Handwerk Special Nr. 239 vom 02.07.2022

Brand-Wunder im Hochwasser Doch trotzderverheerendenZuständenach demJahrhunderthochwasser standfürviele Betriebsinhaber schnell fest: Aufgeben ist keine Option. Wir bauen wieder auf! Ein Beispiel für diese Stehaufmentalität: dieBäckerei Brand inBadNeuenahr. „Wir standenvor einemSchlammloch.Hierwar einst das Zentrum der Bäckerei“, erinnert sich Ralf Hellrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz. Von Anfang an um den persönlichen Kontakt mit den Unternehmen bemüht, besuchte er die Brands, wie viele andere Betriebe auch, direkt nachderFlutkatastrophe. „Das Wasser hat quasi den Innenhof ausgespült. Ob hier jemals wieder in einem Ofen gebacken werden könnte, wollten selbst die kühnsten Optimisten nicht mit einem uneingeschränkten „ja“ beantworten.“, muss er zugeben. Doch neun Monaten später ist das kleine Brand-Wunder geschafft - und Ralf Hellrich erneut Gast im Betrieb. Die Gummistiefel an den Füßen hat er eingetauscht gegen einen bunten Blumenstrauß in den Händen, den er dem taffen Bäckerehepaar übergibt. GiselaundUlrichBrand führen seit 27 Jahren die 1964 gegründeteFamilienbäckerei und Konditorei. Die Wassermassen jener Katastrophennacht 2021 kamen für sie völlig überraschend. „Wasser im Laden – ab da wussten wir, es wird ernst“, erinnert sich das Handwerkerehepaar, das über der Backstube imgleichenHauswohnt. InwenigenStundengingeinLebenswerkunter – bei denBrandswie bei Tausenden anderen auch. Schädenblieben zurück– solche, die sich in Euro abrechnen lassen wie auch körperliche, seelische, emotionale. „Es ist dann auch eine Mentalitätsfrage, sich mit den Trümmern auseinanderzusetzen, die gestern noch die vertraute Backstube, der Verkauf oder Wohnbereich waren“, sagt Gisela Brand. „Allein die Schäden an den Maschinen beliefen sich auf 800.000 Euro“, berichtet sie, ohnedie zerstörteEinrichtung und bauliche Reparaturarbeiten in dieser Rechnung zu berücksichtigen. Nichtsdestotrotz haben die Brands ihren Betrieb wiederbelebt und konnten am 4. April 2022 die ersten Kunden begrüßen. „Acht Monate und neunzehn Tage“, kommt es wie aus der Pistole geschossen, wennmanGiselaBrandfragt,wie langedas gedauert hat. „Wir haben durchgearbeitet, tagtäglichEnergie undGeld investiert, damit ein Wunsch in Erfüllung geht: wieder Brot undBrötchen aus eigener Produktion verkaufen zu können.“ Und die harte Arbeit macht sich bezahlt! Alles ist tipp top, die Einrichtung, das gesamte Erscheinungsbild treibt jedem Besucher ein Staunen ins Gesicht – auch dem Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich. „Wenn man das sieht, weiß, wie es hier vor neun Monaten aussah, grenzt es an ein Wunder. Was es letztlich aber nicht ist, denn der Wiederaufbau steht für unbeugsamenEinsatzderFlutbetroffenenwie auch für die Solidarität mit dem Ahrtal. Davon geht ein starkes Signal aus!“ Auch das wird bleiben so wie die Erinnerung an jene Katastrophennacht. Beides wird in die Geschichte eingehen – das eine als Schicksalsschlag, das Folgende als gemeinschaftliches Wiederaufbauwerk, das letztlich das Tal mehr und dauerhaft in seinem Erscheinungsbild prägen wird. Kontakt: Bäckerei Brand Tel. 02641/ 24 816 www.baecker-brand. de Finanzielle Wiederaufbauhilfen Der Betrieb der Brands (Artikel links) war versichert – für die Reparatur ihrer Wohnung wollen sie Wiederaufbauhilfe vom Land Rheinland-Pfalz beantragen. Wo hört der Betrieb auf, wo beginnt der Wohnbereich? „Das ist eine Frage, die in unserem Fall noch geklärt werden muss und dann werden wir das Antragsverfahren beginnen“, erklärtBäckermeisterUlrichBranddienächsten Schritte. Ihrem Beispiel sollten betroffene Unternehmen und Privatpersonen möglichst schnell folgen. Denn nur noch bis zum 30.Juni 2023 können Anträge bei der zuständigen Investitions- undStrukturbank (ISB) eingereicht werden. Mitte Mai 2022 informierte die ISB über erst 184 vollständigeAnträgevonUnternehmen–unddas bei allein 585 betroffenen Handwerksbetrieben. Infos zur Aufbauhilfe: www.wiederaufbau.rlp.de Foto: privat 07 Fast 600 Handwerksbetriebe wurden durch die Extremflut im Ahrtal beschädigt oder komplett zerstört, darunter auch die Bäckerei von Gisela und Ulrich Brand. Die verwüstete Bäckerei nach der Flut 2021 (Bild rechts) und nach dem achtmonatigen Wiederaufbau (oben).

RkJQdWJsaXNoZXIy NzU4Mzk=