Handwerk Special Nr. 243 vom 15.09.2023

Vom Flüchtling zum Gründer Wenn er heute zurückdenkt an die Prüfungsphase, dannsiehtMohammadAlbash vor allem sein Zimmer, übersät von Papier in jeglicher Form. Zettel, Bücher, Hefte, Notizblöcke.Monatelang, sokommt es ihm heute vor, hatte er sich damals im Zimmer eingeigelt.„MeinLebenbestandausSchule, Lernen, schlafen, das war’s“, erinnert sich der 28-jährige Meister für Energie- und Gebäudetechnik.Dasgingsoweit, dass sich seine Eltern, in deren Haus in Kastellaun er wohnt, Sorgen um seine Gesundheit machten. Doch die Strapazen sind vorbei und haben sich gelohnt. Der junge Mann, der mit seiner Familie 2012 aus Damaskus floh und 2015 in Deutschland seine neue Heimat gefunden hat, ist seit 1. Juli stolzer Unternehmensgründer. Mit beeindruckendem Fleiß und Durchhaltevermögen hat er seinenTraumverwirklicht, der inmittender Flucht begann. In seinerHeimat Syrienwar Mohammad zur Schule gegangen, hatte in den Ferien als Näher gejobbt. Während der Flucht arbeitete er im Libanon in einem Restaurant alsKüchenhilfeund imService. Ein Freund, der dort als Elektroingenieur regelmäßig etwas reparierte, ließ ihn helfen. Damit war Mohammads Interesse am Elektro-Handwerk entfacht. Nach einer Flucht durch viele Länder galt es in Deutschland zunächst, die Sprache zu lernen. Mohammad nahm privaten Sprachunterricht in Kastellaun, lernte per Youtube, um die Zeit bis zum offiziellen Sprachkurs zu überbrücken und war beim Einstufungstest schon sogut, dass er gleich zwei Stufen überspringen konnte. Über Bekannte bekamerKontakt zu seinemspäteren Ausbildungsbetrieb Elektro Kramb, der später in die Firma Konrath überging. Nach einemPraktikummachte er dort eine Ausbildung zumElektroniker für Energie- undGebäudetechnik.DiedualeAusbildung war fremd für den jungen Syrer. So gut er das Systemheute findet, so einschüchternd waresanfangs. „DiepraktischeAusbildung war in Ordnung, aber vor der Schule hatte ich Angst. Da gab es so viele Fachwörter. IchhabemirauchspäterbeimLernenfürdie Meisterprüfung Karteikarten geschrieben, oft deutsch und arabisch, oder deutsch mit deutscher Erklärung.“ Der Einsatz hat sich gelohnt: Die Zwischenprüfungbestander alsKlassenbester! Ab da stand für ihn fest, dass er auch die Meisterprüfung machen will. Das zweite Ausbildungsjahr fiel ihm bereits leichter. Er fand eine tolle Lerngruppe und bestand die Gesellenprüfung 2021 als Zweitbester der Klasse. Schon vor dieser Prüfung hatte er sich für denMeisterkurs angemeldet. Erneut war die Sprache eine Herausforderung.Er lernte Tag und Nacht, dachte ans Aufgeben, aber wusste genau: „Wenn ich es jetzt nicht hinkriege, werde ich es nie wieder versuchen.“ DieSorgewar unbegründet. Er bestandam 7. März 2023 und stellte sich konsequent der Gründung als nächsten Herausforderung. Die Formalitäten empfand er als kompliziert, doch seit 1. Juli 2023 ist er in der Handwerksrolle eingetragen und leitet offiziell die Firma Elektro Albash. Sein Traum für die berufliche Zukunft? „Ich will einFamilienunternehmen leiten, nicht zu groß, es soll persönlich zugehen. Auf jeden Fall möchte ich ausbilden – aber so, dassgenugZeit bleibt, denAzubiswirklich in Ruhe etwas beizubringen.“ Kontakt: Elektro Albash Tel. 0175/ 3409 747 ma@elektro-albash. de Dankbar für viel Hilfe auf dem Weg Der junge Gründer Mohammad Albash hat auf dem Weg zum eigenen Unternehmen ganz unterschiedliche Unterstützung bekommen – auch von der HwK. Dankbar denktMohammadAlbashanvieleMenschenund Institutionen, die ihmauf demWegvomFlüchtlingsjungen ohneSchulabschlusszumUnternehmerbegleitet haben.Da war derElektroingenieur imLibanon, der ihmzutraute, bei elektrischen Reparaturen zu helfen. Da waren die Damen in Kastellaun, die als ehrenamtliche Helfer bei Formalitäten, den ersten Deutschstunden und auf dem Weg zum Führerschein halfen. Gern erinnert sich der 28-Jährige an „tolle Lehrer“ an der Berufsschule Simmern und an das Vertrauen, das sein Lehrherr hatte, als er ihn dank einer Ausnahmeregelung auch ohne Schulabschluss als Auszubildendenannahm.Mit Freudedenkt er andiemotivierende Lerngruppemit einemGeorgier und einemAfghanen, mit denen er für die Gesellenprüfung lernte. Er ist dankbar, dass das Jobcenter ihm Nachhilfe ermöglichte, damit er in der Berufsschule nicht den Anschluss verliert. Und als es an dieGründung ging, war der Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit ebenso eine Unterstützung wie die Begleitung durch die Handwerkskammer Koblenz. Erst mit der Eintragung in die Handwerksrolle konnte er sich schließlichbeimNetzbetreiber alsUnternehmenanmelden. Schwierig bleibt es nur, so berichtet Albash, als Neugründer einen Kredit zu bekommen. Doch seine Ansprüche sind ohnehin bescheiden: Er braucht momentan keine eigene Werkstatt, da er vorwiegend direkt auf Baustellen arbeitet. Ihm reicht für den Anfang sein Transporter mit den wichtigsten Werkzeugen und Maschinen sowie ein kleines Lager in der Garage. Aufträge bekommt er schon jetzt ohne Probleme. Und alles andere wird im Lauf der Zeitwachsen, das ist bei diesemzielstrebigen, besonnenen Gründer gar keine Frage. Kontakt und weitere Informationen: beratung@hwk-koblenz.de, Tel. 0261/ 398-251 08 Für Mohammad Albash (Bild) aus Kastellaun stand schon während der Ausbildung zum Elektroniker fest, dass er Existenzgründer werden will. Dieses Ziel hat er mit außergewöhnlichem Fleiß direkt erreicht. Seit 1. Juli ist der 28-jährige Syrer selbstständig. Foto: privat

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