Schwerpunktthema: Grund zum Feiern 250 Ausgaben „Handwerk Special“, 125 Jahre Handwerkskammer Koblenz HANDWERK SPECIAL 250 17. Mai 2025 www.handwerk-special.de Handwerkskammer Koblenz and r s Ko l
„Nicht jeder kann alles werden, aber jeder kann seine Leidenschaft finden.“ Matthias Steffens Schreinermeister Erfahre mehr über Matthias im RHODIUS Podcast. Überall wo es Podcasts gibt oder QR-Code scannen!
Gute Gründe zum Feiern ... Vor 125 Jahren wurde unsere Handwerkskammer gegründet und wir laden Sie anlässlich dieses runden Geburtstages zu einer Zeitreise ein, beleuchten wichtige Meilensteine in der Kammer-Geschichte, die natürlich eng mit dem Handwerk in der Region verbunden ist. Und auch unser Magazin Handwerk Special feiert Jubiläum! Im Januar 1988 erschien es erstmalig, mit der vorliegenden Publikation nun zum 250. Mal. Es ist eine Koproduktion zwischen Handwerkskammer und Mittelrhein-Verlag, die nun schon 37 Jahre erfolgreich besteht und sich kontinuierlich weiterentwickelt hat. Auf der Nachbarseite 5 erfahren Sie einiges zu den Hintergründen. Gemeinsam haben wir, die Kollegen um Geschäftsführer Evangelos Botinos von der rz-media und die Redaktion unserer HwK-Pressestelle, überlegt, wie sich eine ansprechende Jubiläumsausgabe gestalten lässt. Das wurde offensichtlich gut vorbereitet und auch hervorragend mitgetragen durch Anzeigenkunden, denn letztendlich sind 72 spannende Seiten entstanden. Es ist damit die drittstärkste Ausgabe, die jemals hergestellt wurde. Allen, die sich hier eingebracht haben, sage ich herzlichen Dank dafür! Beim Durchblättern werden Sie feststellen: es ist wirklich ein buntes Potpourri entstanden, das die Vielseitigkeit des Handwerks, die extreme Bandbreite handwerklichen Könnens durch ganz unterschiedliche Menschen beschreibt. Wir haben es eingebettet in die historische Darstellung von 125 Jahren Handwerkskammer Koblenz, die gegründet wurde in einer Zeit, als man „Coblenz“ noch mit „C“ schrieb. Schon das gibt einen dezenten Hinweis darauf: es ist einiges passiert und vieles hat sich verändert. Was aus Sicht des Handwerks nicht nur wichtig, sondern ein Stück weit sogar überlebenswichtig war! Denn das Handwerk stand vor 125 Jahren gar nicht gut da. Die politischen Entscheidungen der vorangegangenen Jahre und schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen hatten dafür gesorgt, dass das Handwerk aufgrund mangelnder Qualifikation, schlechter Qualität und fehlender Organisation Richtung Untergang steuerte. In dieser kritischen Lage wurde die Gründung von Handwerkskammern aus dem Handwerk heraus gefordert und nach einem nicht einfachen Weg parlamentarisch-politisch umgesetzt. Sehen wir auf die folgenden Entwicklungen, scheint diese Idee einer Wiederbelebung handwerklicher Wirtschaftskraft nicht die schlechteste gewesen zu sein. Denn trotz zweier Weltkriege, der Weltwirtschaftskrise oder einer Hyperinflation gelang ein beeindruckender Aufstieg aus dieser katastrophalen Ausgangslage als Stunde Null. Welche EckHauptgeschäfts- führer Ralf Hellrich Kontakt: Handwerkskammer Koblenz Tel. 0261 398 108 ralf.hellrich@hwkkoblenz.de Impressum: V.i.S.d.P.: Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich Redaktion / Layout: Jörg Diester, Denise Nuß, Dagmar Schweickert / Mitarbeiter dieser Ausgabe: Klaus Herzmann, Ilka Hölz Fotos: wie an Fotos gekennzeichnet / HwK Koblenz Herausgeber: Handwerkskammer Koblenz, Friedrich-EbertRing 33, 56068 Koblenz, Tel. 0261 398-160, in Verbindung mit dem Mittelrhein-Verlag Koblenz Anzeigen: rz Media GmbH, August-Horch-Str. 28, 56070 Koblenz, Evangelos Botinos (verantwortlich) Techn. Herstellung: Industrie Dienstleistungsgesellschaft mbH, 56070 Koblenz punkte, Meilensteine, Rückschläge und Erfolge in diesen 125 Jahren stecken, haben wir kurzweilig, unterhaltsam und informativ zusammengestellt. Ich nehme es vorweg: es ist vieles zum Schmunzeln dabei! Und natürlich fehlen die vielen großen und kleinen Geschichten aus den Handwerksbetrieben unseres Kammerbezirks nicht. Der älteste in dieser Ausgabe wird 2026 sein 400-jähriges Bestehen feiern können! Auch junge Menschen, die 500 Jahre alte Handwerkstraditionen pflegen, stellen wir in dieser Jubiläumsausgabe vor. Und natürlich gibt es Ausblicke auf das, was vor uns als Kammer wie auch vor den Handwerksbetrieben liegt. Denn das, was wir heute gestalten, ist Teil der Geschichte von morgen. Es war schon immer Sache des Handwerks, das selbst in die Hand zu nehmen! Ihr Seite 14/15 Metallbearbeitung ist bei Kehls seit 399 Jahren Familiensache! Seite 18 bis 38 Kammer- Geschichte(n) der Jahre 2001 bis 2025 Seite 6 bis 18 Die Geschichte der Handwerkskammer Koblenz von 1900 bis 2000 04 aus dem Inhalt Seite 42/43 Junge Hand- werker traditionsbewusst auf dem Weg in die Zukunft
250 Ausgaben in 37 Jahren Es steht für Kontinuität wie auch für langlebige Qualität, wenn sich 37 Jahre nach diesem Termin sowohl das Magazin als auchdas durch einenArchitektengeplante und von einemhandwerklichenBauunternehmen, beide aus der Region, errichtete Haus noch immer in Topform präsentiert. Eine kleine Zeitreise klärt auf: „Handwerk Special“ erschien am 28. Januar 1988 erstmals und galt deutschlandweit als Premiere wie auch „Experiment“. Die Zusammenarbeit einer Handwerkskammer mit einer Tageszeitung über ein gemeinsamherausgegebenesMagazinwar neu. Redaktionell stand (und steht) die Handwerkskammer Koblenz in Verantwortung, den Anzeigenbereich wie auch dieHerstellungundVerbreitungübernahm (und übernimmt) der Mittelrhein-Verlag über die „Rhein-Zeitung“. 16 Seiten stark war die Startausgabe. Eine neue Form der handwerklichen Außendarstellung sowohl gegenüber den Verbrauchern, aber auch gegenüber der Industrie und der Politikwurden alsMotiv für die Magazin-„Erfindung“ genannt. Wie lange dieses Medium seinen Zweck erfüllen würde, war indes völlig unklar. Weder eine vertraglich zugesicherteLaufzeit war geregelt noch Erfolgskriterien für die Fortsetzung dieser Zusammenarbeit. Dochgenaudarin lagderSchlüssel: „Handwerk Special“ musste aus sich heraus wachsen und seinen Platz finden – bei den Lesern, aber auchbei denAnzeigenkunden als wichtige Säule der Finanzierung. Es mussten also Inhalte her, die alle Seiten überzeugen würden. DasHandwerk bot (und bietet) sie.Mit authentischenReportagenaus denBetrieben, die mit ihren Leistungen genug Stoff für Berichtemitbringen,mit Charakterköpfen wie auch Hintergründen, die so niemand zu sehen bekommt. Im Laufe der Jahre wurden über 6.500 Handwerksbetriebe aus dem Kammerbezirk portraitiert – ein kostenloser Service, denn die Redaktionsarbeit der HwK-Pressestelle ist für die vorgestelltenUnternehmen unentgeltlich. Mit Heft 57 bot die HwK ab September 1997 neben der Print- auch die Digitalausgabe unterwww.handwerk-special.de. Dem„Experiment“von1988 folgend, liegt nun die 250. Ausgabe vor. Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte, geschrieben durch das Handwerk! Titel Nr. 1 und die Story dahinter Schwerpunktthema der ersten Ausgabe war handwerklicher Neu-, Aus- und Umbau. Dafür wurden mehrere Titelfotos produziert, schließlich das der Familie Schwamm ausgewählt. Das Bauunternehmen Mertgen aus Straßenhaus und das ArchitekturbüroHeinrich aus Bendorf standen hinter dem Neubauprojekt inNeuhäusel.DamalswarendieKindervon Manfred und Manuela Schwamm 6 und 2 Jahre alt. 2008 dann ein Wiedersehen mit der Familie (Bild oben). Die Kinder studierten inzwischen, doch das Haus war immer nochzentralerDreh- undAngelpunkt derFamilie.Dienoch immer dort wohnt, denn das aktuelle (große) Bild zeigt die Bauherren von einst genau dort, wo sie 37 Jahre vorher mit einem Übersichtsplan in Händen und den Kindern an der Seite abgelichtetwurden.Was handwerklich entstand, überzeugt sie noch immer dank Top-Qualität. Im Januar 1988 erschien erstmals das Magazin „Handwerk Special“ – mit Familie Schwamm vor ihrem Hausneubau auf dem Titel. 05 Wissenswertes Handwerk Special erschien bisher mit 7.470 Seiten. Mit der vorliegenden Jubiläumsausgabe 250 sind es 7.542. Dafür wurden rund 80.000 Beiträge geschrieben, allein 6.500 nach Besuchen in Handwerksbetrieben. Damit ist das Magazin in 37 Jahren zu einer beeindruckenden Chronik gewachsen. Bemerkenswert: alle bisher produzierten Ausgaben mit einer vollständigen Seitensammlung liegen im Archiv der Handwerkskammer vor. Seit 1997 gibt es eine Online-Ausgabe: www. handwerk-special.de
Die Firma Audi kennt heute jedes Kind. Dass der Ursprung der weltberühmten Marke und ihrer legendären vier Logo-Ringe inWinningen anderMosel liegt, ist außerhalbdesKammerbezirksderHwK Koblenz kaum bekannt. Der Gründer des Unternehmens war August Horch, dessen NachnameaufLateinAudi –„horch, höre!“ – heißt. Bis zu dieserNamensgebung hatte August Horch einen außergewöhnlichen Lebensweg hinter sich. Nach der Schule begann er im Heimatort Winningen eine Lehre in der Schmiede seines Vaters. Mit knapp16Jahrenginger,wiedamalsüblich, alsGeselleaufWanderschaft.Währendder jahrelangen Handwerksreise sprach er „in allenSchmiede- undSchlosserwerkstätten vor, denn es war ja der Sinn dieser Wanderschaft,Arbeit zu suchenundzu lernen.“ Das war gleichzeitig der „Motor“, der den jungenAugustHorchbei seinenReisenbis nach Ungarn und Rumänien antrieb. Die Erfahrungen, die er unter anderem beim Bau einer Eisenbahnstrecke sammelte, nährtendenWunsch, Ingenieur zuwerden. Er studierte in Mittweida Technik und Maschinenbau und arbeitete ab 1896 als Ingenieur bei Carl Benz & Co. in Mannheim, wo die erstenMotorwagen der Welt entstanden. Da war Horch längst Experte für Automotoren. 1899 lieh er sich 3.000 Mark als Startkapital und gründete sein eigenes Unternehmen A. Horch & Cie. in Köln. In einemehemaligenStall reparierte er zunächst Motoren und im Dezember 1900präsentierte er seinerstesAutomobil: Den Horch 1 mit zwei Zylindern und vier bis fünf PS (siehe Bild oben mit August Horch am Steuer), ausgestattet unter anderem mit Kerzenlaternen einer Kutsche. EinUnternehmer inGera erkannteHorchs Fähigkeiten und ermöglichte es ihm, in einer ehemaligenSpinnerei beiReichenbach in Sachsen Zwei- und Vierzylinderwagen zu produzieren. Zwei Jahre später ging es in Zwickau weiter. 1909 verließ Horch sein Unternehmen und gründete die Audi Automobilwerke GmbH. 1918 folgte die Umbenennung in Horchwerke AG Zwickau. 1932 entstand in Chemnitz die Auto Union AG, in der sich die Marken Audi, DKW, Horch und Wanderer vereinigten. Die vier Ringe im Audi-Emblem erinnern an die unauflösbare Einheit der Gründerfirmen.AnAugustHorch erinnert bis heute seine Heimatstadt Winningen: Seit 1949 ist er Ehrenbürger, es gibt eine Horch-Ausstellung im Ortsmuseum, eine Straße sowie eine Sporthalle tragen seinen Namen – und die Ausbildungswerkstätten der HwKKoblenz für Kfz-Mechatroniker befinden sich passenderweise in der August-Horch-Straße. Eine Geschichte über Horchs Urenkel, Kfz-Mechatronikermeister Michael Müller, gibt es auf Seite 69. Kontakt: Audi AG Tel. 0841 890 www.audi.de Weitere Infos: www.audi- mediacenter.com/ de/pressemitteilungen/ganz-grosseoper-zum-jubilaeumneue-audi-traditionausstellung-zu-125jahre-horch-16045 Der Schmied August Horch aus Winningen sorgte 1900 mit dem Horch 1 für Mobilität. Mit 4 PS ins 20.Jahrhundert Fotos: Audi AG Jahr 1900 06 Wie alles begann: der Weg hin zur „Handwerkskammer zu Coblenz“ im Jahr 1900 Das Handwerk im Rheinland wie im Raum Koblenz um das Jahr 1815: Die von der Verwaltung mit harten Maßnahmen durchgesetzte Gewerbefreiheit bewirkte, dass die Handwerkerschaft fast überall im linksrheinischen Raum ihre rechtlichen und politischenVertreter verlor. Die Zünfte desHandwerkswurdenverbotenwie auchdieDurchführung von Meister- oder Gesellenprüfungen. Ein Niedergang des Handwerks erschienmit diesenVorzeichenunabwendbar… Die Entwicklung des Handwerks hin zum Jahr 1900 und damit zur Gründung einer Handwerkskammer: sie ist durch viele Faktoren geprägt und reichte von wirtschaftlichen Nöten über politische Entscheidungen zum Nachteil des Handwerks, einerWellederAb-undAuswanderung, schlecht qualifizierten Handwerkern bis hin zu fehlenden Standards bei der Ausführung von Arbeiten. In der Folge ergaben sich zunehmend Lücken und Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung. Das bildeten auch Zahlen eindeutig ab: Gab es 1850 unter 1.000Koblenzer Einwohnern rein rechnerisch 87 Handwerker, waren es 1900 gerade noch 34! Es musste also etwas geschehen, um diese Entwicklung zu stoppen. Das Handwerk selbst forderte eine neue rechtliche Ordnung – auch und gerade gegenüber der Politik. Neue Rahmenbedingungen mussten her und mündeten schließlich in eine überarbeitete Gewerbeordnung. Die wurde am 26. Juli 1897 im Deutschen Reichstag verabschiedet und sah eine deutliche Aufwertung des Handwerks vor, das ähnlich wie bereits die Industrie, der Handel und in Teilen die Landwirtschaft eine eigene Vertretungs- und Verwaltungseinrichtung erhalten sollte. Auch die Aufgaben der neu zu schaffenden Handwerkskammern wurde klar definiert. Dazu zählt bis heute das Lehrlingswesen, dieFörderungdesHandwerks, dieBeratung der Behörden imUmgangmit Betrieben desHandwerks, die Bildung von Ausschüssen zur Abnahme der Gesellenprüfung. Auch die „Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen Ausbildung der Meister, Gesellen und Lehrlinge“ wurden genannt und den Handwerkskammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts Hoheitsaufgaben übertragen. Ebenso fielen den Kammern die Ausgestaltung und Abnahme von Meister- und Gesellenprüfungen zu. Für die neuen Handwerkskammern in Deutschland – es wurdenzunächst 71gebildet –bedeutetedas,Verantwortung zu übernehmen und die politischen Vorgaben umzusetzen. Bei all dem spielten natürlich auch eigene Interessen des Handwerks eine zentrale Rolle. Und so wurde das Kammerwesen auf eine demokratische Basis gestellt und zum Jahreswechsel 1899/1900 fanden in Koblenz die ersten Wahlen zur Vollversammlung statt. Der Kammerbezirk erhielt einen Zuschnitt, der in seinen Grundzügen dem Regierungsbezirk Koblenz entsprach. Ungewöhnlich und heute kaum noch bekannt: auch eine territoriale Exklave gehörte mit dem Kreis Wetzlar dazu. Diese „Insellösung“ ergab sich aus „althergebrachten, durch historische und wirtschaftliche Momente begründete und gerechtfertigte Zugehörigkeit des Kreises Wetzlar zur preußischenRheinprovinz“unddamit zumRegierungsbezirk Koblenz. Erst 1932 wurde das hessische Wetzlar der Handwerkskammer Wiesbaden zugeordnet. Mit Gründung der HwK fehlten aber auch Gebiete, die später dem Koblenzer Kammerbezirk zugeteilt wurden. Zum 1. April 1900 wurden alle imGewerbegesetz von 1897 verankertenRegelungenundBestimmungen inKraft gesetzt. Als offizielles Gründungsdatum der heutigen Handwerkskammer Koblenz gilt der 18. April 1900. An diesem Tag fand die erste Sitzung der Vollversammlung der „Handwerkskammer zu Coblenz“ statt. Zum Präsidenten wurde BäckermeisterAntonNeidhöfergewählt.Diehauptamtlichen Aufgaben übernahm Gustav Koepper. Der erste Sitz in der Koblenzer Schloßstraße 38war gemietet. DieKammer hatte einen hauptamtlichen Leiter und vier Schreibkräfte.
Asbach im Westerwald vor 100 Jahren: Unter der Adresse Bahnhofstraße 3 findet sicheineinzelnstehendesHaus, verziertmit einer riesigen, vor der Fassade hängenden Uhr. Hier lebt und arbeitet die Familie Feis. Uhrmacher Nikolaus Feis gründete das Geschäft 1902, zunächst inder benachbarten Hauptstraße. Doch bereits zu Beginn seiner Geschichte zog der Betrieb um in die Bahnhofstraße – und ist dort bis zum heutigen Tag. Vieles hat sich in den mehr als 100 Jahren verändert, manches blieb. So ist dieehemaligeEisenbahntrassehinter demFeis´schenHaus, diederBahnhofstraße ihrenNamengab, längstVergangenheit. Doch die große, frei hängende Uhr, ist geblieben. Insgesamt präsentiert sich das Gebäude fast so wie damals, auch wenn es nicht mehr freisteht, sondern Teil einer Häuserzeile ist. Drei Generationen Feis prägten dieUnternehmenshistorie. Seit 2022 ist aber auch das Geschichte und mit Tatjana Thrun übernahm eine gebürtige Neusserin den Traditionsbetrieb. Sie baute ihn um wie auch aus. Es war durchaus mutig, mitten inderCorona-Zeit indieSelbstständigkeit zu starten. „Damalswarenwir zweiMitarbeiter“, erzählt sie. Inden laufendenAlltag hinein wurde der gesamte Verkaufs- und Beratungsbereich komplett umgebaut, die Mitarbeiterzahl aufgestockt. Heute, drei Jahre später, sind es neun Mitarbeiter, darunter drei Lehrlinge. Neben dem Augenoptiker- sowie Uhrmachermeisterhandwerk will Tatjana Thrun künftig auchGoldschmiedearbeitenanbieten.Drei traditionelleHandwerksberufeunter einem Dach – so lautet der Plan. Der ganz sicher aufgehenwird, dennschaut man auf den Lebensweg der 33-jährigen Tatjana, ist der über seine Stationen nicht von Zufällen geprägt sondern eher von Zielstrebigkeit. Die Augenoptikerin und Optometristin ist seit 2019Handwerksmeisterin, arbeitete einige Jahre bei der Kette Fielmann, wechselte dann in den medizinischen Bereich an die Universitätsklinik Bonn. Unternehmerischwie auch fachlich konnte sie so wichtige Erfahrungen sammeln, bevor sie 2022 von der Übergabe eines alteingesessenen Optikergeschäfts Kontakt: Feis Optik-UhrenSchmuck e.K. Tel. 02683 4573 www.feis.de Tatjana Thrun (2.v.l.) hat vor drei Jahren einen Asbacher Familienbetrieb mit 120-jähriger Geschichte übernommen – und neu belebt. Die ersten Immobilien der Handwerkskammer Mit Gründung der Handwerkskammer wurde eine angemietete Geschäftsstelle in der Schloßstraße 38 betrieben, die bereits 1903 in den damaligen Kaiser-Wilhelm-Ring 36 (heute Friedrich-Ebert-Ring) wechselte. Damit war die Kammer nur wenige Meter vom heutigen Standort mit der Hausnummer 33 entfernt zur Miete einquartiert. Der hintere Teil des Rings Richtung Rhein war zu dieser Zeit noch nicht bebaut, was in der näheren Zukunft noch eine Rolle spielen sollte. Denn schon bald wurde der Wunsch des organisierten Handwerks nach eigenen Immobilien weg von der Miete geäußert. Als dann Bauplätze imKaiser-Wilhelm-Ring und inder benachbartenRizzastraße angebotenwurden, standdie Entscheidung der HwK-Vollversammlung fest: es werden eigene Immobilien geplant und auf HwK-Grundstücken errichtet. Bis 1910 war der erste Bau in der Rizzastraße bezogen. Im Untergeschoss boten Büroräume und ein Sitzungssaal Platz für das Kammerleben, in den zwei Ebenen darüber wurden Wohnräume eingerichtet, unter anderem für hauptamtliche Mitarbeiter. Quasi über den Hof dieses ersten Kammergebäudes sollte ein weiteres entstehen – die heutige Zentrale im Friedrich-Ebert-Ring. Doch parallel zur Baumaßnahme Rizzastraße gab es ein weiteres, durchaus prestigeträchtiges wie ehrgeiziges Immobilienprojekt. In Traben-Trarbach an der Mosel sollte in einemSeitental amKautenbacheinHandwerker-Erholungsheim entstehen. Dafür gründeten elf Handwerkskammern unter Vorsitz des zweiten Koblenzer Kammerpräsidenten BäckermeisterHeinrichMüller den„VereinHandwerker-Erholungsheime.V.“. 1913wurdedasHeiminwunderschöner, ruhiger Landschaftmit seinen43Zimmernund insgesamt 50 Betten eröffnet. Doch allzu lange hatte das Handwerk keine Freude an seiner Immobilie, die in zwei Weltkriegen auch Lazarett war und nach Kriegsende 1945 von den Alliierten genutztwurde. Teil derGeschichtediesesObjekts ist es auch, dass mit dem Aufbau deutscher NATO-Fernmeldetruppen die ehemalige Handwerksliegenschaft als „Wildstein-Kaserne“ umgenutzt wurde. Da oberirdisch und im Kriegsfall ungeschützt, wurde für diese Spezialeinheit ein Bunker in Traben-Trarbach gebaut und 1979 an die Bundeswehr übergeben. 2019machtediese inzwischenaneinenholländischen IT-Betreiber verkaufte Anlage weltweit als Cyber-Bunker der Darknet-Szene Schlagzeilen. Eine Liegenschaft und ihre wechselhafte Geschichte, auf die das Handwerk ab der NS-Zeit keinen Einfluss mehr hatte. Und auchdas erste kammereigeneGebäude inderRizzastraße blieb vom Krieg nicht verschont. Durch Bombentreffer wurde nicht nur das Haus zerstört, sondern auch die darin eingelagerte Handwerksrolle. Damit ging einwichtiger Teil derKammer- undHandwerksgeschichteverloren. Immerhin: das Haus wurde an gleicher Stelle später neu errichtet und wird durch die HwK noch immer genutzt. Insgesamt verfügt die Handwerkskammer Koblenz heute in Koblenz, Bad Kreuznach, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Cochem, Herrstein, Rheinbrohl, Simmern und Wissen über 15 Objekte für Aus- undWeiterbildung, Qualifizierung und Schulung, Beratung und Verwaltung. Geschichte tickt seit 1902 Der auf der linken Seite noch nicht bebaute Kaiser-Wilhelm-Ring in Koblenz im Jahr 1905: ab 1924 entsteht dort als Nummer 33 die Kammerzentrale. in Asbach erfuhr. „Mit demEigentümer Klaus Feis war ich ziemlich schnell auf einer Wellenlänge und er wusste das Familienwerk in guten Händen.“ Gefragt sind nicht nur die Leistungen des Betriebs, sondern auch die Ausbildung darin: mit den Uhrmacherlehrlingen Jan und Florian sind zwei Jugendlichevonweither indenWesterwald gezogen, umhier ihre Lehre zu absolvieren. Damit schreiben sie nun als jüngsteMitarbeitergeneration mit an einer 123-jährigen Erfolgsgeschichte… die in manchen Bereichen gerade erst anfängt. 07 Jahr 1910
1925: Koblenz ist Beamtenstadt mit vielen Verwaltungen und Behörden. Deren Mitarbeiter sind überwiegend Brillenträger, was das Optikergeschäft enorm belebt. Rund 50 Brillenläden gibt es in der Stadt. Auch Andreas Becker, Diplom-Optiker, gründet einen Betrieb. Der wächst rasant underweitert seinSpektrumumeinweiteres Sinnesorgan. Neben den Augen sind es die Ohren.Gut sehenundhören–dasverbindet sich seitdem unmittelbar mit dem Namen Becker. Das Geschäft befindet sich damals wie heute in der Koblenzer Schloßstraße. Konstanz – das ist Teil der inzwischen 100-jährigen Firmengeschichte. Dynamik, technischer Fortschritt, Mut zu Veränderungen und die Bereitschaft, auch mal alles kräftig umzukrempeln – auch das gehört dazu. Im Krieg zerstört, legte das UnternehmenvonAndreasBeckerundEhefrau Marga einen Neustart hin. Zeitgleich wurden dieKinder großgezogen. Zwei von ihnen, Hansherbert und Brigitte, steigen später in das Familienunternehmen ein. Nach dem Tod von Vater Andreas werden sie ab 1982 die beiden Sparten Optik und Hörakustik eigenständig weiterführen. Was daraus wurde, lässt aufhorchen. Becker Hörakustik beschäftigt heute 120 Mitarbeiter an 22 Standorten. Einer liegt sogar jenseits der Landesgrenze in Bonn. Mit der Filialisierung startete der Firmengründer bereits 1958 in Bad Ems, „der zu den Gründern des Hörakustikerhandwerks zählte“, wie seine Tochter berichtet. Über Jahre habe sich Vater Andreas für eine Anerkennung als eigenständigen Handwerksberuf eingesetzt – mit Erfolg. Längst ist das Gewerk meisterpflichtig. Brillen-Becker wird seit 2011 durch Geschäftsführer Frank Natschke geleitet, der seit 1996 im Betrieb steht. 45 Mitarbeiter an fünf Standorten zählt die Optik-Sparte. Auchwenn das einstige Familienunternehmen aufgeteilt wurde, so erklären doch alle Hauptprotagonisten im100. Jubiläumsjahr gemeinsam den Werdegang und stehen zusammen für dessen Geschichte. Brigitte Hilgert-Becker ist seit 60 Jahren treibende Kraft, die zusammen mit Sohn Dan und Tochter Eva die Becker Hörakustik leitet. Frank Natschke verantwortet Brillen Becker. Die beiden Laden-Geschäfte mit Werkstatt liegen inKoblenznebeneinander inderSchloßstraße23und25–alsodort,wo schon vor fast 100 Jahren das Becker-Logo die Fassade zierte. TraditionsverbundenistmanauchderHausbank und dem dortigen Konto: Sagenhafte drei Stellenweist dieKontonummer beider Betriebe aus! Auch das Leitbild und der Wertekodex der Gesundheitsunternehmen ist strikt ausgerichtet auf Ethik und Humanismus. Soziales Engagement zählt dazu, so bei der Hörakustik das Projekt „Hilfe für kleine Ohren“, das Kinder mit Hörverlust wieder am akustischen Leben teilnehmen lässt.„Gerade,weiloftauchschonKinderzu Brillenträgern werden, ist die Bindung der KundenanunserUnternehmenzeitlebens“, erklärtFrankNatschke.BrigitteHilgert-Beckerergänzt:„DieMenschenwerdenimmer älter und benötigen beizeiten auch eine Hörunterstützung.“ Entsprechend wächst der Kundenstamm. Die ältesten darunter sind über 100 – älter, als der Betrieb selbst. EinebeeindruckendeGeschichte, die in100 Jahren geschrieben wurde. Und die längst noch nicht zu Ende ist. Kontakt: Becker Hörakustik oHG Tel. 0261 350 50 www. beckerhoerakustik. de Der Name Becker ist in Koblenz eng verbunden mit zwei Hauptsinnesorganen – und das seit 100 Jahren! Heute gibt es neben Koblenz Filialen in 21 Orten. Das Handwerk in der Nachkriegszeit Zwei Jahre nach seinem Ende waren die Auswirkungen des ersten Weltkriegs auf das Handwerk im Koblenzer Kammerbezirk noch immer dramatisch und belastend. Mehr als 8.000 Handwerker waren zum Militärdienst eingezogen worden, 5.000 Betriebe mussten ihren Betrieb einstellen. Tote, Verletzte undGefangene waren infolge des Krieges zu beklagen. Mit 16.648 eingetragenen Betrieben, die gerade noch 2.940 Lehrlinge ausbildeten, wurde in der noch jungen, 20-jährigen Kammergeschichte ein neuer Negativrekord erreicht. Die Besetzung des Rheinlands durch amerikanische und französische Truppen verschärfte die Krise zusätzlich. Die Rohstoffversorgung wurde unterbunden, Verkehrswege gekappt. DieWirtschaftsverwaltung in der Besatzungszone wurdeder InteralliiertenRheinland-Kommissionunterstellt. Diesen schwierigen Rahmenbedingungen setzte die Handwerkskammer eine Schärfung als Interessensvertretung des heimischen Handwerks entgegen – durchaus erfolgreich, denn laut einem Bericht der Vollversammlung war das Jahr 1920 geprägt durch einen regelrechten Ansturm der Handwerksmeister auf die Geschäftsstelle der Handwerkskammer. In einigen Regionen des Kammerbezirks stieg der Organisationsgrad selbstständiger Handwerker auf sagenhafte 100 Prozent, darunter Koblenz-Stadt und der Kreis Altenkirchen. In Folge der sich verbessernden Situation im Handwerk stiegen 1920 auch wieder die Zahlen der Meisterschüler. Mit 514 Teilnehmern wurden sogar die Vorkriegszahlen übertroffen! Probleme bereitete ein steigendes Angebot billiger Konkurrenzprodukte aus der Industrie und deren Vertrieb über Konsumvereine. „Das Handwerk muss umdenken und rationeller einkaufen und produzieren“, mahnte der damalige hauptamtlicheKammerverantwortliche,HeinrichOtto.Doch schonbaldwurdendieweiterenPlanungenoderHoffnungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung begraben. Inflation und Geldentwertung prägten das öffentliche Leben wie die Wirtschaft. Und auch die Kammer geriet in die Turbulenzen der galoppierenden Inflation. Das Papiergeld wies in kürzester Zeit Zahlen aus, die bis dahin kaum einer kannte. Kostete ein 1.000-Gramm-Brot im Mai 1923 knapp 500 Mark, wurden dafür im Juli bereits über 2.000 Mark fällig. Anfang Oktober waren es gar 14 Millionen, einen Monat später sagenhafte 5 Milliarden Mark. Die Planbarkeit eines Haushalts war unter diesen Bedingungen schwierig bis unmöglich. Was sich auswirkte auf den Dienstbetrieb der Handwerkskammer und ihre Leistungen. Ein Notbetrieb wurde eingeführt, Prüfungs- und Fachkurse eingestellt. Gestern kalkuliert, waren ihre Teilnahmegebühren am nächsten Tag nicht mehr das Blatt Papier ihrer Notiz wert. Und doch hatte die katastrophale Lage sogar einen positiven Nebeneffekt: Die Hypothek auf das 1909 eingeweihte Kammergebäude in der Rizzastraße in Höhe von 80.000 Mark konnte problemlos abbezahlt werden. Der Vermögensstand materieller Werte erreichte so schlagartig das Vorkriegsniveau. Mutigwar dieEntscheidungderKoblenzerHandwerkskammer, in dieser Phase eine eigene Zeitung zu gründen. Im Sommer 1921erschienenzumerstenMal die „Gewerblichen Nachrichten“ mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren. Das regelmäßig erscheinende Blatt wurde allen bei der Kammer gemeldetenBetriebenkostenlos zugeschickt – eine logistischeMeisterleistung, denneinHandwerksregister gab es mit der Handwerksrolle erst ab 1929. Diese erste Handwerkszeitung für Mitglieder gibt es mit UnterbrechungenundNamensänderungenbis zumheutigen Tag. Im Verbund gründeten mehrere Handwerkskammern – darunter Koblenz – eine eigene Verlagsanstalt, die das „Deutsche Handwerksblatt“ herausgibt. Gut sehen und hören Jahr 1920 08 Brigitte Hilgert- Becker (Mitte) leitet mit Sohn Dan und Tochter Eva Keil-Becker (rechts) das Unternehmen Becker Hörakustik, Frank Natschke (links) ist Geschäftsführer von Brillen Becker. Kontakt: Brillen Becker GmbH Tel. 0261 2016 550 www.brillen-becker. com
Ende der Besatzungszeit und Fragen zur Zukunft DieandieHandwerkskammerKoblenzübermittelteDrahtung kamvomReichspräsidenten vonHindenburg persönlich, der sichalsEhrenmeister desHandwerksherzlichbedankte für die „inder schwerstenZeit undNot geleistete opfervolleArbeit.“ Jahr 1930 ANZEIGEN Vorausgegangen war der Abzug alliierter Truppen aus der 2. Besatzungszone, zu der auchKoblenz zählte, und Hindenburg schloss mit Worten der Hoffnung, „das Handwerk wird die heiß ersehnte Freiheit benutzen zumWiederaufbau der deutschen Wirtschaft.“Dochkurze Zeit später schlug Heinr ich Ot to als hauptamtlicher Leiter der Handwerkskammer nachdenkliche Wortemit Blick auf denZustand desHandwerks an: „Traurig sieht es in vielen Betrieben aus. Arbeit ist nicht vorhanden. Rücklagen fehlen. Ist dasWohlfahrtsamt letztenEndesHelfer in der Not?“ Die Betriebszahlen stiegen zwar in dieser Zeit um2.000 auf 21.000 – auchweil zum31. Dezember 1929 der Aufbau der Handwerksrolle abgeschlossen wurde und damit erstmals eine solide Registrierung aller Handwerksbetriebe vorlag.Vorausgegangenwar derVersand eines Fragebogens, bei dessen „AusfüllungBürgermeistereienundPolizei gegen eine bestimmte Vergütung herangezogen wurden.“ 2.400 Mark ließ sich die Handwerkskammer das kosten. Dochmit derwirtschaftlichenNotAnfang1930 stiegdieZahl der bei der HwK registrierten Betriebe auch, weil angestellte Mitarbeiter in eigenständiger Arbeit als Einmannbetrieb ihr Glück suchten. Gerade einmal 21,4Prozent allerHandwerksbetriebe wurden durch einen Meister geleitet. Folgerichtig fiel in dieser Zeit die Zahl der Lehrlinge auf unter 4.000. In ihrer 57. Vollversammlung am 24. März 1930 wird gar eine geregelte „Beschränkung der Lehrlingshaltung“ durch Vertreter verschiedener Berufsgruppen gefordert. Das Ziel war, der steigenden Arbeitslosigkeit so entgegenzuwirken. DiewirtschaftlicheLagewurde geprägt vonKrisendesBergbaus, der Landwirtschaft, aber auch einem hohen Druck an denKapitalmärktenund „ungünstigenFinanzverhältnissen“. Zusätzlichwar dieZahlungsbereitschaft derKunden schlecht und viele öffentliche Aufträge wurden an „Tagelöhner“ und nicht an das Fachhandwerk vergeben, wie die Handwerkskammer kritisierte. Deren Vorstand war besorgt mit Blick auf die hohe Arbeitslosigkeit und deren mögliche politische Folgen. Am 14. September standen Reichstagswahlen an… Denen stelltedieHandwerkskammer einedeutlicheBotschaft voraus: „Jeder Handwerksmeister, jede Meisterin, jeder wahlberechtigteAngehörige desHandwerksmusswählen!“, damit das Handwerk „nicht gleichgestellt wird mit den Ehrlosen, denEntmündigten und denGeisteskranken.“Auch die Frage, wer zuwählen sei, wurde beantwortet: „Nur dieListen der mittelstandsfreundlichen Parteien.“ 22 Abgeordnete des nächsten Reichstages werden Vertreter des Handwerks sein, darunter weder NSDAP- noch KPD-Mitglieder. Aus den Wahlen ging die NSDAP (+ 15,5 %; gesamt 18,3 %) als große Siegerin hervor und wurde hinter der SPD (- 5,3 % / gesamt 24,5 %) zweitstärkste Kraft im Reichstag. Auch die KPD konnte Stimmen gut machen, die Parteien der Mitte verloren in einer Wahl mit sehr hoher Beteiligung. Heinrich Otto kommentierte das imRahmen der 58. Vollversammlung am 10. Oktober 1930: „Das passendste Bild von der Notlage der deutschen Wirtschaft gibt das Ergebnis der Reichstagswahlen. Bemerkenswert ist die Schwächung der Mitte und eine ausgesprochene Stärkung der extremen Parteien von linksund rechts.AußergewöhnlicheNotständeverwerfeneine ruhige Politik der Mitte, sie suchen im Extremen ihr Heil.“ 09 Im Juli 1930 besuchte Reichspräsident von Hindenburg Koblenz. Teil des Programms war auch ein Halt an der Handwerkskammer Koblenz, deren Gebäude am Kaiser-Wilhelm-Ring 31 und 33 im Hintergrund zu sehen sind. Das erste, 1909 eröffnete, kammereigene Gebäude stand in der Koblenzer Rizzastraße. Im 2. Weltkrieg wurde es komplett zerstört, anschließend durch einen Neubau ersetzt. I In der Aue 14 • 55627 Merxheim • Tel.: 06754 9200-0 info@schneider-bau.com • www.schneider-bau.com Gemeinsam Zukunft Schneider`n Schneider Bau Waldstraße 1 · 55469 Oppertshausen Tel. 06761/4815 · Fax 06761/12676 HAUSTECHNIK GMBH Heizung Elektro Sanitär Wir gratulieren zum 125-jährigen Jubiläum! Koblenz-Ehrenbreitstein Humboldtstraße 132 Tel. (02 61) 7 51 97 www.höhne-koblenz.de Möbelhaus & Schreinerei 55626 BUNDENBACH HAUPTSTRASSE 13 TELEFON: 0 65 44/85 06 MOBIL: 0152 / 09 19 76 00 BAECKEREI-WENZ@WEB.DE WWW.BAECKEREI-WENZ.DE INHABERIN: JENNIFER WENZ-PETRY Herzlichen Glückwunsch!
Zu Hause im Westerwälder Ransbach-Baumbach, wurde Muttern initiativ, als es um die Frage ging, wie es nach der Schuleweitergehen soll. „Inunserer Straße wurdenGasleitungen verlegt und sie fragte denChef,obernichtnocheinenLehrlinggebrauchenkönnte.“Sobeganndiehandwerkliche Karriere des heute 87-Jährigen. Jahre späterentdeckteseineEhefraueineAnzeige inderTageszeitung„zuMeisterkursanmeldungen bei der Handwerkskammer und riet mir, da mitzumachen.“ Auch diesmal befolgtePeterKorbachdenweiblichenRat. Schon während des Meisterkurses standen für ihnzweiDingefest: „Erstens ichbestehe den. Und zweitens mache ich mich direkt danach selbstständig.“ Gesagt, getan. Die ersten Maschinen für den künftigen Fachbetrieb „Sanitär- und HeizungsbauPeterKorbach“ standendann imZiegenstall, denneineWerkhallewurde erst später gebaut. „Das ging explosionsartig“, erinnert sich der immer noch rüstige Senior und die Augen glänzen, wenn er über Personalzuwachs und viele Aufträge aus Nah und Fern spricht. Längst hat er den Betrieb an seinen Sohn übergeben. Viel Freizeit hat Peter Korbach dadurch jedoch nicht, denn er ist sportlich wie auch kulturell aktiv, ist Mitglied in gleichzweiChörenundgeht regelmäßig ins Fitnessstudio. Außerdem spielt er leidenschaftlichgernKlavier (kleinesFotorechts). Und auch in der Firma Korbach schaut er regelmäßig vorbei und hilft so gut es geht, so als Fahrer für die Materialbeschaffung. Auf die Frage, welche Rolle bis zum heutigen Tag das Handwerk in seinem Leben spielt, zeigt er verschmitzt auf seine häusliche Garage. Dort hat er sich eine kleineWerkstatt eingerichtet. Hier ist Peter Korbach bis zum heutigen Tag praktizierender Handwerker. Schaut er zurück, sieht er voller Stolz auf ein arbeitsreiches wie erfolgreiches Lebenswerk. Seine Meisterjubiläen von gleich zweimal 60 Jahrenwerden ihn imHerbst 2025 dann nachKoblenzführen,wenndieHandwerkskammer Koblenz am 14. und 15. Oktober ihreAltmeisterfeier ausrichtet. Eingeladen sind alle Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister, die vor 50, 60, 65 oder sogar 70 Jahren ihre Meisterprüfungen bestanden haben. Ganz im Gegensatz zur „Meisterfeier“ 1965 wird diese etwas größer ausfallen, denn damals „wurde ein Tisch für elf Leute in einem Koblenzer Restaurant reserviert, gemeinsamimKreis aus Prüfungsausschuss und Prüflingen gegessen und getrunken, das war’s.“ Kontakt: Ulrich Korbach Sanitär- und Heizungstechnik Tel. 02623 2184 www. korbach-heizung.de Jetzt zur Altmeisterfeier anmelden! Am 14. und 15. Oktober findet bei der Handwerkskammer (HwK) Koblenz die traditionelle Altmeisterfeier statt. Anmeldungen dazu sind ab sofort möglich. Das Handwerk feiert am 14. und 15. Oktober zusammen mit den diesjährigen Meisterjubilaren und ihren Familien! Handwerksmeister, die vor 50, 60, 65 oder gar 70 Jahren ihre Meisterprüfung abgelegt haben, werden in stimmungsvollem Rahmen in Koblenz gewürdigt und erhalten ihre Jubiläumsmeisterbriefe in Gold, Diamant, Eisern oder sogar Platin. Jubiläumsmeister der Jahrgänge 1975, 1965, 1960 oder 1955 und ihre Familien sind schon jetzt eingeladen, die zu Ehrenden anzumelden. Anmeldung: Elena Mebus, Tel. 0261 398 315 elena.mebus@hwk-koblenz.de Peter Korbach (links), Geburtsjahr 1937, besteht 1965 gleich zwei Meisterprüfungen sowohl im Klempner- Handwerk wie auch als Gas- und Wasserinstallateur. Das Handwerk unterm Hakenkreuz Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden einige gravierende Änderungen in der Handwerksorganisation vorgenommen. Gesetze regelten eine Gleichschaltung und Umgestaltung im Sinne des NS-Regimes. Ein „Reichshandwerksmeister“ führte den „Reichsstand des Deutschen Handwerks“, die Handwerkskammern wurden in dieser Struktur an dritter Stelle geführt. Jegliche Selbstverwaltungwar verschwunden; die „Führer“ entschieden von oben nach unten. Das demokratische System der Handwerkskammernwar damit ausgehebelt. Auf regionaler Ebene standen Handwerkskammern und Handelskammern unter demDach der „Wirtschaftskammern“, 1942/43 folgte der Zusammenschluss von Handwerks- und Handelskammern zu fünf „Gauwirtschaftskammern“ entsprechend der Gauverwaltung der NSDAP. Kreishandwerkerschaften und Innungen verloren ihren öffentlich-rechtlichen Status. Damit wurden die letzten Reste überfachlicher wie fachlicher Eigenorganisation des Handwerks weitestgehend beseitigt. Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 sollte sich bald auch auf das Handwerk im Koblenzer Kammerbezirk auswirken. Denn zum einen wurde in vielen BetriebenaufKriegswirtschaft umgestellt, zumanderenauch Handwerker zum Dienst an der Waffe eingezogen. In der Folge ging die Zahl der Handwerksbetriebe zurück auf rund 19.000 (1936: 21.314 / 1942: 17.481 Eintragungen). Fast jeder fünfte Betrieb wurde außerdem als „ruhend“ gemeldet. Somit waren nur noch rund 15.200 Betriebe wirklich aktiv. Bald griff auch eine Materialknappheit um sich und Rohstoffe wurden sanktioniert zugeteilt. Die Handwerkskammer Koblenz verfügte zu dieser Zeit über 28 Mitarbeiter, darunter sechs Beamte (davon drei NSDAP-Mitglieder) und22Angestellte (zweiNSDAP-Mitglieder).Mit demAufbauvonAusbildungsschulendesDeutschen Beamtenwirtschaftsbundes (NS-Gauschulen) wurde das Erholungsheim des Handwerks bei Traben-Trarbach, an dem auch die Handwerkskammer Koblenz beteiligt war, geschlossenundalsGauschuledesAmtes fürBeamtegenutzt. Die sogenannte „Gauwirtschaftskammerverordnung“ 1942 sowie ein Erlass des Reichswirtschaftsministers vom 16. Dezember 1942 beendeten schließlich nach 43 Jahren die Arbeit der Handwerkskammern. Sie wurden zum 1. Januar 1943 aufgelöst. Damit hörte die Handwerkskammer Koblenz als Selbstverwaltungsorganisation des Handwerks auf, zu existieren. Sie wurde erst nach Kriegsende mit der Auflösung der Gauwirtschaftskammern zum 30. Juni 1945 „wiederbelebt“. Mit einer Neuordnung von Gebieten wechselten der Ober- und Unterwesterwald, die Region Unterlahn sowie St. Goarshausen von der Handwerkskammer Wiesbaden nach Koblenz – was Auswirkungen auf dieMitgliedszahlen hatte, die so sprunghaft um rund 5.000 auf 23.486 stiegen. Meisterjahrgang 1965 Jahr 1940 10
Werbung macht er nur selten und hat er genaugenommen auch kaum nötig. Die Menschen imKreisBadKreuznachkennen ihren„Maler Schinkel“, dasUnternehmen, das heute aus Meister Sven Schinkel und einem Auszubildenden besteht. Aufträge erhält er meist auf demganz kurzen, nachbarschaftlichen Dienstweg: „Ein kurzer Anruf, die Leute sagen, was ich machen soll und fragen: wann haste’ Zeit dafür?“, berichtet der 52-Jährige, dermit seinerFrau und jüngsten Tochter, drei Hunden und einerKatze imbeschaulichenWohngebiet Kampen in Bärenbach wohnt. Sein Malerfachbetrieb ist auf den Tag genauso alt wie die Handwerkskammer Koblenz, wurde also am 1. Januar 1900 gegründet. Sven Schinkel ist die vierte Generation, die das Unternehmen führt. Dass er nicht, wie in früheren Zeiten, zehn Mitarbeiter hat und Aufträge bis ins Rhein-Main-Gebiet übernimmt, hat einen sehr gesunden Grund: „Ich will noch was vomLebenhabenundvonmeiner Familie. Das habe ich ganz bewusst entschieden und genau so fühlt sich das Leben viel besser und wertvoller an als früher.“ Früher hat er jedes Wochenende im Büro verbracht, die Buchhaltung gemacht, war unter derWocheHundertevonKilometern unterwegs, um zu seinen Baustellen zu kommen. Auch die größere Belegschaft bedeutete mehr Arbeit. Das will Sven Schinkel nicht mehr. Er hat eineBalancegefunden, umvonseinenAufträgen „zwar nicht reich zuwerden, aber so zu leben,wiewir uns das vorstellen“.Dazu gehört, dass ermit seinerFamiliegern reist, dass erZeit hat fürHundespaziergänge, die sich im Laufe eines Monats auf bis zu 400 Kilometer summieren und dass er seiner Leidenschaft für den1. FCKaiserslautern, für den er seit der Kindheit Dauerkarten hat, besser frönen kann als früher. Dazu kommt, dass sich der Familienvater gern sozial engagiert. So beteiligt er sich regelmäßigam24-Stunden-Spendenmarsch für kranke Kinder, unterstützt gemeinnützige Einrichtungenund setzt sich imTierschutz ein. „Mir ist es wichtig, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Ich bin dankbar dafür, dass es meiner Familie und mir gut geht. Da ist es für mich selbstverständlich, anderen zu helfen.“ SeinArbeitsleben und das Handwerk liebt er gleichzeitig schon immer sehr. Für ihn hätte es nie eine andere Wahl gegeben als nach der Schule in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, von dem er das Unternehmen imJahr 2008übernahm.Die Übernahme ging leicht, der Vater mischte sich im Anschluss nicht ein, sondern unterstützte nur beratend. Außerdem stellt er bis heute in seinem Wohnort Kirn seine Halle für die Ausrüstung des Betriebs zur Verfügung. Dort holen sichSvenSchinkel und sein Azubi, was sie für die jeweiligen Aufträge brauchen. Die reichen vom Verputzen über Fassadengestaltung bis zu Trockenbau und Bodenverlegung. Der Auszubildende ist dabei fester Bestandteil desUnternehmens, soSchinkel. In seinem Betrieb sei immer ausgebildet worden „und das soll auch so bleiben, solange ich Bewerbungen bekomme, was leider in letzter Zeit immerwenigerwird.“Deshalb ist seingrößterWunsch für dasHandwerk, dass die Jugend „in Zukunft wieder mehr Interesse am Handwerk hat“. Kontakt: Maler Schinkel Tel. 06784 903 448 www. maler-schinkel.de Der Bärenbacher Malerbetrieb ist seit 125 Jahren am Start. Meister Sven Schinkel verliert dabei nie das Wesentliche aus dem Blick. Die Jahre des Wiederaufbaus Nach Kriegsende waren von den ursprünglich in Koblenz existierenden 25.635 Wohnungen noch gerade 10.000 bewohnbar, die – zum Teil stark beschädigt – wenigstens ein Dach über dem Kopf boten. Nur 1.500 Wohnungen hatte der Bombenkrieg verschont. Auch das Kammergebäude in der Rizzastraße war komplett zerstört und wurde Anfang der 1950er Jahre von Grund auf neugebaut. Die Zentrale im Friedrich-Ebert-Ring war zu 65 Prozent beschädigt, konnte aber 1950 wieder ihren vollen Betrieb aufnehmen. Koblenz war zudiesemZeitpunkt nochSitz der rheinland-pfälzischen Landesregierung. ZurVollversammlung informierteHauptgeschäftsführer Rudolf Camphausen am 20. April 1950 die Mitglieder über 24.526 Mitgliedsbetriebe, was einem Plus Mehr Leben wagen 11 Jahr 1950 von rund400Betrieben indenerstenvierMonatendes Jahres entspricht. In ihnen arbeiten mehr als 60.000 Beschäftigte und werden 12.000 Lehrlinge ausgebildet. 380 Millionen Mark Gesamtumsatz werden durch das Handwerk im nördlichen Rheinland-Pfalz erwirtschaftet. Im Kammerbezirk gibt es außerdem 328 Innungen. Vorausgegangen war eine Entscheidung des Handwerks, die Pflichtmitgliedschaft in Innungen ins neue Handwerksrecht aufzunehmen. 1950 werden bundesweit 886.500 Unternehmen mit rund 3 MillionenBeschäftigtengezählt, die einVollhandwerkausüben. Meisterkursewurden1950unter anderemimGerber-,Handschuhmacher-, Vulkaniseur- oder Buchbinderhandwerk bei der HwK Koblenz durchgeführt. Im Gegensatz zu den Handwerkskammern Trier und Kaiserslautern verlegte die Koblenzer Kammer ihre Feier zum 50. Jubiläum auf das Jahr 1951. Die Handwerkskammer Rheinhessen mit Sitz in Mainz war erst 1945 gegründet worden und damit die jüngste Kammer im Land. Und so wurde erst am 17. Februar 1951 mit Verspätung das 50-jährige Bestehen der Handwerkskammer Koblenz im Koblenzer Stadttheater gefeiert. Festredner war Ministerpräsident Peter Altmeier, der das halbe Jahrhundert mit seinen zwei Weltkriegen, Besatzungszeiten und einer Weltwirtschaftskrise in den richtigen Kontext setzte, dabei das Handwerk herausstellte als unermüdlichen Motor für Wirtschaftskraft und Wiederaufbau. Für Stehvermögen sprechen auch die Zahlen einer Handwerkszählung zum Jahreswechsel 1950: von den rund 865.000 Handwerksbetrieben Westdeutschlands bestehen 50.000 länger als 100 Jahre und 150.000 mehr als 50 Jahre. Als wirtschaftliche Störfaktoren werden durch das Koblenzer Handwerk Steuerüberlastungen, Kreditrestriktionen gegenüber Handwerksbetrieben und eine zunehmende Geldknappheit genannt. Die ausgebombte Jesuitengasse steht beispielhaft für die Zerstörungen in Koblenz.
Handwerk und das Wirtschaftswunder Es sind die Jahre des deutschen Wirtschaftswunders, in denen auch das Handwerk im Kammerbezirk einen starken Aufschwung erfährt. Die Betriebszahlen steigen auf über 25.000. Das bundesdeutsche Gesamthandwerk hat seit 1949 eine Umsatzsteigerung von 300 Prozent erlangt, die Beschäftigtenzahlen haben sich mehr als verdoppelt auf 4 Mio. Arbeitnehmer. Allein die Umsatzsteigerung von 1959 auf 1960 beträgt zehn Prozent und liegt bei 70 Mrd. D-Mark. Auf dem konjunkturellen Spitzenplatz liegen die Bauhandwerke, gefolgt vonmetall- und holzverarbeitenden Gewerken. Doch parallel zu diesen Erfolgsmeldungen durchläuft das Handwerk einen Strukturwandel, der im Ergebnis weniger Betriebe und mehr Mitarbeiter zur Folge haben wird. Denn sowohl die technische Entwicklung schreitet in großen Schritten voran, der Wettbewerb im Markt – auch gegenüber Massenware der Industrie - nimmt zu und handwerksrechtliche Rahmenbedingungen verändern die Ausrichtung handwerklicherAngebote. So fallendieZahleneingetragener Schneider, Schumacher oder auch Bäcker und Fleischer deutlich, steigenzeitgleichdieEintragungen technischerGewerke, soderKraftfahrzeugtechnikoder Elektroinstallation. Weniger Betriebe mit mehr Mitarbeitern und rückläufigen Ausbildungszahlen (rund 60 Prozent der angebotenen Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt) – so lässt sich derWandel des Handwerks imKammerbezirk Anfang der 1960er Jahre zusammenfassen. Was Folgen hat für die Handwerksordnung, denn die technische Entwicklung verändert nicht nur die Berufsbilder, sondern sorgt auch dafür, dass immer mehr Gesellen nicht mehr in ihrem erlernten Beruf arbeiten können. Die Novelle der Handwerksordnung soll den neuen wirtschaftlichen und technischen Veränderungen gerecht werden. Neben den meisterpflichtigen Handwerken wird eine Ausübung in „verwandten Handwerken“ ermöglicht – auch ohne Meisterprüfung und nach abgelegter Zulassung im bisher ausgeübten Gewerk. Eine Weichenstellung, die das Handwerk stärkt und wachsen lässt. Die enger werdende Wechselwirkung zwischen handwerklichenBedürfnissenundpolitischenGestaltungsspielräumen führt zur Forderung durch die Führung der Kammer, dass auch dieHandwerker stärker politisch aktivwerdenmüssen. KammerpräsidentDachdeckermeisterAugustRömergeht als gutes Beispiel voran und übt scharfe Kritik an der „Stellung der Bundesregierung zum Handwerk.“ Versprechungen werden gemacht, doch „nicht einmal primitivste Wünsche erfüllt.“ Die Handwerkeraltersversorgung, starke Subventionierungen der Landwirtschaft und Kohleindustrie oder auch die Gewerbesteuer als Diffamierung des Handwerks werden konkret benannt. Politische Korrekturen könne das Handwerk umsetzen, wenn sich mehr Vertreter in den Parlamentenengagierenwürden. 23Bundestagsabgeordnete seien dem handwerklichen Lager zuzuordnen – und das seit drei Legislaturperioden unverändert. „Dagegen habe es die Gewerkschaft fertig gebracht, die Zahl der Parlamentarier aus ihren Reihen von 87 im Jahre 1949 auf 187 im dritten Bundestag zu erhöhen.“ 1960 eingeführt und von den Nahrungsmittelhandwerken gelobt: ein früher Ladenschluss am Samstag um 16 Uhr. Probeweise wird das an jedem ersten Samstag des Monats „getestet“ und kommt laut Fleischer-Innung Koblenz „bei den Verbrauchern gut an, beim Verkaufspersonal noch viel besser“. ZweiBundessiegegehen imLeistungswettbewerbderHandwerksjugend 1960 nach Koblenz: Maschinenbauer Franz GertHaubrich ausKausen undRadio- undFernsehtechniker Wolfgang Arnold aus Koblenz sind bundesweit die Besten ihres Handwerks. Und auch etwas ältere Handwerker aus dem Kammerbezirk sorgen für bundesweite Nachrichten: Schuhmachermeister Hans Lemmler gibt nach 60-jähriger „Dienstzeit“ seinObermeisteramt auf. Er ist zu diesemZeitpunkt 86 Jahre alt und wurde im Jahr 1900 an die Spitze der Innunggewählt.Als ältesterObermeister derBundesrepublik hat er Geschichte geschrieben. Jahr 1960 12 Das Westerwälder Familienunternehmen Huf Haus aus Hartenfels ist international bekannt für seine einzigartigen Fertighäuser im modernen, offenen Baustil, die im repräsentativen Huf-Dorf besichtigt werden können. Die Geschichte des Unternehmens begann 1912 mit einer Zimmerei von Firmengründer JohannHuf inHartenfels. IndenAnfangsjahren lagder Schwerpunkt des Familienunternehmens in der Holzbearbeitung und dem Bau von Dachstühlen. Das Holz wurde damals mit demBeil bearbeitet undmit demFuhrwerk aus dem Westerwald transportiert. Ein Meilenstein in der Firmengeschichte warendie1950er Jahre.NachderRückkehr aus Kriegsgefangenschaft wurde Johann Hufs Sohn Franz, ebenfalls Zimmerermeister, Mitinhaber. Sägewerk sowie Zimmerei wurden erweitert und das Unternehmen spezialisierte sich auf den Bau von Fertighäusern. Franz Huf hatte früh erkannt, dass vorgefertigte Bauelemente schneller und kostengünstiger waren als der konventionelle Hausbau. So begann eineneueÄra fürHufHaus, diegleichzeitig den Trend zur Serienproduktion und Modularität inderArchitekturwiderspiegelte. Ein wichtiger Schritt war das Jahr 1960, als das Unternehmen ein innovatives Fertighaus mitten imKaufhof (siehe Bild) mit ersten Anmutungen eines offenen Grundrisskonzeptespräsentierte.DasHaus kombiniertedie traditionelleHolzrahmenbauweise mit modernen Elementen und war eines der ersten, das auffallend viel Glas in seiner Architektur integrierte. So entstand eine transparente, offene Atmosphäre, die Fans der Huf Häuser bis heute fasziniert. Der überraschende Mix aus traditionellem Handwerk und modernem Design war ein klares Alleinstellungsmerkmal und setzte sich deutlich von den Baustilen ab, die damals vorherrschten. 1972 wurde schließlich das typische, lichtdurchflutete Huf Fachwerkhaus 2000 entwickelt. In den folgenden Jahren entwickelte das Unternehmen seine Designs weiter und expandierte innerhalb Europas, blieb aber der heimischen Region immer sehr verbunden. Im Fokus blieb der „Grundsatz der Individualisierung“: Jedes Huf Haus soll bis heute einzigartig sein, indem es an die Wünsche des Kunden angepasst wird. Die nächste Generation der Familie Huf, vertreten durch Georg und Thomas Huf, setzte die internationale Expansion fort. Das Unternehmen wurde so auch in Ländern wie Frankreich, Großbritannien und den USA bekannt. Die besonderen Designmerkmale wie der großzügige Einsatz von Glas, die offene Raumaufteilung und die nachhaltige Bauweise trafen dort auf großes Interesse. Das Westerwälder Familienunternehmen ist mittlerweile vieleMale ausgezeichnetworden für seine Designs, seinen Einsatz für nachhaltiges Bauen aber auch den besonderen Einsatz imBereich der Ausbildung. KeinWunder also, dass die meisten Mitarbeiter ehemalige Auszubildende von Huf sind und viele Familien seit Generationen für das Unternehmenarbeiten.KlareZieleder nun viertenUnternehmensgeneration, vertreten durchBenedikt undChristianHuf, sinddie anhaltende Stärkung des Westerwälder Standortes Hartenfels und die Weiterentwicklung grüner Wohnkonzepte. Kontakt: Huf Haus Tel. 02626 7610 www. huf-haus.com Foto:Huif Haus Seit den 1960er Jahren haben die lichtdurchfluteten Fertighäuser des Familienunternehmens Huf den Fachwerkbau revolutioniert. Glas plus Holz ergibt Haus
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