Handwerk Special Nr. 233 vom 28.11.2020

Tradition und Innovation im Optikerhandwerk / Digitalisierung Nr. 233 28. November 2020 www.handwerk-special.de 23 3,5 Gramm Durchblick 1947. Deutschland befindet sich im Aufbau. Stück für Stück kehrt nach dem Zweiten Weltkrieg Normalität ins Leben der Menschen zurück. VW exportiert in diesem Jahr erstmals den Käfer ins Ausland. Ganze 56 Fahrzeuge werden in die Niederlande verkauft. Und in Bad Kreuznach kommen die Gebrüder Woll auf die Idee, modische Sonnenbrillen im italienischen Stil im Spritzgussverfahren herzustellen. Sonnenbrillen im Geist von Dolce Vita? Man sollte meinen, 1947 gäbe es Dring- licheres. Doch die beiden Woll-Brüder dachtenperspektivisch.Undsolltendamit richtig liegen, denn beizeiten waren ihre SonnenbrillenschwerinMode.Denndiese kleine Form von Luxus stand – gerade für die Jugend! – auch für eine neue Zeit, für Freiheit und Lebensfreude. Innovativ waren sie dank des Spritzgussverfahrens ohnehin. 2020. Das Brillenunternehmen Woll gibt es noch immer, nur heißt es heute WB Brillenfabrik. Dabei stehen WB für Walter Bergner (großes Bild oben). Der staatlich geprüfte Augenoptikermeister kann auf viele Jahre Berufserfahrung und Unternehmertum zurückschauen. 2010 übernahmerdasTraditionsunternehmen von den Wolls und setzte eine Idee um, diemindestensgenausowegweisendund zukunftsorientiert ist, wie die 1947er-De- signer-Sonnenbrille. „Wir fertigen Brillen aus dem 3-D-Drucker, hergestellt dank neuentwickelter,patentierterTechnik.Mit Null-KontakterhaltenunsereKundeneine perfekte individuelle Brille, auch online“. DasMaterialistnachhaltigundbiokompa- tibel.WalterBergnerundseine Mitarbeiter haben ein Baukastensystem entwickelt, mit universeller Nasenpassform und verschiedenen speziellen Bügellängen als Variable. Arbeitsschutzbrillen mit kor- rigierendenGläsern,Bildschirmbrillenund ModebrillenmitGleitsicht-undEinstärken- gläsern entstehen so individuell und mit großemPreisvorteil.„Arbeitsschutzbrillen sindimmernocheinSchwerpunkt.Zuden KundengehörennamhafteUnternehmen. Dennoch lautet unser Motto: Von Hand- werkern für Handwerker“. 3,5GrammwiegteinWB-Brillengestellaus dem 3-D-Drucker, ist extrem stabil und kann in vielen Farben gestaltet werden. Die Herstellung erfolgt im europäischen Verbund. Aktuell arbeitet der pfiffige Augenopti- kermeister an der Ausweiterung seines Vertriebssystems im Internet, wird dabei durch die HwK-Digitalisierungsberater unterstützt. Künftig will er online auch bildlich darstellen, wie sich über sein Bau- kastensystemTausendeunterschiedlicher BrillenkonfigurationenganznachKunden- wunsch zusammenstellen lassen. „Der Kunde entscheidet online von zu Hause, wie die Brille aussehen soll, kann sie auch virtuell gleich anprobieren.“ Eine Brillenmanufaktur im 73. Jahr ihres Bestehens: Wenn man die Brille, ihre Gestaltung, Fertigung und den Vertrieb immer wieder ein bisschen neu erfindet, handwerkliches Können und innova- tive Ideen dazu kombiniert, entstehen Durchblicker-Geschichten wie die um Handwerksmeister Walter Bergner. Kontakt: WB Brillenfabrik www.wbbrille.de HwK-Digitalisierungsberater Die Handwerkskammer (HwK) Koblenz bietet einen umfangreichen Beratungsservice, so in der Ausbil- dung, Betriebsgründung oder -übernahme, Techno- logie oder auch Digitalisierung. Digitalisierungsberater Gusein Guseinov (Foto oben) wurde durch Walter Bergner von „WB Brillenfabrik“ (BeitragaufdieserSeite)aufVerbesserungspotentialebei digitalemVertriebundMarketingangesprochen.ZuBe- ginn der Beratung stand eine Analyse zum „Ist-Zustand und Handlungspotenzialen“. Das schloss eine Prüfung der Website und ihrer Funktionen ein, die Suchmaschi- nenoptimierung, die Verbindung aus betrieblichen AbläufenundderenDarstellung imInternet bishinzum digitalen Testlauf einer Online-Bestellung von Brillen. „Wir erschließen so gemeinsam mit den Handwerkern Potenziale und begleiten sie bei der Verbesserung digitaler Prozesse“, erklärt der Digitalisierungsberater. Kontakt: gusein.guseinov@hwk-koblenz.de Eine Brille lässt sich nicht neu erfinden? Grundsätzlich wohl kaum. Doch geht es um Details, um innovative Ideen zur Herstellung und Montage über Ländergrenzen hinweg, dann ist das möglich. Erfindergeist und Weitsicht sollte man aber mitbringen.

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