Handwerk Special Nr. 236 vom 11.09.2021

Was für ein Leben! Johann Prangenberg, 94 Jahre Nr. 236 11. September 2021 www.handwerk-special.de 18 Lehrling 1942, Meister 1954, tätig bis heute! Alles begann am 12. Juli 1927. Johann Prangenberg kommt als zweites von ins- gesamt fünf Kindern auf die Welt. 1942 beginnt der 15-Jährige eine Ausbildung zum Sattler und Polsterer. An seinen ersten Tag als „Lehrbub“ kann er sich noch ganz genau erinnern. „Ich musste zum Betrieb mit dem Fahrrad acht Kilometerfahren.Danngingeslosmitdem Handwerk.“ Täglich sind es 16 Kilometer, diezwischendemWohnortBreitscheidund demAusbildungsbetrieb inWaldbreitbach an der Wied geradelt werden müssen. Doch der zweite Weltkrieg greift in die Biografie des Handwerkslehrlings ein, der zunächst einen Arbeitsdienst absolvieren muss,dann,wiesovieleandere„Jungens“in seinemAlter, an der Flak ausgebildet wird. Johann Prangenberg kann jeden einzelnen TagbeimDatumnennen,wasfürdieNach- haltigkeit des Erlebten spricht. „Am 26. März 45 war die Flakausbildung beendet, am 28. kam ich in Kriegsgefangenschaft.“ Da war er 17. Verschiedene Internierungslager und Krankheiten, darunter die Ruhr, folgten. Eine Odyssee in den Nachkriegswirren, die ihn im April 1947 Richtung Heimat entlassen. „Am 23. April kam ich in mei- ner Heimat Breitscheid an, 14 Tage später starb mein Vater.“ Der ältere Bruder war im Krieg gefallen. „Wir mussten in der Familie schauen, wie wir über die Run- den kommen.“ Kein Einzelschicksal der damaligen Zeit, und doch berührt es sehr, wenn man es aus dem Mund eines heute 94-Jährigen hört, der mit wachen Augen und klarer Stimme spricht. Prangenberg holt als 20-Jähriger das dritte Lehrjahr mit drei Jahren Verspätung nach. ParallelzurAngestelltenarbeitinRengsdorf machtsichJohannPrangenberg1962selbst- ständig. „Zusammen mit meiner Ehefrau habe ich in der Küche gesessen und Ände- rungsarbeiten wie auch Neuanfertigungen vorgenommen. Mein Schwiegervater, ein Bauer, marschierte durch unsere „Werk- statt“mitseinendreckigenGummistiefeln“, lacht Prangenberg beim Erinnern an die Anfangsjahre als Unternehmer. Es folgen Neu- und Anbauten am neuen Standort Roßbach. Die Mitarbeiterzahl steigt – wie auch die der Kinder und Enkelkinder. Die Söhne Rainer und Jürgen steigen ins Fami- lienunternehmen ein, es folgen die Enkel Martin und Lukas. Heute ist der Senior vierfacher Opa und vierfacher Uropa. Vieleshatsichverändert–imUnternehmen mit seinenheute 26Mitarbeitern, imHand- werk (der Betrieb zählt mehrere Meister in unterschiedlichen Gewerken) und auch bei dem, was man den Kunden alles bieten kann. Doch eins ist auch im 79. Berufsjahr geblieben: Johann Prangenberg geht jeden Tag zur Arbeit! „Solange ich die Treppe runterkomme“, ergänzt er lachend, sind es täglich fünf bis sechs Stunden. Das hält ihn fit und macht immer noch viel Spaß. Seit wenigen Tagen wird nun auch Enkel Jonas zum Raumausstatter ausgebildet – und natürlich wird ihm Opa Johann die ersten und–selbstverständlich!–auchwichtigsten Handgriffe beibringen. Möglicherweise sogar an der einzigen Maschine, die von Anfang an dabei war und die heute immer noch imEinsatz ist: eine 70 Jahre alte Näh- maschine.SiehtmanaufdasbiblischeAlter ihres Bedieners, ein fast junges Ding … Kontakt: Prangenberg Maler und Raumaustatter GmbH Tel. 02638/ 203 www. prangenberg.gmbh Drei Meistergenerationen in ... einem Familienunternehmen: Johann Prangenberg ist Raumausstattermeister seit 1954, Sohn Rainer (stehend links) im gleichen Handwerk seit 1982. En- kel Martin ist seit 2011 Maler- und Lackierermeister. 2014 erhielt Johann Prangenberg den Diamantenen Meisterbrief für 60 Jahre Meisterehren aus Händen des damaligen HwK-Präsidenten Werner Wittlich. Seine Ausbildung erstreckte sich über sagenhafte sieben Jahre. Nicht, weil Johann Prangen- berg (Foto) zu faul oder zu untalentiert für sein Hand- werk war, sondern weil er zwischenzeitlich im Krieg war wie auch in Gefangenschaft.

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