Handwerk Special Nr. 126 vom 5. November 2008 - page 5

Gestern & Heute
Nr. 126
5. November 2008
„Die ganze Familie hat
damals ihren Beitrag ge-
leistet, damit ich zur Meis-
terschule gehen konnte.“
Erinnerungen von Trude
Greiff aus Patersberg bei
St. Goarshausen an die
eine oder andere Deut-
sche Mark, die im Ver-
wandtenkreis gewendet
und schließlich der da-
mals 21-jährigen Friseurin
für die berufliche Verwirk-
lichung zugesteckt wurde.
„Mein Traum war der Meister­
brief.Denhabe ichmir 1958ver­
wirklicht und denke noch heute
gerne daran.“ Die Anerkennung
dieser Leistung steht ganz im
Mittelpunkt der feierlichen
Verleihungdes„GoldenenMeis­
terbriefes“ bei der Handwerks­
kammerKoblenz. EineFeier, bei
der jeder einzelne der über 100
Altmeister etwas zu berichten
hat: Erlebnisse, Erfahrungen,
ein Fazit mit einemMeisterbrief
in der Biografie, der dort seit
einem halben Jahrhundert eine
gewichtige Rolle spielt.
HS 1
Die 125.
Ausgabe des
Magazins
Handwerk
Special
– das Echo
der Leser
war groß:
Lob, Erinne­
rungen,
Nachfragen
erreichten
die
Handwerks­
kammer in
den Tagen
nach
dem Erscheinen.
So gab es die Frage nach dem Titel der
„Startausgabe“ vom Januar 1988. Zu sehen war eine Familie vor
Familie Schwamm vor ihrem Haus in Neuhäu-
sel, ganz oben im Januar 1988, darunter über
20 Jahre später.
Traditionell ehrt die HwK
Koblenz Handwerksmeis­
ter, die vor 50 Jahren ihren
Meisterbrief ablegten, jedes
Jahr im November mit
dem Goldenen Meister­
brief. 2008 sind es über
100 Meister, die sich
zur Feier am 6.11. um
14.30 Uhr in Koblenz
angemeldet haben.
Info-Tel.: 0261/ 398-
415.
Goldener
Meisterbrief
Ehrung morgen
„Am 9. Juni 1958 habe ich die
Meisterprüfung bestanden“,
kommt es wie aus der Pistole
geschossen auf die Frage an
TrudeGreiffnachdem„Wann?“.
Wenige Tage danach feiert sie
den 22. Geburtstag, ist so die
jüngste Meisterin im nördlichen
Rheinland-Pfalz (wie auch
bei der Altmeisterfeier 2008).
Anschließend führt sie das Fa­
milienunternehmen weiter. 32
Jahre ist sie Chefin des Friseur­
salons im Haus „Colonius“ in
St. Goarshausen, bildet in dieser
Zeit insgesamt 36Lehrlinge aus.
Zu vielen hat sie noch immer
Kontakt. EineHandwerkerinmit
Herz, die dann – natürlich – auch
Obermeisterin der Innung ist,
sich 25 Jahre im Gesellenprü­
fungsausschuss engagiert. Doch
nicht alles im Leben der Trude
Greiff ist Sonnenschein. Das
einzige Kind, ihr Sohn, kommt
1980 als 17-Jähriger bei einem
Verkehrsunfall ums Leben. Die
Trauer merkt man der Mutter
noch heute an. Doch auch hier
hilftihrdasHandwerk.„Ichhatte
meineAufgabe undbin ihr nach­
gegangen. Das half
wenigstens tagsüber,
auf andereGedanken
zu kommen.“ Um
so mehr lag ihr ge­
rade in dieser
Zeit der fach­
liche Nachwuchs am Herzen. In
ihn inves­tierte sie weit mehr als
nur berufliche Kompetenz.
Handwerksmeister und
Bundesligaspieler
Alfred Kapell, Pols­
terer- und Dekora­
teurmeister, hat sich
mitdemMeisterbrief,
ebenfalls abgelegt
1958, in Oberwesel
selbstständig ge­
macht. Inzwischen
hat das „Stammhaus“
eines der vier Kinder
übernommen – wie
der Vater natürlich
Handwerksmeister.
Und ein weiterer
Sohn hat das Raum­
ausstatterhandwerk
Ehefrau Manuela plante
der Zahntechnikermeister,
der als technischer
Leiter im Koblenzer
Handwerksunternehmen
Zahntechnik Lubberich
arbeitet, vor über 20 Jahren
den Bau des Traumhauses.
Die Kinder auf dem Titel,
Katrin und Christina, sind
heute 26 und 22 Jahre alt
und haben das elterliche
Dach über dem Kopf
gegen Studentenbuden
eingetauscht. Doch am
Wochenende schauen die
beiden zu Hause vorbei
– so auch beim Foto für eine
Wiederholung des Titelbildes
von 1988. „Würden wir noch
einmal vor der Entscheidung
stehen wie vor 20 Jahren
– wir würden alles wieder
so machen wie damals!“,
fasst Familie Schwamm
ihre Erfahrungen mit dem
Hausbau zusammen.
erlernt, ist ebenfalls heute
Meister. Die beiden, Ralph und
Holger Kapell, führen nun das
berufliche Werk des Vaters in
zwei Unternehmen erfolgreich
weiter. „Ein sehr gutes Gefühl“,
freut sich der 72-Jährige, der
sich längst nicht zum alten Ei­
sen zählt. „Ich fahre zusammen
mit weiteren Ehrenamtlichen
Mittagessen für Senioren oder
Kranke in Oberwesel aus.“ Am
Nachmittag tauscht er dann die
rollenden Untersätze und steigt
um aufs Fahrrad – seine große
Leidenschaft. „Jährlich sitze
ich 4.000 Kilometer im Sattel.“
Sport spielte in Kapells Leben
immer eine wichtige Rolle. So
schaffte er im Faustball sogar
den Sprung in die Bundesliga.
„DasHandwerk, dieFamilie und
der Sport sind die drei wichtigen
Säulen inmeinemLeben“, soder
agile Handwerksmeister.
Handwerksmeister Kapell, 72 Jah-
re, unterwegs mit dem Rennrad ...
... und beim ehrenamt-
lichen Ausfahren des
Mittagessens.
ihrem Haus. Was ist aus ihnen geworden? Gibt es das Haus noch,
wo steht es?
Zusammen mit dem Fotografen Godehard Juraschek und dem
Architekten Günter Heinrich, in dessen Büro die Pläne für das
Einfamilienhaus entstanden, wurden
das Haus und seine Bewohner sehr
schnell ausfindig gemacht. Ja, es
geht ihnen gut und die Familie lebt,
20 Jahre nach dem Bau, wie er auf
dem Titel von Handwerk Special
Nummer 1 zu sehen war, glücklich
und zufrieden noch immer in den
gleichen eigenen vier Wänden
in Neuhäusel bei Koblenz. „Wir
haben sehr gute Erinnerungen
an den Bau, denn sowohl die
Arbeit des Architekten wie
auch des ausführenden
Bauunternehmens Mertgen
aus Straßenhaus war
einwandfrei“, erzählt
Besitzer Manfred
Schwamm und ergänzt
auch, dass „größere
Reparaturen bisher
nicht durchgeführt
werden mussten“.
Zusammen mit
Handwerker und ihr 50-jähriges Meisterjubiläum
Was für ein Leben
...!
Stolz auf ihren Meister-
brief aus dem Jahr 1958:
Friseurin Trude Greiff aus
Pa-
ters-
berg.
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