gesetzt, Anträge, die von
Handwerks-undGewerbebetrie-
ben gestellt werden, innerhalb
von sieben Tagen abschließend
zu bearbeiten. Dieses Ziel wird
in der Regel erreicht.
HS:
Wiehat sichdieKreditnach-
frage beiKunden aus demHand-
werk entwickelt? Investierendie
Betriebe langfristig oder ist die
Nachfrage bei der Betriebsmit-
telfinanzierung gestiegen?
Dr. Reingen:
Im Jahr 2010 hat
die Nachfrage nach mittel- und
langfristigen Finanzierungen
für Investitionen überwogen.
Sie war deutlich lebhafter als
im Vorjahr, aber noch nicht
so dynamisch wie 2007 und
2008. Die Betriebsmittelinan-
spruchnahmen schwanken eher
saisonal und haben einen festen
Bodensatz.
Finanzierungsumfrage imHandwerk
In den zurückliegenden
beiden Jahren hatten
sich die Möglichkeiten
der Unternehmen zur
Kreditaufnahme zum Teil
verschlechtert. Jetzt gibt
es Anzeichen für eine Ent-
spannung im nördlichen
Rheinland-Pfalz.
Im Rahmen der Konjunktur-
befragung für den Herbst 2010
hat die HwK Koblenz an ei-
ner Sonderumfrage des Zen-
tralverbandes des Deutschen
Handwerks (ZDH) zur
HwK Koblenz wertet Ergebnisse aus: Entspannung bei Kreditvergabe
HS:
Gibt es bereits spezielleAn-
gebote, die auf die finanziellen
Bedürfnisse von Handwerksbe-
trieben zugeschnitten sind oder
planen Sie zukünftig welche?
Dr. Reingen:
Die Sparkassen
stehen den Handwerksbetrieben
mit speziellen, auf jeden einzel-
nen Kunden zugeschnittenen
Produkten zur Verfügung. Im
Mittelpunkt stehen hierbei
Betriebsmittel und Investitions-
kredite, aber auchBürgschaften,
Leasingprodukte und Versi-
cherungen spielen eine große
Rolle. Ein wichtiger Punkt ist
für unser Haus das Sonderkre-
ditprogramm „Umwelt und En-
ergie“. Investitionen in diesem
weitgefassten Bereich werden
zu Top-Konditionen finanziert.
Hiervon profitieren sehr viele
Handwerksbetriebe.
HS:
Wie bereitet sich ein Hand-
werksbetrieb am besten auf den
Besuch bei seiner Bank vor?
Was sollte also im Vorhinein
alles erledigt worden sein,
damit das Gespräch für beide
Seiten zum Erfolg führt?
Dr. Reingen:
Zur Vorberei-
tung des Banktermins sollten
die letzten Jahresabschlüsse
bzw. betriebswirtschaftlichen
Auswertungen (BWA) vor-
liegen. Besteht ein aktueller
Investitionswunsch, sollten
hierzu entsprechende Vorü-
berlegungen gemacht werden
(Investitionszweck, aktuelles
Preisangebot, Wirtschaft-
lichkeitsberechnung, Umset-
zungszeitplan etc.). Ansonsten
macht es Sinn, die aktuellen
Themen wie Auftragsbestand,
Mitarbeiterentwicklung und
Liquiditätssituation parat zu
haben. Ein guter Kundenbera-
ter wird außerdem fragen, wie
es dem Betriebsinhaber und
seiner Familie geht!
Dr. Andreas Reingen
Foto: KSK Altenkirchen
aktuellen Finanzierungssituati-
on in Handwerksunternehmen
teilgenommen. Darin geben
68 Prozent der teilnehmenden
Unternehmen im Kammerbe-
zirk Koblenz an, dass es im
Vergleich zum Vorjahr nicht
schwieriger geworden ist, einen
Kredit zu erhalten. Mit Blick
auf die letzten zwölf Monate
bemängeln jedoch weiterhin 32
Prozent eine Verschlechterung
ihrer Möglichkeiten zur Kre-
ditaufnahme. Bundesweit sind
dies aktuell 42 Prozent der Be-
fragten. Im Vorjahr berichteten
insgesamt 47 Prozent bei einer
KfW-Unternehmensbefragung
von einer erschwerten Kre-
ditaufnahme.
Die größte Hürde
beim Zugang zu
Krediten sehen
knapp drei Viertel (74 Prozent)
derUnternehmen,die2010einen
Kreditantrag gestellt haben, in
den gestiegenen Anforderungen
an die Kreditsicherheiten. Als
weitere Hauptgründe werden
eine längere Bearbeitungsdauer
bei den Kreditanträgen (51
Prozent) und gestiegene Doku-
mentationspflichten(40Prozent)
genannt.
Der aktuelle Finanzierungsbe-
darf im Handwerk ist im Jahr
2010 vor allem durch kleine
Volumina geprägt. Gut ein Drit-
tel der antwortenden Betriebe
benötigennurbiszu10.000Euro.
Knapp 40 Prozent haben einen
Finanzierungsbedarf von bis zu
50.000 Euro. Vorrangig werden
KreditederzeitfürBetriebsmittel
(62 Prozent) und nur zu einem
geringen Teil für Investitionen
(38 Prozent) verwandt.
Insgesamt ist die Kreditnach-
frage der Handwerksbetriebe
im Jahr 2010 eher gering aus-
gefallen. Im Kammerbezirk
Koblenz haben nur 28 Prozent
der Befragten im Jahr 2010
einen Kreditantrag gestellt.
Auch bundesweit geben nur 25
Prozent der sich an der Umfrage
beteiligenden Betriebe an, einen
Kreditantrag gestellt zu haben.
Aus der Beratungspraxis zeigt
sich, dass Betriebe oftmals vor
dem Kreditantrag bei der Bank
versuchen, andere Finanzie-
rungsmöglichkeiten zu nutzen.
Dies bestätigt auch die aktuelle
Umfrage: 57 Prozent möchten
ihren Finanzierungsbedarf aus
eigenen Mitteln decken. 13 Pro-
zent nutzen Leasingangebote, 7
Prozent private Darlehen, bei-
spielsweise aus der Familie.
Wenig
Absagen
Die von den Befragten ange-
gebene Ablehnungsquote der
Kreditnachfragen ist mit rund
11 Prozent insgesamt sehr ge-
ring. Am höchsten ist sie mit 29
Prozent bei den kurzfristigen
Krediten. Ebenso positiv ist,
dass drei Viertel der befragten
Unternehmen, die letztendlich
einen Kreditantrag gestellt ha-
ben, diesen inzwischen von den
Hausbankenbewilligt bekamen.
14Prozent stehenderzeit noch in
Verhandlungen.AlsHauptgrün-
de für dieAblehnung nennen die
befragten Handwerksunterneh-
men ein schlechtes Rating (57
Prozent), geringe Eigenkapital-
quote, ungünstige Entwicklung
der Branche insgesamt und
fehlende Sicherheiten (jeweils
43 Prozent).
Öffentliche Förderkredite oder
Unterstützungen haben im bis-
herigen Jahresverlauf mit etwa
7 Prozent der befragten Hand-
werksbetriebeimKammerbezirk
Koblenz nur wenige erhalten,
bundesweit sind es auch nur
knapp 8 Prozent. Davon entfällt
der Großteil der öffentlichen
Hilfen (47Prozent) auf dieKfW.
Weitere 39 Prozent erhielten
Fördermittel von den Arbeits-
agenturen und 11 Prozent von
den Ländereinrichtungen (z. B.
Landesförderbank ISB Mainz).
Nur 3 Prozent der befragten Un-
ternehmenhabeneineöffentliche
Bürgschaft erhalten.
Weitere Informationen zu der
Sonderumfrage bei der HwK-
Betriebsberatung, Tel.: 0261/
398-257, Fax: -994, E-Mail:
HwK-Service
Im Rahmen des kosten-
losen Beratungsangebots
unterstützt die HwK-
Betriebsberatung ihre
Mitgliedsbetriebe auch in
Fragen der betrieblichen
Finanzierung.
Handwerksunternehmen er-
halten umfassende Informa-
tionen zu den unterschied-
lichen Möglichkeiten der
Finanzierung, beispielsweise
über Hausbankdarlehen, öf-
fentlicheDarlehenoderBürg-
schaften.Weiter begleitet die
HwKKoblenzBetriebe,inder
Vorbereitung eines Bankge-
sprächs zur Beantragung zu-
sätzlicher finanziellerMittel.
Für weitere Infos, Tel.:
0261/398-251, Fax: -994.
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