Handwerk Special Nr. 225 vom 08.12.2018

Seele in Holz eingefangen Sie ist eine Powerfrau. Mit viel Körperkraft, hand- werklichem Geschick und Kreativität schafft sie Skulpturen, Ornamente und Reliefs aus naturbe- lassenem Holz. Holzbild- hauerin Ingrid Pietsch aus Oberheimbach sieht in jedem Stamm viele Mög- lichkeiten, um daraus ein Kunstwerk zu schaffen. Ingrid Pietsch ist Künstlerin mit Stechbeitel und Schnitzmesser Verwandlungen Nachhaltigkeit in der Mode ist ihr wichtig. Der Receyc- lingaspekt beeinflusst ihre Arbeit. Inspiriert wird sie durch den Kunst- und Illustrationsbereich. Charlotte Mai Schüller aus Koblenz bestickt von Hand und digi- tal Kleidungsstücke. Die 27-Jährige macht so selbst bereits Aussortiertes zu individu- ellen Lieblingsstücken. In der Winterausstellung der Handwerks- kammer (HwK) Koblenz ist sie zum ersten Mal als Ausstellerin dabei. Sie zeigt bestickte Jeansjacken in unterschiedlichen Grö- ßen. „Ich war oft als Besucher vor Ort und finde, die Ausstellung ist ein perfektes Podium für meine Arbeit“, ist sie überzeugt. Die junge Frau hat nach dem Abitur Modedesign an der Hoch- schule in Trier studiert und den Bachelor-Abschluss gemacht. Zurzeit belegt sie den Masterstudiengang. „Modedesign in Trier zu studieren bedeutet, kreativ künstlerische Gestaltung mit handwerklichen Grundlagen zu verbinden“, sagt sie. Ihr sechs- monatiges Praktikum in einer Stickerei in London, die selbst das Königshaus zu den Kunden zählte, hat sie darin bestärkt, sich auf diesem Gebiet selbstständig zu machen. Im Januar 2019 wird sie ihre Tätigkeit mit dem Eintrag in die Handwerksrolle der HwK auf eine gute Grundlage stellen. Derzeit arbeitet sie am Aufbau ihres Internetauftritts. „Ich benötige für meine Arbeit lediglich Garn, Stickflies, Strick- maschinen und jede Menge Ideen. Letztere kommen mir in unterschiedlichen Situationen. Die von Hand geführte Stickma- schine habe ich aus London eingeführt. Der Kopf ist bereits 100 Jahre alt, nur der Motor ist neu. Sticken von Hand ist wie Malen auf Stoff“, erzählt sie. Ihre Werkstatt ergänzt eine digitale Stick- maschine. Vorerst möchte sich die junge Frau auf das Besticken von Jeansjacken konzentrieren. Diese erwirbt sie auf Flohmärk- ten oder über das Internet. Hier möchte sie die nach der Vered- lung entstandenen Einzelstücke später auch gern deutschlandweit vertreiben. Natürlich nimmt sie auch die Jacken der Kunden zur Veredelung an. Sie zeichnet Fantasie- und Wunschmotive, scan- nt sie und baut sie am Computer nach. Dann erfolgt der Übertrag auf den Stoff. „Ich bin offen für alles. Auch T-Shirts und andere Kleidungsstücke werden bestickt. Warum soll man Sachen weg- werfen, wenn man ihnen doch ein neues Gesicht geben kann“, fragt sie. Tragbar und besonders sollen ihre Kreationen sein. Charlotte Schüller wünscht sich, dass die Besucher der Win- terausstellung auf sie aufmerksam werden. Charlotte Schüller macht Lieblingsstücke Winterausstellung in der Koblenzer Galerie Handwerk Nr. 225 8. Dezember 2018 www.handwerk-special.de 5 In der Winterausstellung ist sie zum zweiten Mal dabei. Aus al- ten Fachwerkbalken hat sie zwei lebensgroße Figuren geschaffen und ihnen eine Seele gegeben. „Ich wünsche mir, meinen Be- kanntheitsgrad zu steigern und neue Kunden zu gewinnen. Das Ambiente gefällt mir sehr“, so die 46-Jährige. Ein Kunstwerk entsteht Bevor ein Objekt entsteht, schätzt sie ab, welche Dimen- sionen es haben soll, etwa eine Holzskulptur für den Wohn- bereich. Dann wählt sie ein geeignetes Stück Holz: Esche, Linde oder Eiche. Eichenholz eignet sichaufgrund seinerHärte sehr gut für den Außenbereich. Anschließend schaut sie sichdas gewählte Holzstück genau an. Sie untersucht es auf Risse oder Astlöcher. Dann überlegt sich Ingrid Pietsch, welche Mimik, welchen Gesichtsausdruck eine Figur haben soll und welche De- tails besonders herausgearbeitet werden können. Werkzeuge wie Motor- und Handsägen sowie unterschied- liche Hämmer und Beitel kom- menzumEinsatz.Nachundnach werden Gesichtszüge, Falten oder auch Reliefs herausgear- beitet. Dafür nutzt sie feinere Schnitzmesser, Hobel, Beitel oder Feilen. Je detailreicher die Figur, desto schwieriger die Arbeit. Je nach Kundenwunsch wird dieOberfläche geschliffen, gewachst, gebeizt, lasiert oder auch lackiert. IngridPietschhat einebesondere Affinität zu Holz. Ihr Vater war Forstwirt und schon als Kind hat sie mit den Geschwistern gern imWald gespielt.Während Charlotte May Schüller, Koblenz Tel. 0178/ 113 570 | charlotte.schueller@gmx.net Ingrid Pietsch, Oberheimbach Gegr. 1993 | freischaffende Bildhauerin | Tel.: 06743/ 6937 | www.holzbildhauerin-pietsch.de eines Urlaubs in Tirol wurde sie auf eine Holzschnitzerschule in Elbigenalp aufmerksam und wusste: „Das ist es“! Die vierjährige Ausbildung schloss sie mit einem Gesellenbrief als Holzbildhauerin ab. Anschlie- ßend startete sie im Heimatort in die Selbstständigkeit. „Es war ein harter Weg, Fuß zu fassen“; sagt sie. Bis heute sucht und findet sie in ihrer Werkstatt, ihre eigene Formensprache. In einemunter Denkmalschutz ste- henden Haus, das einst der Oma gehörte, schafft sie ihre Werke. Neben Holz verwendet sie auch Kupfer. Ein Materialmix, der nicht nur ihr gefällt. Das merkt sie am Kundenzuspruch auf Kunsthandwerkermärkten und in der hauseigenen Ausstellung. Dauerhaft zu sehen sind ihre Waldgeister und Porträts am Schmittenstollen bei Bad Mün- ster am Stein-Ebernburg und in der Steckeschlääferklamm bei Bingen. Stolz ist sie über ihre Schnitzereien an der Chororgel imWormser Dom und der Kon- zertorgel im Orgel Art Museum in Windesheim. „Die Seele der Menschen in verschiedenen Materialien ein- zufangen, ist die Philosophie meines Schaffens“, sagt sie. Die Besucher der Ausstellung können sich davon überzeugen. Ingrid Pietsch in ihrer Oberheimbacher Werkstatt. Weihnachtsengel von Ingrid Pietsch in der Winteraus- stellung der HwK. Charlotte Mai Schüller aus Koblenz bestickt von Hand und digital Kleidungsstücke.

RkJQdWJsaXNoZXIy NzU4Mzk=