1925: Koblenz ist Beamtenstadt mit vielen Verwaltungen und Behörden. Deren Mitarbeiter sind überwiegend Brillenträger, was das Optikergeschäft enorm belebt. Rund 50 Brillenläden gibt es in der Stadt. Auch Andreas Becker, Diplom-Optiker, gründet einen Betrieb. Der wächst rasant underweitert seinSpektrumumeinweiteres Sinnesorgan. Neben den Augen sind es die Ohren.Gut sehenundhören–dasverbindet sich seitdem unmittelbar mit dem Namen Becker. Das Geschäft befindet sich damals wie heute in der Koblenzer Schloßstraße. Konstanz – das ist Teil der inzwischen 100-jährigen Firmengeschichte. Dynamik, technischer Fortschritt, Mut zu Veränderungen und die Bereitschaft, auch mal alles kräftig umzukrempeln – auch das gehört dazu. Im Krieg zerstört, legte das UnternehmenvonAndreasBeckerundEhefrau Marga einen Neustart hin. Zeitgleich wurden dieKinder großgezogen. Zwei von ihnen, Hansherbert und Brigitte, steigen später in das Familienunternehmen ein. Nach dem Tod von Vater Andreas werden sie ab 1982 die beiden Sparten Optik und Hörakustik eigenständig weiterführen. Was daraus wurde, lässt aufhorchen. Becker Hörakustik beschäftigt heute 120 Mitarbeiter an 22 Standorten. Einer liegt sogar jenseits der Landesgrenze in Bonn. Mit der Filialisierung startete der Firmengründer bereits 1958 in Bad Ems, „der zu den Gründern des Hörakustikerhandwerks zählte“, wie seine Tochter berichtet. Über Jahre habe sich Vater Andreas für eine Anerkennung als eigenständigen Handwerksberuf eingesetzt – mit Erfolg. Längst ist das Gewerk meisterpflichtig. Brillen-Becker wird seit 2011 durch Geschäftsführer Frank Natschke geleitet, der seit 1996 im Betrieb steht. 45 Mitarbeiter an fünf Standorten zählt die Optik-Sparte. Auchwenn das einstige Familienunternehmen aufgeteilt wurde, so erklären doch alle Hauptprotagonisten im100. Jubiläumsjahr gemeinsam den Werdegang und stehen zusammen für dessen Geschichte. Brigitte Hilgert-Becker ist seit 60 Jahren treibende Kraft, die zusammen mit Sohn Dan und Tochter Eva die Becker Hörakustik leitet. Frank Natschke verantwortet Brillen Becker. Die beiden Laden-Geschäfte mit Werkstatt liegen inKoblenznebeneinander inderSchloßstraße23und25–alsodort,wo schon vor fast 100 Jahren das Becker-Logo die Fassade zierte. TraditionsverbundenistmanauchderHausbank und dem dortigen Konto: Sagenhafte drei Stellenweist dieKontonummer beider Betriebe aus! Auch das Leitbild und der Wertekodex der Gesundheitsunternehmen ist strikt ausgerichtet auf Ethik und Humanismus. Soziales Engagement zählt dazu, so bei der Hörakustik das Projekt „Hilfe für kleine Ohren“, das Kinder mit Hörverlust wieder am akustischen Leben teilnehmen lässt.„Gerade,weiloftauchschonKinderzu Brillenträgern werden, ist die Bindung der KundenanunserUnternehmenzeitlebens“, erklärtFrankNatschke.BrigitteHilgert-Beckerergänzt:„DieMenschenwerdenimmer älter und benötigen beizeiten auch eine Hörunterstützung.“ Entsprechend wächst der Kundenstamm. Die ältesten darunter sind über 100 – älter, als der Betrieb selbst. EinebeeindruckendeGeschichte, die in100 Jahren geschrieben wurde. Und die längst noch nicht zu Ende ist. Kontakt: Becker Hörakustik oHG Tel. 0261 350 50 www. beckerhoerakustik. de Der Name Becker ist in Koblenz eng verbunden mit zwei Hauptsinnesorganen – und das seit 100 Jahren! Heute gibt es neben Koblenz Filialen in 21 Orten. Das Handwerk in der Nachkriegszeit Zwei Jahre nach seinem Ende waren die Auswirkungen des ersten Weltkriegs auf das Handwerk im Koblenzer Kammerbezirk noch immer dramatisch und belastend. Mehr als 8.000 Handwerker waren zum Militärdienst eingezogen worden, 5.000 Betriebe mussten ihren Betrieb einstellen. Tote, Verletzte undGefangene waren infolge des Krieges zu beklagen. Mit 16.648 eingetragenen Betrieben, die gerade noch 2.940 Lehrlinge ausbildeten, wurde in der noch jungen, 20-jährigen Kammergeschichte ein neuer Negativrekord erreicht. Die Besetzung des Rheinlands durch amerikanische und französische Truppen verschärfte die Krise zusätzlich. Die Rohstoffversorgung wurde unterbunden, Verkehrswege gekappt. DieWirtschaftsverwaltung in der Besatzungszone wurdeder InteralliiertenRheinland-Kommissionunterstellt. Diesen schwierigen Rahmenbedingungen setzte die Handwerkskammer eine Schärfung als Interessensvertretung des heimischen Handwerks entgegen – durchaus erfolgreich, denn laut einem Bericht der Vollversammlung war das Jahr 1920 geprägt durch einen regelrechten Ansturm der Handwerksmeister auf die Geschäftsstelle der Handwerkskammer. In einigen Regionen des Kammerbezirks stieg der Organisationsgrad selbstständiger Handwerker auf sagenhafte 100 Prozent, darunter Koblenz-Stadt und der Kreis Altenkirchen. In Folge der sich verbessernden Situation im Handwerk stiegen 1920 auch wieder die Zahlen der Meisterschüler. Mit 514 Teilnehmern wurden sogar die Vorkriegszahlen übertroffen! Probleme bereitete ein steigendes Angebot billiger Konkurrenzprodukte aus der Industrie und deren Vertrieb über Konsumvereine. „Das Handwerk muss umdenken und rationeller einkaufen und produzieren“, mahnte der damalige hauptamtlicheKammerverantwortliche,HeinrichOtto.Doch schonbaldwurdendieweiterenPlanungenoderHoffnungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung begraben. Inflation und Geldentwertung prägten das öffentliche Leben wie die Wirtschaft. Und auch die Kammer geriet in die Turbulenzen der galoppierenden Inflation. Das Papiergeld wies in kürzester Zeit Zahlen aus, die bis dahin kaum einer kannte. Kostete ein 1.000-Gramm-Brot im Mai 1923 knapp 500 Mark, wurden dafür im Juli bereits über 2.000 Mark fällig. Anfang Oktober waren es gar 14 Millionen, einen Monat später sagenhafte 5 Milliarden Mark. Die Planbarkeit eines Haushalts war unter diesen Bedingungen schwierig bis unmöglich. Was sich auswirkte auf den Dienstbetrieb der Handwerkskammer und ihre Leistungen. Ein Notbetrieb wurde eingeführt, Prüfungs- und Fachkurse eingestellt. Gestern kalkuliert, waren ihre Teilnahmegebühren am nächsten Tag nicht mehr das Blatt Papier ihrer Notiz wert. Und doch hatte die katastrophale Lage sogar einen positiven Nebeneffekt: Die Hypothek auf das 1909 eingeweihte Kammergebäude in der Rizzastraße in Höhe von 80.000 Mark konnte problemlos abbezahlt werden. Der Vermögensstand materieller Werte erreichte so schlagartig das Vorkriegsniveau. Mutigwar dieEntscheidungderKoblenzerHandwerkskammer, in dieser Phase eine eigene Zeitung zu gründen. Im Sommer 1921erschienenzumerstenMal die „Gewerblichen Nachrichten“ mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren. Das regelmäßig erscheinende Blatt wurde allen bei der Kammer gemeldetenBetriebenkostenlos zugeschickt – eine logistischeMeisterleistung, denneinHandwerksregister gab es mit der Handwerksrolle erst ab 1929. Diese erste Handwerkszeitung für Mitglieder gibt es mit UnterbrechungenundNamensänderungenbis zumheutigen Tag. Im Verbund gründeten mehrere Handwerkskammern – darunter Koblenz – eine eigene Verlagsanstalt, die das „Deutsche Handwerksblatt“ herausgibt. Gut sehen und hören Jahr 1920 08 Brigitte Hilgert- Becker (Mitte) leitet mit Sohn Dan und Tochter Eva Keil-Becker (rechts) das Unternehmen Becker Hörakustik, Frank Natschke (links) ist Geschäftsführer von Brillen Becker. Kontakt: Brillen Becker GmbH Tel. 0261 2016 550 www.brillen-becker. com
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