Handwerk Special Nr. 240 vom 22.10.2022

Dafür geben wir alles, sogar ... unseren Titel! Ja, es ist „Handwerk Special“ und das werden Sie grafisch wie inhaltlich ab hier nun auch in vertrauter Form wiederfinden. Die aktuelle Ausgabe setzt ganz auf die Nachwuchsgewinnung, setzt sich mit den vielseitigen Möglichkeiten auseinander, die sich aus einer Ausbildung im Handwerk ergeben. Der Kreis schließt sich dann bei denen, die vor 50 Jahren und mehr ihre Ausbildung absolviert haben. Bei der Altmeisterfeier haben sie sich getroffen und es gab viel zu berichten. Der Schwerpunkt unserer Ausgabe ist der Jugend, ist dem Thema Ausbildung gewidmet. Das Titel-Motiv ist Ihnen vielleicht auch an anderer Stelle schon begegnet – ob in Koblenz, Berlin, Hamburg oder München. Denn das Motiv ist Teil der jüngsten Serie der bundesweiten Imagekampagne, die seit 2015 durch ganz unterschiedliche Themen den Stellenwert des Handwerks für unsere Gesellschaft, für die Wirtschaft und unser Leben heraushebt. Die Kampagne stellt das Handwerk ins Rampenlicht und soll es gerade auch für jüngere Menschen bei ihrer Zukunftsplanung präsenter positionieren. Doch die Entscheidung, wie es nach der Schule weitergeht, trifft ein junger Mensch selten allein. Eltern, Freunde, Lehrer sind wichtiger Teil dieses Prozesses. Auch – und gerade an sie! – richten sich die aktuellen Botschaften und dürfen durchaus nachdenklich machen. „Fürs Klima auf die Straße, aber nicht ins Handwerk“ oder „Was gegen Handwerk spricht? Meine Akademikereltern“ sind Aussagen, die – sicherlich zugespitzt – ein Grundproblem aufgreifen. Wir stellen Ihnen in dieser Ausgabe viele junge Handwerker mit Abitur vor, die sehr glücklich sind mit der Entscheidung pro Handwerk. Selbstverständlich gilt das auch für Lehrlinge ohne Abitur! Spaß an der Ausbildung mündet dann schnell in Erfolge. Der Leistungswettbewerb der Handwerksjugend, der größte seiner Art weltweit, hat gerade seine Sieger auf Landesebene gekürt. Für 19 Jugendliche aus dem Bezirk der Handwerkskammer Koblenz geht es nun zum Bundesentscheid, für den wir ihnen natürlich ganz fest die Daumen drücken! Viele von ihnen werden sich weiter qualifizieren, werden die Meisterschule besuchen. Stellvertretend für diese Lebensentwürfe stellen wir Ihnen Annabelle Scherhag vor, die 24-jährige Tochter unseres Vizepräsidenten Mark Scherhag. Als Abiturientin hat sie sich für die Ausbildung zur Bootsbauerin entschieden, dann für die Meisterschule. Nun ist sie Deutschlands beste Bootsbauermeisterin ihres Jahrgangs. Eine Erfolgsstory, die wir auf Seite 3 vorstellen. Absolut lesenswert diese noch junge Biografie! Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich Kontakt: Handwerkskammer Koblenz, Tel. 0261/ 398-103 ralf.hellrich@hwkkoblenz.de Impressum: V.i.S.d.P.: Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich Redaktion / Layout: Jörg Diester, Dagmar Schweickert Mitarbeit: Lena Terhorst, Mina Heckmat Fotos: wie an Fotos gekennzeichnet / private Fotos aus Betrieben / HwK Koblenz Herausgeber: Handwerkskammer Koblenz, Friedrich-EbertRing 33, 56068 Koblenz, Tel. 0261/ 398-161, in Verbindung mit dem Mittelrhein-Verlag Koblenz Anzeigen: rz Media GmbH, August-Horch-Str. 28, 56070 Koblenz, Evangelos Botinos (verantwortlich) Techn. Herstellung: Industrie Dienstleistungsgesellschaft mbH, 56070 Koblenz Wie auch das unglaublich spannend ist, was uns die ältere Meistergeneration zur Altmeisterfeier mitbrachte: 10.070 Jahre Meister- und noch mehr Lebenserfahrung. Vieles, was dabei eine wichtige Rolle spielt, hat mit dem Meisterbrief zu tun – fachlich, unternehmerisch, aber auch privat. So, wenn sich eine Meisterklasse auch 50 Jahre nach der Prüfung regelmäßig trifft. Ein Paar darunter hat sogar während der Meistervorbereitung geheiratet. Auch diese Geschichte können Sie in der aktuellen Ausgabe nachlesen und ich wünsche Ihnen gerade jetzt, in diesen nicht ganz einfachen Zeiten, viel Spaß mit einer Lektüre, in der es bewusst etwas mehr menscheln darf. Ihr Seiten 12 bis 15 HwK- Altmeisterfeier würdigt Lebensleistung Seiten 8, 9, 14 Junge Unternehmer stehen für Zukunft in den Familienbetrieben ab Seite 4: Jugend schreibt (handwerkliche) Erfolgsgeschichten 02 aus dem Inhalt Seiten 3, 6, 7, 11, 14 Mit dem Abi ins Handwerk, so wie Lena Hardt (Foto)

Im Bootsbau die Nummer 1! Ausgerechnet der 24. Geburtstag und die Meisterfeier fielen auf einen Tag. So gab es am25.SeptembergleichzweiGlückwünsche vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther, denn neben ihrem JubiläumkonnteAnnabelleScherhagbei der Handwerkskammer Lübeck auch den Meistertitel als Boots- und Schiffbauerin feiern –miteinemSpitzenergebnisalsDeutschlands beste Meisterin ihres Jahrgangs! Es ist ein außergewöhnlicher Lebensweg, der seinen Ursprung in Koblenz hat. An der Mosel im Stadtteil Güls aufgewachsen, gab es schon immer eine enge Verbindung zu Wasser und Booten. Entsprechend fällt Annabelles Entscheidung nach dem Abitur und zwei Praktika aus: keine Uni, sondern eine Ausbildung zur Bootsbauerin soll es sein. Ausbildungsbetriebe gibt es vorzugsweise an der Küste. Und so zieht sie um ins holsteinische Plön und erlernt ihr Handwerk von der Pike auf bei einer etablierten Werft mit 70 Mitarbeitern. „Es war wirklich alles dabei:Holz-undMetallbearbeitung,Elektrik, Innenausbau, Kunststoff- und Laminierarbeiten, Masten stellen und Segel trimmen. Ein vielseitiges und abwechslungsreiches Handwerk“, schwärmt die Koblenzerin, selbst auch aktive Seglerin. Was das Werft-Team um Annabelle den Kunden bietet, ist eine Mischung aus Traumerfüllung und schwimmendem Mikrokosmos, in dem alles funktionieren muss. „Man übernimmt natürlich sehr viel Verantwortung, denn wenn so ein Boot auf denWeltmeeren unterwegs ist, muss unsere Arbeit einwandfrei funktionieren.“ Die Kunden sind oft Menschen, die sich einen Lebenstraum erfüllen. Sie freuen sich auf ein handgefertigtes und individuelles Boot, das genau nach ihren Bedürfnissen gefertigt wird. Daran darf man als junger Mensch mitarbeiten. Eine schöne Erfahrung!“ Nach der Ausbildung beginnt sie die Meistervorbereitung sowie ein Wirtschaftsingenieursstudium.Die einzigeHandwerkskammer, die fachpraktische Teile im Rahmen der Meistervorbereitung anbietet, liegt in Lübeck. Die Theorie wird zum Heimspiel bei der Handwerkskammer Koblenz. Und auch das Studium absolviert sie in Koblenz. Eine Doppelbelastung, die sehr gut gelingt, denn die Meisterprüfung legt sie unter allen 21Teilnehmernmit dembestenErgebnis ab. Wenn man sich mit der jungen Handwerksmeisterin unterhält, erzählt sie unaufgeregt und bescheiden über ihren bisherigen Werdegang. Dass sie nun auch schon als Jungunternehmerin in ein etabliertes Unternehmen eingestiegen ist, das an der Mosel mit Booten handelt, Motoren wartet und repariert, empfindet sie als große Chance. Auch hier spielt der Meisterbrief eine wichtige Rolle, denn „im Gewerk Bootsbau gilt die Meisterpflicht. Mit dem Meisterbrief verbindet sich Wissen und er eröffnet mir viele berufliche Möglichkeiten, bietet Sicherheit!“ Verantwortung übernehmen und trotzdem Freiheiten genießen – das ist Annabelle Scherhag wichtig. Die Frage, wo siesichselbst indiesemEntwicklungsprozess momentansieht,beantwortet sienachkurzem Nachdenken: „Ich bin mit den Entscheidungen, die ich bisher getroffen habe, sehr zufrieden .“ Mit 24 Lebensjahren und dem, was sie bereits alles erreicht hat, ein starkes Fazit.Undganzsicher aucheingutesVorbild für andere – Jüngere wie Ältere! Kontakt: Wassersportzentrum Grühn GmbH, Koblenz-Metternich Tel.: 0261/ 22 843 www. wassersportzentrum. com Scherhag´sche Meistertradition Als beste Bootsbauermeisterin erhielt Annabelle Scherhag ihren Brief aus Händen des schleswig- holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther. Der Name Scherhag verbindet sich in Koblenz eher mit Straßenverkehr, Kraftfahrzeugen und dem Handwerk. Annabelle Scherhag setzt nun neue Akzente und hat das Wasser mit seinen Transportmitteln erobert. Sie ist Tochter von Petra und Mark Scherhag, Enkelin von Helga und Karl-Heinz Scherhag, der 1960 mit 23 Jahren in Güls das gleichnamige Autohaus gründete. Auch mit demhandwerklichenEhrenamt ist derNameScherhageng verbunden. Karl-Heinz war von 1988 bis 2009 Präsident der Handwerkskammer (HwK) Koblenz, Sohn Mark ist seit 2014 HwK-Vizepräsident. Beide haben die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk abgelegt. Annabelle setzt die Meistertradition nun in dritter Generation fort. 03 Foto: ;ichael Jordan Foto: ;privat Deutschlands beste Bootsbauermeisterin kommt aus Koblenz und heißt Annabelle Scherhag (Foto). Die Geschichte einer 24-Jährigen, in deren Lebensplanung das Handwerk eine zentrale Rolle spielt. Foto: HWK Luebeck Dirk Silz

19 Landessiege gehen nach Koblenz 35 Teilnehmer aus dem Bereich der Handwerkskammer (HwK) Koblenz nahmen am diesjährigen Leistungswettbewerb der HandwerksjugendaufLandesebene teil und schafften dabei 31 Podiumsplätze! Der dafür ausgetragene Wettbewerb unter allen Kammersiegern aus den Bezirken Koblenz, Mainz, Kaiserslautern und Trier fand in Koblenz statt. Dabei konnten 19 erste Plätze, neun zweite sowie drei dritte mit Spitzenleistungen erreicht werden. Der Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks ist die weltweit größte Veranstaltung ihrer Art. Er wird seit 1951 ausgetragen unter den besten Absolventen derGesellenprüfungen. Es folgenKammer- und Landesentscheide, dann das große Finale auf Bundesebene. Für das konnte das Handwerk aus dem Kammerbezirk Koblenz 19 Nachwuchshandwerker nominieren – „ein wirklich gutes Ergebnis, das für die hohe Ausbildungsqualität der Betriebe und für das fundierte Fachwissen der Jugendlichen steht.Mit 19Teilnehmern habenwir natürlich nun guteChancen, dass einige Finalisten auch dort Spitzenplätze holen“, freut sich Kurt Krautscheid als Präsident der Handwerkskammer (HwK) Koblenz. Da in vielen Berufen die überbetrieblicheAusbildung in denHwK-Zentren stattfindet, spricht das gute Abschneiden auf Landesebene auch für die gute Arbeit des HwK-Ausbildungsbereichs. „Es ist wirklich schön zu wissen, dass wir so alle zusammen einen wichtigen Beitrag für die Fachkräftesicherung leisten. Schaut man auf dasAbschneiden unserer Jugendlichen, sind diese Fachkräfte sehr gut auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet.“ Die ersten Landessieger, ihr Wohnort und der Ausbildungsbetrieb sind: Automobilkaufmann MaximilianBlatt aus56203Höhr-Grenzhausen,Löhr-Automobile, 56203Höhr-Grenzhausen Bodenleger Adrian Krämer aus 57567 Daaden; Helmuth-Ralf Roth, 57518 Alsdorf Edelsteinfasserin Luba Martinov aus 55743 Idar-Oberstein; Heinz Mayer OHG, 55743 Idar-Oberstein Estrichleger Mohamad Nader Salam aus 56242 Selters; ZEBO-Fußbodenbau GmbH, 56249 Herschbach Fahrzeuglackierer Steven Peters aus 56567 Neuwied; Nalbach & Hinkel GmbH, 56566 Neuwied Feinwerkmechaniker (Zerspanungstech.) JulianGeisner 56281Emmelshausen;KABBO-TEC,56291Wiebelsheim Fleischerin Lea Neumann aus 56283 Beulich; Christoph Gail und Raimund Gail, 56332 Oberfell Fotografin Laura Antonia Herzmann aus 56070 Koblenz; ARTs UNLIMITED GmbH, 56727 Mayen Friseurin Hazal Ergüzel aus 56412 Niederelbert; Sandra Schlotter, 56410 Montabaur Gerüstbauer JustinLeroyLange aus 56410Montabaur;GerüstbauSchwalbGmbH, 56235Ransbach-Baumbach Kaufmann für Büromanagement Lars Terporten aus 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler; Andreas Geschier, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler Konditorin Savannah Schmitt aus 56283 Mermuth; Heinrich-Jürgen Dhein, 55496 Argenthal Kosmetikerin Isis-AmelieRichardson-Wilson aus 55483Lautzenhausen;AngelaThomas, 55491Büchenbeuren Orthopädietechnik-Mechanikerin Merle Soukup aus 23564 Lübeck; Torsten Schleich, 55450 Langenlonsheim Präzisionswerkzeugmechaniker, FachrichtungZerspanwerkzeuge, ConstantinForster aus 55590Meisenheim; K.-H. Müller Präzisionswerkzeuge GmbH, 55758 Sien Sattler, Fachrichtung Reitsportsattlerei, Nils Hammes aus 56154 Boppard; Johannes Faißt, 56414 Zehnhausen Silberschmiedin Anna Denkel aus 56072 Koblenz; Thomas Heinz, 57614 Steimel Zimmerer Felix Birk aus 57647 Nistertal; Martin Leyendecker, 57647 Nistertal Zupfinstrumentenmacher Laurens Lamberty aus 53604 Bad Honnef; Tobias Ahlke, 53424 Remagen Infos bei der HwK: Tel. 0261/ 398-421, lehrlingsrolle@hwkkoblenz.de Foto: Klaus Herzmann 04 Die besten Nachwuchshandwerker aus ganz Rheinland- Pfalz stellten sich dem Wettbewerb um die Krone in ihrem Gewerk – im Bild die Tischler.

Fotos: Klaus Herzmann 05 Die zweiten Landessieger, ihr Wohnort und der Ausbildungsbetrieb sind: Dachdecker ConradGroß aus 56357Miehlen;RogerGroß, 56357Miehlen Feinwerkmechaniker Tim Fuhrmann aus 56761 Zettingen; Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Koblenz, 56070 Koblenz Goldschmiedin Sophie Ropertz aus 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler; Rolf Schneider, 56727 Mayen Informationselektroniker, Fachrichtung Geräte- und Systemtechnik, Maximilian Enns aus 56567 Neuwied; Die Autobahn GmbH des Bundes, 56070 Koblenz Kraftfahrzeugmechatroniker MalteSimonKaufmann aus 56077Koblenz; Rainer Peter Schmieders, 56072 Koblenz Land- und Baumaschinenmechatroniker Johann Röhrig aus 54483 Kleinich; Blümling Baulogistik GmbH, aus 55487 Sohren Malerin undLackiererin FloraMülhens aus 56072Koblenz,Malermeister Heuer GmbH, 53505 Kalenborn Metallbauer, Fachrichtung Konstruktionstechnik Lars Weber aus 56077 Koblenz; Energienetze Mittelrhein GmbH & Co. KG, 56068 Koblenz Straßenbauer Tom Scharenberg aus 53577 Neustadt (Wied); M. Holl GmbH Strassen- und Tiefbau, 53577 Neustadt (Wied) Die dritten Landessieger, ihr Wohnort und der Ausbildungsbetrieb sind: Augenoptikerin Ida Sophie Holl aus 56068 Koblenz; Fielmann AG & Co. OHG, 56068 Koblenz Elektroniker, Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik, Leon Becker aus 56459 Girkenroth; Elektro Künz GmbH, 56457 Westerburg Tischler Johannes Henri George aus 35578 Wetzlar; Niveau-Fenster Westerburg GmbH, 56457 Westerburg Malerin Flora Mühlens überzeugte nicht nur mit ihren Wettbewerbsarbeiten, sondern auch vor der SWR-Kamera und beantwortete souverän alle Fragen. Bester Fahrzeuglackierer Steven Peters. Feinwerkmechaniker Tim Fuhrmann. Wettbewerb der besten rheinland-pfälzischen Nachwuchs-Maurer.

Kein Witz! Denn die drei haben tatsächlich eine große Gemeinsamkeit. Zusammenmit 17 anderen Menschen starten sie alsQuereinsteiger ihre Ausbildung zum Zimmerer. Das Prinzip dahinter ist simpel. Menschen mit Abitur oder einer abgeschlossenen Berufsbildung in einem ähnlichen Bereich haben die Möglichkeit, direkt in das zweite Ausbildungsjahr zu starten. Die Lehrzeit bis zum Gesellenbrief verkürzt sich damit auf zwei Jahre. „Das Modell spricht Menschen mit den unterschiedlichsten Motivationen und Vorgeschichten an“, erzählt Fachbereichskoordinator Thomas Rönn, bei der Handwerkskammer (HwK) Koblenz Ausbildungsmeister. „Vor allem das Zimmereihandwerk erfreut sich großer Beliebtheit bei Quereinsteigern. Aber wem ist das zu verübeln, schon Jesus war Zimmermann“, ergänzt er lachend. Ob das auch Grund für Christopher Sanders war, sich für dieses Handwerk zu entscheiden? Immerhin liegen hinter dem 42-Jährigen nicht nur Berufserfahrungen in verschiedenen Bereichen und ein Studium derLiteraturgeschichteundderPhilosophie, sondern auch eines der katholischen Theologie. Den Weg zum Handwerk wählte er aus mehreren Gründen. „Zum einen finde ich es unglaublich schön, gebraucht zu werden. Handwerker sind Mangelware. Aufträge warten an allen Ecken. Ich gründe außerdem eine Familie und mit dem Beruf als Zimmerer habe ich eine sehr solide Grundlage. Ich mag die Vorstellung, mein eigenes Haus mitzurenovieren und unser Leben zugestalten“, erzählt Sanders.Abgesehen von diesen eher praktischenGründen schätzt er am Handwerk die Geradlinigkeit und Konstruktivität beim Arbeiten, sowie die Freiheit, kreativ zu sein. Christopher Sanders ist nicht der Einzige mit ungewöhnlicher Vorgeschichte. Hinter dem 26-jährigen Leonard Klinge liegen bereits sechs Jahre Ausbildung und Berufserfahrung als Polizist. Als er irgendwann merkte, dass dieser Beruf ihn nicht dauerhaft glücklich machen wird, suchte er nach einer Alternative: „Das Handwerk begeistert mich, da ich am Abend sehen kann, was ich geschaffen habe“, schwärmt er. AmQuereinsteigermodell überzeugt ihn auchdieMöglichkeit, nachvergleichsweise kurzer Zeit einen Abschluss in der Hand zu halten. Und wer fehlt noch imBunde? Tabea Klein hat im Vergleich zu ihren Mitauszubildenden einen relativ kurzen Lebenslauf. Erst in diesem Frühling absolvierte sie ihr Abitur. Im Gegenzug zu vielen ihrer Freunde entschied sie sich für eine Ausbildung als Zimmerin und tritt damit in die Fußstapfen ihres großen Bruders und ihres Vaters: „Genau das finde ich aber so toll an diesem Beruf: Ich kann eine Tradition leben, habe aber trotzdem die Möglichkeit, auf meine eigene Art Dinge umzusetzen“, erzählt die 19-Jährige. Man erkennt also: Der Spaß kommt bei den Dreien dann doch nicht zu kurz, sondern ist hoffentlich auch weiterhin ständiger Begleitung ihrer Ausbildung. Nummer 1 im Land: Zimmerer Felix Felix Birk aus Nistertal (Westerwaldkreis) konnte sich im Landesentscheid des Zimmerernachwuchses durchsetzen und ist nun die Nummer 1 in Rheinland-Pfalz. Ausgebildet wurde der 21-Jährige nach Abschluss des Abiturs in der Zimmerei von Martin Leyendecker in Nistertal. Das Familienunternehmen ist auf alle Arbeiten rund ums Dach spezialisiert, was Zimmerer- wie auch Bedachungsarbeiten einschließt – ideale Voraussetzungen offensichtlich für Felix als „Trainingsplatz“ in der Ausbildung. Mit dem erlangtenWissen vertritt er nun Rheinland-Pfalz beim Bundesfinale. Foto: Klaus Herzmann 06 Was haben ein Polizist, ein Theologe und eine Abiturientin gemeinsam? Diese Frage könnte der Anfang eines Witzes sein, ist es aber nicht. Erlernen alle das Zimmererhandwerk und bringen teils doch sehr ungewöhnliche Vorgeschichten mit. Christopher Sanders. Leonard Klinge. Tabea Klein.

„Wir haben einen Plan!“ „Auf keinen Fall darf man den Fehler machen, mich wegen meiner Größe oder weil ich eine Frau bin, zu unterschätzen“, schließt Henriette Soos (großes Bild oben) diebegeisterteBeschreibung ihrerZukunftspläne. Davon hat sie nämlich gleich zwei. Doch von Anfang an: Im Mai schloss die 20-Jährige zunächst eine Ausbildung als Bauzeichnerin ab – und ergatterte nicht nur als Abschlussnote eine Eins, sondern auch einWeiterbildungsstipendium. Bevor sie mit diesem ein Studium startet, will sie nun das theoretisch Gelernte praktisch umsetzen können und startet ebenfalls als Quereinsteigerin (sieheArtikel Seite 6) eine Ausbildung als Zimmerin. „Ich war immer fasziniert, wenn ich auf Baustellen gekommen bin und das, was ich selbst gezeichnet hatte, stand einen Monat später in echt da“, erzählt sie. „Mir war klar, dass ich unbedingt lernenmöchte, meine eigenen Ideen selbst umsetzen zu können.“ Und danach? Nachdem sie das Vorgehenauf demBau inall seinenFacetten kennengelernt hat, möchte sie entweder ein Architekturstudium oder eine Karriere als Bauleiterin starten. Auch Lena Hardt (großes Bild oben) hat klare Ziele: Nach ihrem Abitur startete sie ein Studium im Immobilienmanagement, mitten in der Coronapandemie. „Das trockene Online-Lernen war leider gar nichts für mich“, erzählt die 19-Jährige. Was hingegen genau ihr Fall ist, wurde ihr bei der Fluthilfe im Ahrtal klar: Täglich packte sie dort tatkräftigmit an.Durchdiese ErfahrungrealisiertesienachsechsMonaten Ahrtal-Einsatz: Ich möchte handwerklich arbeiten. Ihr Studiumwar dabei keinesfalls umsonst. In der Zukunft könnte sie sich nämlich vorstellen, sogenanntes „House flipping“ zu betreiben: Bei dieser immer populärer werdenden Methode werden alte Häuser gekauft, renoviert und mit Gewinn weiterverkauft. Handwerkliches Geschick ist dabei mindestens genauso wichtig, wie das Gespür für Immobilien und Unternehmergeist. Meisterklasse auf der Zielgeraden 21 Tischler in der Ausbildungshalle der HwK: noch wissen sie nicht, ob das Meisterstück auch wirklich meisterhafte Ansprüche erfüllt. Mit dem Aufbauen der Prüfungsstücke wächst die Spannung, denn zwei Tage lang wird nun akribisch abgenommen, was in den Wochen zuvor in reiner Handarbeit entstand. In der Anfertigung eines Meisterstücks vereint sich mehr, als nur fachliches Können. Von der Gestaltung über die Funktionalität, dieAuswahl desHolzesundeinegründliche Verarbeitung spiegeln sich auch persönliche Neigungen der angehendenTischlermeister in dieserArbeit wider: Es sind Gebrauchsgegenstände, die über die Meisterprüfung hinaus imLebenderHandwerker eineRolle spielenwerden – und die sie beim Begegnen damit auch immer wieder erinnern an den Meisterkurs und die Prüfung. In vielen Fällen begleitet diese Arbeit die Meister ein Leben lang. 07 Lena Hardt Dass das traditionelle Zimmererhandwerk heutzutage Grundlage für verschiedenste moderne Berufsrichtungen sein kann, zeigen die Zukunftspläne dieser zwei jungen Frauen.

Mit Energie durch die Krise Die Herstellung von Schokonikoläusen, Stollen, Spekulatius und zartschmelzenden Haselnusspralinen ist in vollemGange. Die Produktionshalle am Rand von Koblenz ist sonnendurchflutet, die Luft erfüllt von verführerischen Aromen. Keine Frage: das TeamvomCaféBaumann ist voller Energie zugange und bestens eingespielt. Vor 13 Monaten hat die junge Generation – das Ehepaar Melina und Felix Warnecke-Brühl – den Traditionsbetrieb Café Baumann von Felix‘ Eltern Jean und Doris Warnecke übernommen. Die Familie setzte beimUmzug der Produktion imApril 2021 bei jedem Detail auf Energieeffizienz, „um eine klare Kalkulationsgrundlage zu haben“, wie FelixWarnecke-Brühl erklärt. So wurde auf das Flachdach der 1000 Quadratmeter großen Halle gleich eine Photovoltaikanlage installiert. Am Standort wird für das Café Baumann in der Koblenzer Innenstadt produziert: Es gilt als Institution für – nicht nur – süße Genießer. Die Produktpalette entwickelt sich mit der Zeit stets weiter, bietet klassische Torten, Trüffel und Präsente ebenso wie neue Kreationen – oft durch Kunden inspiriert. Ergänzt wird das Laden- und Onlineangebot durch saisonale Produkte wie den Koblenzer Adventskalender oder individuelle Firmengeschenke, die mit computergesteuertem Laser graviert sind. Die Produktion verbindet dabei Tradition und Moderne: „Für uns war es schon vor der Energiekrise sehr wichtig, Autarkie anzustreben, alsomöglichst unabhängig zu werden vomNetzbezug“, so der Unternehmer. Über den Strom, den die PV-Anlage erzeugt, können insbesondere die vielen permanenten Stromabnehmer betrieben werden, die inderKonfiserieTagundNacht laufen: Kühlung, Heizung, Licht. Wieviel Strom die PV-Fläche erwirtschaftet, sieht die Familie Warnecke über eine App immer aktuell. Im September kamen so 7350 Kilowattstunden über das Dach in die Halle. Doch damit ist es nicht getan, weiß Felix Warnecke, der sich wertvolle Unterstützung bei der Handwerkskammer Koblenzgeholt hat: „Wir nutzendasE-Tool der HwK – Rolf Müller hat uns da sehr gut beraten“, berichtet der gesellschaftende Geschäftsführer begeistert (Infos imArtikel rechts) Mit der Klimatechnikfirma Perscheid ging es dann an viele „Stellschrauben“, für kleine und große Einsparungen, die sich summieren. Hinzu kamen gute Anregungen der 35Mitarbeiter, die gern umgesetzt wurden.Heute sindKühlgeräte gedämmt, Bewegungsmelder und hydraulisch geregelte Heizungen in Betrieb sowie Splitgeräte, die je nach Außentemperatur heizen oder kühlen. Ihre ArbeitsprozesseoptimiertendieWarneckes ebenfalls – ob bei der Vorheizzeit des Elektroofens oder der Arbeitszeit, die sich nun auch an der PV-Anlage orientiert. Und natürlich sind die Öfen nun immer optimal ausgelastet mit vollen Wagen. Die Warneckes haben aus ihrer Sicht momentan alles getan, um trotz Krise weitermachen zu können. Nun sei die Politik gefragt, damit die Nachfrage bleibt: Denn nur wenn auch die Kunden die Möglichkeit hätten, ihnen treu bleiben, habe ihre Konfiserie die Chance auf eine Zukunft. Kontakt: Café Baumann Tel. 0261/ 314 33 www. cafe-baumann.de E-Tool: Eine ausgezeichnete Idee Weil sie zusammen helfen, Energie zu sparen und Klimaschutz zu fördern, ist nun ein Netzwerk von elf Handwerkskammern in Berlin ausgezeichnet worden. Unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stärker“ hatten sich die Handwerkskammern – darunter die aus Koblenz – im Sommer 2021 bundesweit zum Netzwerk zusammengeschlossen. Erklärtes Ziel war es dabei schon vor der Energiekrise, sichgemeinsamalswichtigeMultiplikatoren für mehr Nachhaltigkeit in den Regionen einzusetzen. Gleichzeitig wollen die Mitglieder Impulse geben für weitere Energie- und Klimaschutz-Netzwerke. Ein weitsichtiger wie wichtiger Ansatz, gerade mit Blick auf die aktuelle – oft für Betriebe sehr belastende – Situation. Das Netzwerk der Handwerkskammern trägt vielfältige Ideen und Erfahrungen zusammen, um ganz praktisch zu helfen, Energie und Kosten zu sparen sowie das Klima zu schützen. Insgesamt gibt es bisher 55 Maßnahmen. Dazu gehört die Möglichkeit, Berufsbildungszentren energieeffizient zu heizen, Veranstaltungs- oder Produktionsräume energiesparend zu beleuchten, IT mit Blick auf den Energieverbrauch zu optimieren oder eine smarte Gebäudetechnik zu installieren. In den Betrieben können ProduktionsabläufeundÖffnungszeitenangepasstwerden, um Energieverbrauch und Kosten zu reduzieren. Die Handwerkskammern imNetzwerk benutzen dazu das E-Tool: Ein digitales Energiebuch, das im Rahmen der „Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz“ entwickelt worden ist. Es erfasst und analysiert den Energieverbrauch, damit gemeinsam das Energiesparziel von 2.900 MWh/a und 760 t CO2-Äq/a erreicht wird. Für diese Arbeit erhielt das Netzwerk der Kammern von der Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerke nun eine besondere Auszeichnung. Weitere Informationen: www.energie-tool.de 08 Weit über Koblenz hinaus ist das Café Baumann seit Generationen für höchsten Konfiseriegenuss bekannt. Die Unternehmerfamilie Warnecke (im Bild Felix) hat dabei früh auf moderne Energieeffizienz in der Produktion gesetzt.

Generationswechsel in der Bäckerei Genn 1863 eröffnete Hermann Genn in Wehr eine Backstube. Es war der Beginn einer langen Bäckertradition in der Familie, die Generation für Generation weitergegeben wurde. Und noch heute wird am ursprünglichen Standort in der Wehrer Hauptstraße gebacken. Auf derKommandobrücke standbisherBäckermeisterRolfGenn, Ur-Enkel desGründersHermann. 62 Jahre alt,Obermeister der Innung, ehrenamtlich seit Jahrzehnten aktiv und auch als Unternehmer weitsichtig wie erfolgreich. 14 Mitarbeiter, darunter drei Lehrlinge, zählt seinFamilienunternehmen, das an drei Standorten vertreten ist. Neben Wehr verkaufen die Genns ihre Produkte auch in Wassenach und Oberzissen. „Teil der Unternehmensstrategie ist es auch, sich um die Nachfolge rechtzeitig Gedanken zu machen“, blickt Rolf Genn auf einen laufenden Prozess. Mit Tochter Jessica, 27 Jahre alt und ausgebildete Kauffrau, und dem 40-jährigen Konditormeister Erik Müller gibt es eine Ideallösung, die Schritt für Schritt umgesetzt wird. Beide sind bereitsMehrheitseigentümer undRolf Genn zieht sich in Etappen zurück, gibt das Steuer nun in neue Hände. „Schon mein Vater hat gesagt: Probier Dinge aus, geh neue Wege! Ich werde Dir nicht im Wege stehen. Genau somache ich das jetzt auch.“ Neu ist das Kuchen- und Tortensortiment und auchder Lieferservice. Auf dieKunden zugehen und ihre Hinweise und Tipps als wertvolle Erfahrung in die betrieblichen Abläufe einfließen lassen – das ist der jungenwie junggebliebenenGeschäftsführung wichtig. Und auch das Sortiment ist nun wesentlich breiter aufgestellt, dank Erik Müllers Fähigkeiten als Konditormeister. Viele Jahre hat der gebürtige Rheinbrohler für einen Lieferanten von Backprodukten gearbeitet, kannte also die Genns sehr gut. Insofern wusste er auch, worauf er sich als neuer Miteigentümer einlässt. Die Strategie mit einer Versorgung im ländlichen Raum und einer fast 160-jährigen Präsenz, einem gewachsenen Kundenkreis und verlässlicher Qualität wie auch vertrauten Gesichtern hintermTresen – so etwas zählt noch immer. Und auch die kurzen Wege zwischen regionaler Landwirtschaft, der Mosenmühle als Mehl-Lieferant gleich um die Ecke und der Handverarbeitung in der Familienbäckerei findet immer mehr Anhänger, gerade in der jungen Käuferschicht. „Das stellen wir offensiv nach außen dar, denn gerade jetzt, wo alle über Verknappung von Ressourcen reden und Störung weltweiter Lieferketten, punkten wir als Handwerksbetrieb mit einer regionalen Verwurzelung und eingebunden in sehr transparente, lokale Wirtschaftskreisläufe“, machen Jessica Genn und Erik Müller deutlich. In drei Jahren will Vater Rolf dann ganz zurücktreten in die zweite Reihe. Er ist froh, sein Lebenswerk in guten Händen zu wissen. Zumal dann auch die fünfte Genn-Generation eine Rolle im Betrieb spielt. Insofern: „Alles ist bestens aufgestellt und organisiert.“ Nur ein Thema, so Rolf Genn, darf man innerfamiliär nicht ansprechen. „Urlaub. Den hat es seit Jahren nicht gegeben und da bin ich meiner Frau etwas schuldig.“ Doch auch das sollte zu regeln sein, wennman schon eineBetriebsnachfolge in kürzester Zeit und erfolgreich umsetzen konnte. Kontakt: Bäckerei Genn Tel. 02636/ 74 55 www. baeckerei-genn.de Savannah ist beste Konditorin Savannah Schmitt ist die beste Nachwuchskonditorin im Land! Die 22-Jährige aus Mermuth setzte sich beim Leistungswettbewerb auf Landesebene durch. Sie wurde im Betrieb von Heinrich-Jürgen Dhein in Argenthal ausgebildet – der schon im letzten Jahr mit JohannesDheindenLandes-wieauchBundessieger stellte! Mit ihrer Spitzenplatzierung ist Savannah nun ebenfalls für den Bundesentscheid nominiert und darf sich auf ein Heimspiel freuen, denn Deutschlands beste Konditoren werden für das große Finale am 7. und 8. November nach Koblenz reisen.Wettkampfstätte ist dann –wie auch beim jüngsten Landesentscheid – das Zentrum für Ernährung und Gesundheit der Handwerkskammer (HwK) Koblenz. Foto: Klaus Herzmann 09 Seit 159 Jahren ist hier das Bäcker- handwerk Familien- sache. Jetzt wird der Staffelstab weitergegeben von Rolf Genn (rechts) an Tochter Jessica und Konditormeister Erik Müller.

Mit Abi ins Handwerk? Dass Jugendliche nach dem Abitur orientierungslos sind: kein neues Phänomen. Auf ein Vielfaches verstärkt wird es jetzt jedochdurchaktuelleKrisen,Krieg,Corona und Klimawandel. Fragen wie: „Was ist überhaupt ein sicherer Job mit Zukunft?“ spielen auf einmal genauso eine Rolle wie „Wo liegen eigentlichmeine Interessenund Stärken?“ Auch das lässt sich nach drei Jahren ausgefallener Ausbildungsbörsen und Schulpraktika gar nicht so leicht beantworten. Hinzu kommt, dass für Abiturienten, insbesondere die mit guten Noten, Elternhaus und Schule das Studium häufig als einzig sinnvolle Option ansehen. Der Lehrlingswart des Kreises Ahrweiler Alfons Wolber (im Bild oben links) sieht nur einen Weg aus dieser Situation und appelliert: „Wir müssen Jugendlichen ihre Möglichkeiten zeigen und sie wieder für etwas begeistern.“ Eines der unkompliziertesten Wege dies zu tun: praktisch in den Betrieb hineinschnuppern. In seinem Metallbauerbetrieb hat er regelmäßig Praktikanten zu Besuch. „Die dürfen dann auch richtig mit anpacken“, erzählt Wolbers. Ob sägen, bohrenoder sogar schon schweißen– Ziel ist es, den jungen Menschen genau zu zeigen,was sie lernenoderwas sievielleicht schon können. Den20-jährigenLucaüberzeugtegenaudas. Er startet nun bereits sein drittes Lehrjahr im Betrieb und baut gerade seinen ersten Balkon. Warum er sich für ein Handwerk entschieden hat? „Nach dem Abitur und dem ausschließlich theoretischen Lernen wollte ich selbst mal loslegen.“ Im Betrieb Wolber wurde schon während seines Praktikums genau das gebraucht und erwartet. Mittlerweile darf Luca Projekte selbst planen und umsetzen. „Mein Beruf ist auf vielen Ebenen herausfordernd. Für die Planung der Projekte braucht man einen guten technischen und mathematischen Überblick. Vor allem bei größeren Projekten,wiebei diesemBalkon, ist ein Verständnis für Konstruktionen notwendig“, betont Luca. Außerdemwichtig:Kreativität.Denn jederKundemöchteeinindividuelles Geländer, Briefkasten, Balkon. Bei der Umsetzung und Montage ist der sorgfältige Umgang mit Maschinen undMaterialwichtig. „Undmandarf kein Problem damit haben, dass es zum Beispiel auch mal staubt“, ergänzt Alfons Wolber. Diese Vielfalt anTätigkeitensindgroßePluspunkte für Luca: „Wir haben keinen typischenArbeitstag,wiezumBeispiel in einem Bürojob“, erzählt er. Die Ausbildung sieht Luca außerdem auch als wichtige Grundlage, die ihm als Sicherheit dient. Im Gegensatz zu Jobs imDienstleistungsbereich und der Industrie zeigt sich dasHandwerkkrisensicher.Undmit Zukunftsperspektive. Die Berufsausbildung ist im Handwerk häufig nur der Beginn des Karrierewegs. Mit der Weiterbildung zumMeister stehen einer Existenzgründung und damit zukünftiger Selbständigkeit alle Wege offen. Autorin Lena Terhorst, 18 Jahre, ist selbst Abiturientin. Kontakt: Metalldesign Alfons Wolber Tel. 02641/ 903710 www.wolber- metalldesign.de 11 Diese Frage beantwortet Luca Müller (rechts) eindeutig mit einem Ja! GmbH & Co KG 56626 Andernach· Am Stadtgraben 73 02632/43776 · www.proff-andernach.de Sanitär–Heizung Gasleitungs-Sanierung · Brennwerttechnik · Solaranlagen · Wärmepumpen · barrierefreie Bäder · Badsanierung · Wartung · Kundendienst Räume zum Leben. Bäder zum Träumen. Arthur Richter Service GmbH Telefon: 0261 88908-0 Telefax: 0261 88908-90   24-STD-NOTDIENST Heizung/Sanitär: 0163 7871038 Lüftung/Kälte: 0163 7871039 Am Ufer 16a | 56070 Koblenz Tel. 02 61 / 8 19 87 | Fax 02 61 / 80 55 77 www.fliesen-strunk.de | info@fliesen-strunk.de Beratung, Verkauf und Ausführung von Fliesen-, Platten- und Mosaikarbeiten – innen und außen Meisterbetrieb saniTär-heizung-Klima meTall-handWerKe Bauen &Wohnen

Handwerk feiert seine Altmeister 185 Meisterbriefe in Gold, Diamant, Eisern und Platin wurden im Rahmen der Altmeisterfeier bei derHandwerkskammer (HwK) Koblenz an Handwerker verliehen, die vor 50, 60, 65 oder 70 Jahren ihre Meisterprüfungen abgelegt haben. „Was bedeutet es eigentlich, Altmeisterin oder Altmeister zu sein“, griff HwK-Präsident Kurt Krautscheid bei seiner Begrüßung eine Frage auf, die nicht nur über Jahreszahlen zu beantworten ist. „Sie sind ja nicht einfach nur „alte“ Meister im Wortsinne. Altmeister steht für Lebenserfahrung, für handwerklichesKönnen, für dieWeitergabe von Wissen und Erfahrung. Das sind sehr wertvolle Eigenschaften – gerade heute in Zeiten des Fachkräftemangels.“ Die HwK-Feier fand, wie es Tradition ist, imZentrum für Ernährung undGesundheit statt. „Würden wir uns heute gemeinsam selbstständig machen, würden wir alle Bereiche des Lebens abdecken und der Erfolg wäre garantiert“, griff der ehemalige Präsident der HwK Koblenz, Werner Wittlich, in seiner Dankesrede auf. Er sprach für die 185 Geehrten und konnte selbst auf den 50. Jahrestag seiner Meisterschaft imElektroinstallateurhandwerk zurückschauen. In einer kurzweiligen Altmeisterfeier, die nach zweijähriger Corona-Pause erstmals wieder stattfand und wegen der starken Resonanz auf zwei Tageverteiltwar, ginges auf Zeitreise durch die Jahrzehnte.Wesentliche Ereignisse derMeisterabschlussjahre wurden aufgegriffen. Auch die Jubilare selbst brachtenAnekdotenmit, die untrennbar mit derMeisterprüfung verbunden sind und für reichlich Gesprächsstoff sorgten. Ein Kurzfilm stellte zwei Altmeister in betrieblichem und familiäremUmfeld vor, darunter TischlermeisterOttomarHeep aus Hundsangen im Westerwald, der seinen Eisernen Meisterbrief zum 65. Jubiläum erhielt (ausführliche Reportage dazu auf Seite 14). Traditionell überreichte der Kammerpräsident jeden Jubiläumsmeisterbrief persönlich am Platz der Altmeister – auch eine Hommage an die Leistungen, die hinter jedem Meister-Lebenswerk steht. Für gute Unterhaltung, nachdenkliche Augenblicke und kulturelle Bereicherung sorgten dieGesangseinlagen desHandwerker-Chores aus Birkenfeld und die 14-jährige Leyla Karim. Durch die Veranstaltung führte HwK-Mitarbeiterin Eva Vogt. Infos: HwK- Meisterakademie Tel. 0261/ 398-211 www. hwk-koblenz.de Präsident ehrt Ex-Präsident Auch der ehemalige Präsident der Handwerkskammer Koblenz, Werner Wittlich (im Bild oben rechts), wurde mit dem Goldenen Meisterbrief ausgezeichnet. „Zudenbesonders prägendenErinnerungen als damaliger Kammerpräsident zählen die Altmeisterfeiern“, stellte Wittlich heraus. Bislang kannte er sie vorwiegend aus Sicht des Ehrenden – nun durfte er erstmals die Perspektive wechseln und sich selbst über die Auszeichnung freuen. Vor 50 Jahren bestand der damals 26-Jährige die Prüfung zumElektroinstallateurmeister. „Ohne Auto und berufsbegleitend durften wir nach achtstündiger Arbeit abends sehen,wiewir zurMeistervorbereitungundwieder zurückkamen“, ging er auf die Rahmenbedingungen ein. „Umso wichtiger ist es, diese Leistungen lebendig zu halten. Dafür steht auch diese Feier der Handwerkskammer und im Namen aller danke ich dafür herzlich.“ 12 Die Altmeisterfeier ist bei der Handwerkskammer Koblenz eine ehrwürdige Tradition, die die Leistung der Jubilare in ganz besonderem Rahmen würdigt. Foto: ;ichael Jordan Foto: ;ichael Jordan

Die ewige Meisterklasse Für eineGruppe von Friseuren desMeisterjahrgangs1972 (großesBildoben)war dabei mit der bestandenen Prüfung keineswegs Schluss auf dem gemeinsamen Weg zum und mit dem Meisterbrief. Sie blieben in Verbindung, nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Lehrer Gerhard Vetter. Jahr für Jahr fanden Treffen statt. Und auch zur Überreichung der Goldenen Meisterbriefe bei der Handwerkskammer (HwK)Koblenz rücktemangemeinsamein. Erinnerungen wurden lebendig, wenn es um die Meistervorbereitung ab 1971 ging. „Das heißeSommerwetter führte dazu, dass wir den theoretischen und praktischen Unterricht ins Freie verlegten. Unser Meisterstück, PerückeoderToupet, erarbeitetenwir uns damals auf dem Kühkopf bei Koblenz. Wir paukten im Wald das Meistereinmaleins unseres Handwerks. Nebenbei wurde gegrillt“, erinnert sich Renate Wey. Gisela und Ignaz kannten sich da schon sieben Jahre. Gemeinsam hatten sie ihre Ausbildungbegonnen, verliebten sichnicht nur in den Beruf, sondern auch ineinander. Das Paar aus Waldbreitbach ließ es dann zwischen Meistervorbereitung und abschließender Prüfung richtigkrachen–ganz nach demGeschmack derMeisterklasse: es wurde geheiratet! Der großen Hochzeitsfeier folgten Meisterehren. Anschließend gründete das Ehepaar Weidemann einen gemeinsamen Salon im Heimatort und betrieb diesen viele Jahrzehnte. „Unser Handwerk und das Privatleben sind eins“, macht das glückliche goldene Meisterpaar deutlich, das im Laufe der Jahre auch zwei Kinder großzog. „Natürlich konnte niemand zu Beginn der Meisterschule ahnen, dass unser Zusammenhalt auch 50 Jahre später noch so eng ist“, erzählt Renate Wey als guter Geist dieser ungewöhnlichen Friseur-Allianz. „Doch es spricht für uns, den Schulbetrieb und auch die Lehrer, dass es ebenmehr war, als nur Unterricht und Lernen.“ Und Feiern können sie immer noch – das haben die Goldmeister und ihre Ehepartner auch bei der Altmeisterfeier bewiesen. Denn als der Saal sich langsam leerte, gab es nur einen Tisch, der sich noch immer vollständigbesetzt undsehr lebendigpräsentierte. Gemeinsam hat man viel erlebt. Und offensichtlich auch viel zu besprechen … 10.070 Meisterjahre auf der Feier Alljährlich im September lädt die Handwerkskammer Koblenz zur Altmeisterfeier ein. In diesem Jahr wurden 185 Meisterbriefe in Gold, Diamant, Eisern und Platin verliehen. 2022wurden112goldeneMeisterbriefe für ein50-jähriges Meisterjubiläum verliehen, 58 Diamantbriefe für eine Meisterprüfung vor 60 Jahren, 12 Eiserne Meisterbrief für 65 Jahre Meisterschaft und drei Platin-Meisterbriefe für ein 70-jähriges Meisterjubiläum. So fanden genau 10.070 Jahre Meistererfahrung zur Feier im Zentrum für Ernährung und Gesundheit zusammen. Fotos von der Feier: www.hwk-koblenz.de/fotos 13 Es kamen 185 Meisterjubilare aus ganz verschiedenen Handwerksberufen zur Altmeisterfeier. Jeder brachte seine eigene Lebensgeschichte mit, die natürlich eng mit dem Meisterbrief verbunden war und ist. Ehe- und Friseurmeisterpaar Gisela und Ignaz Weidemann mit HwK-Präsident Kurt Krautscheid (Mitte). Fotos: Michael Jordan

Heeps unglaubliche Tischler-Story Was für eineGeschichte! In derWohnstube eines kleinenWesterwälderHauses gründet Josef Heep 1898 seine Tischlerei, die vom Sohn des Gründers, Johann, übernommen wird und – immerhin – in eine Garage umzieht. Das war noch vor dem zweiten Weltkrieg. FronteinsatzundGefangenschaft lassen das Geschäft ruhen. Mit Ottomar, geboren 1934, wächst die nächste Generation heran. Der will Bäcker werden, was der Vater verbietet. Was anderes als Tischler gibt es nicht für einen Heep... Doch Ottomar empfindet die Werkstatt des Vaters in Hundsangen als „altmodisch und unmodern“. Andere Tischlereien in der Nähe haben da schon mehr zu bieten. Und so entscheidet er sich – zum Ärger seines Vaters–für eine„außerhäusige“Ausbildung in Elz, schließt diese mit „sehr gut“ ab und wird vom Chef gebeten, weiterhin für ihn zu arbeiten. „Ich bekam mit 1,18 DM die Stunde den höchsten Lohn in der Firma“. Das sind im Monat stolze 190 Mark! Zum Vergleich: ein VW Käfer kostet damals 4.800 Mark, das Maß Bier auf dem Münchener Oktoberfest 1,60 Mark. Ottomar Heep kommt 1957 zu Meis- terehren und beginnt die familieneigene Tischlerei umzubauen. Was bei genauer Betrachtung bedeutet: kein Stein bleibt auf dem anderen. Moderne Maschinen werden angeschafft, ein neuer Produktionsstandort in Hundsangen aufgebaut. „Ich habe dafür Kredite aufgenommen. Schon das galt beim Vater als Tabubruch.“ Der erkennt dann aber doch sehr schnell das Potential und Durchsetzungsvermögen seines Sohnes. Als Ottomar Heep in die Familientischlerei einstieg, gab es dort neben dem Vater nur einenMitarbeiter. Heute sind es 240, die auf 15.000 Quadratmetern Produktionsfläche an vier Standorten Fenster und Haustüren fertigen. Der Weg durch die Produktion ist Science Fiction.Man solltemeinen, dieKulisse aus computergesteuerten Anlagen und vollautomatischen Produktionsabläufen wirke auf einen fast 90-Jährigen abschreckend. Doch die Augen von Ottomar Heep, der jüngst den Eisernen Meisterbrief zum 65. Meisterjubiläum erhielt, strahlen. Man sieht es ihm an: das ist seine Welt! Denn für Technik hat er immer noch viel übrig. Noch mehr aber für seine Nachfolger. Die Söhne Timo, Burkhard und Dieter stehenmit ihmzusammen in derGeschäftsführung. Wenn er über sie und ihr Werk spricht, sind das lobendewie anerkennende Worte. „ich weiß den Betrieb in guten Händen und bin sehr froh, solche Kinder zu haben!“ Und natürlich kann der Senior auch seinen eigenen Anteil an dieser Erfolgsstory realistisch einschätzen. Bei all dem, was er erreichen konnte – gibt es da noch etwas, was er sich wünscht, was er unbedingt miterleben möchte? „Ja! Wie die fünfte Generation hier einsteigt! Wenn die genauso erfolgreich arbeitet wie die vierte, dann ist alles ok.“ Ein kurzes wie klares Statement. Kontakt: Heep Fenster GmbH Tel. 06435/ 96 43 0 www.heep-fenster. de Landessiegerin hinter der Kamera Laura Antonia Herzmann aus Koblenz fotografierte Teilnehmer des Leistungswettbewerbs – und wurde an diesem Tag selbst Landessiegerin! Dashat es inder71-jährigenGeschichtediesesNachwuchs- championats bei der Handwerkskammer Koblenz noch nicht gegeben: eine Fotografin lichtet Wettbewerbsteilnehmer bei der Arbeit ab, während eine Jury ihre Bilder (Arbeiten der Gesellenprüfung) zumSieger erklärt! Laura feierte am 19. Oktober ihren 22. Geburtstag und wurde im Unternehmen Arts Unlimited in Mayen ausgebildet. Für den Leistungswettbewerb wurde sie als Fotografin beauftragt und hatte so im Tagesverlauf selbst etwas zu feiern: Sie ist die besteNachwuchsfotografin (Handwerk) inRheinland-Pfalz! Nun geht es weiter RichtungMeisterschule, 2023 soll der Meisterbrief folgen. Foto: Klaus Herzmann 14 Vom Einmann-Betrieb zu 240 Mitarbeitern in 124 Jahren – das ist gut genutzte Zeit in einem Familienbetrieb, der durch vier Generationen geprägt wurde. Ottomar Heep (2.v.l.) mit den Söhnen Timo (von links) und Dieter sowie Enkel Maximilian.

Aktives Goldmeister-Duo Wer 1966 eine Ausbildung beginnt und 56 Jahre später noch immer jedenMorgengern zur Arbeit geht, der hat bei der Berufswahl offensichtlich alles richtig gemacht – was Konditormeister ErwinSchmidt ausRheinbrohl eindeutigbejaht.Mit seinen 72 Jahren steht er immer noch aktiv imUnternehmen. 1972 erarbeitete er sichMeisterehren, 1980 übernahm er das von Vater Ernst 1951 gegründeteCafé.AusbauundModernisierung folgten, die Ausbildung von über 20 Lehrlingen wie auch ein starkes ehrenamtliches Engagement. ZehnJahrewarSchmidtObermeister der Konditoren-Innung, hat sich außerdem im Meisterprüfungsausschuss der Handwerkskammer (HwK) Koblenz eingebracht. Insofernwar dieAltmeisterfeier ein kleines Heimspiel für ihn, denn das Zentrum für Ernährung und Gesundheit ist demRheinbrohler bestens vertraut. Hier hat er die ein oder andere Meisterprüfung der jüngerenKonditorgenerationabgenommen. ZurFeier kamauchBäckermeisterHermann Burg aus Bad Breisig, wie Schmidt ein Goldmeister. Beide haben vor 50 Jahren ihre Meisterprüfungen bestanden. Das Meister-Duoarbeitet heutezusammen, denn HermannBurgwechseltmit derRheinfähre einmal wöchentlich vom linken ans rechte Ufer und arbeitet im Rheinbrohler Café an der Seite von Erwin Schmidt mit. Dabei spielen der Spaß an der Arbeit und die Liebe zum Beruf eine ganz wichtige Rolle. „Wir machen das mit Herz und Seele“, sagt Schmidt. Und natürlich mit viel Erfahrung und handwerklichem Wissen, denn beide bringen es zusammen auf 100 Jahre Meisterkompetenz! Wenn dann morgens die Kunden an der Ladentheke stehen und sich über frischeProdukte freuen, „ist das immer eine starke Motivation für unsere Arbeit!“ Doch auch wenn sie schon einiges als selbstständige Handwerksmeister erlebt haben – die aktuelle Lage ist auch für sie neu. „So etwas hat es noch nie gegeben“, merkt Erwin Schmidt mit Blick auf die Corona-Einschränkungen und die aktuelle Energiepreisentwicklungan.DurchdiePandemiemusstedasCafégeschlossenwerden, nun müssen Lösungen her beim Blick auf die steigenden Preise bei Strom und Gas. Auch hier setzt Schmidt auf Erfahrung. „Preiserhöhungen sind unausweichlich. Es kommt auf eineguteKommunikationanund wir werden das unseren Kunden erklären.“ Gute Laune beim Bäckermeister Hermann Burg (im Foto links; zusammen mit HwK-Präsident Kurt Krautscheid) und Erwin Schmidt (Beitrag dieser Seite) arbeiten als Goldmeister-Duo zusammen. Vor 50 Jahren haben sie ihre Meisterprüfungen bestanden – in zwei unterschiedlichen Berufen. Doch das Nahrungsmittelhandwerk hat sie zusammengebracht und Bäckermeister Hermann Burg, der früher seinen Betrieb in Burgbrohl führte, unterstützt heute Konditormeister ErwinSchmidt indessenRheinbrohler Familienunternehmen. „Wir haben Spaß dabei und es hält uns fit“, sagen die beiden Goldmeister, die ihre gute Laune auch mit zur Koblenzer Altmeisterfeier brachten. Foto: Michael Jordan 15 Erwin Schmidt (Foto) aus Rheinbrohl hat vor 50 Jahren den Meistertitel erlangt und ist noch immer im Unternehmen aktiv – zusammen mit einem anderen „Altmeister“ seines Jahrgangs, der ihn als Bäcker unterstützt. Ein Meister-Duo, das es so auf 100 Jahre Meisterkompetenz bringt. Kontakt: Bäckerei Schmidt Tel.: 02635/ 2313 www.cafe-schmidt- rheinbrohl.de

Nachhaltigkeit - auch bei der Berufswahl! „Das war schon eine andere Zeit“ sagt er nachdenklich und schaut auf seine großen Hände, denen man sein Tagwerk nach all der Zeit deutlich ansehen kann. Tischler zu werden war nicht sein Traumberuf. Vielleicht auch, weil die Bedingungen zu damaligen Zeiten viel härter waren als heute, zum Beispiel im Arbeitsschutz: Der Mittelfinger der rechten Hand ist steif, an dem der linken fehlt das oberste Glied. „In das Sägeblatt einer Fräse bin ich damals gekommen, den Finger haben sie dann teilweise amputiert.Und: EswarKrieg.Nur wenige Betriebe waren geöffnet und nur aufgrund einer Verletzung wurde mein damaligerLehrmeister nicht eingezogen.Man musste nehmen, was man kriegen konnte.“ Doch nicht nur so bekommt Erich Oster den Krieg zu spüren. In der Neujahrsnacht 1945 verliert er seine Mutter und seine Geschwister bei einemBombenangriff.Nur um Haaresbreite entgeht er selbst dem Tod in einemderLuftschutzkeller: Etwas verspätet möchteer seinerFamilie indenKeller folgen, streckt schon die Hand nach der Tür aus, als das Haus von einer Bombe getroffen wird und seine Familie unter sich begräbt. Da seinVater als Soldat inKriegsgefangenschaft geraten ist, übernachtet der damals 14-Jährigebei seinemLehrmeister.Unddas ist etwas,was auchheute imHandwerknoch zu spüren ist: der häufig fast familiäre Zusammenhalt in inhabergeführtenBetrieben. Später lebt ermit einemweiterenAltgesellen bei einem befreundeten Fleischermeister. „EinGlücksgriff“, erinnert er sich lächelnd. „Abends half ich oft beim Wurstmachen, wenn wir irgendwann fertig waren und die Wurst angeschnitten wurde, gab’s auch immer ein Stück für mich. Zu Kriegszeiten einabsoluterLuxus.“SeineLehrebeendet er drei Jahre später. Als Geselle arbeitet er in vielenBetrieben in der Umgebung. „Immer für so zwei Jahre, dann bin ich weitergezogen, denn in jedem Betrieb habe ich etwas Neues kennengelernt“, erzählt Oster. 1959gründet er dann seineneigenenBetrieb auf dem Grundstück seiner Großtante. Es sind zwei großräumigeWerkstatträumemit hellenFensternundBlickauf dieFelder.Die Räumlichkeitenerbaut er inEigenregie. Erst nach zehn Jahren bekommt der Schreinermeister das erste Mal Unterstützung: Sein ersterAuszubildenderEwaldKlöcknerwird auch sein treuester Mitarbeiter. Über 50 Jahre arbeiten sie zusammen. Unzähligen Auszubildenden hat Erich Oster seitdem seine Leidenschaft nähergebracht. Dass der Tischlerberuf längst genau das geworden ist, beweist eines besonders nachdrücklich: Trotz seiner 92 Jahre ist Erich Oster immer noch aktiv. Gerade arbeitet er mit sibirischem Holz. „Das hat besonders enge Jahresringe“, erklärt er. Wenn Erich Oster über Holz spricht, merkt man seine Wertschätzung für das Material. Deutlich wird dies auch, sobald man in das gemütliche Wohnhaus der Familie Oster eine Straße entfernt eintritt. „Fast alles ist selbstgemacht“, erzählt er stolz. JederRaum ein Holz, die einzelnen Teile aufeinander abgestimmt: Die Tür zum Schlafzimmer doppelseitig, zumWohnzimmer Eiche, nach innen Rosenholz – passend zum Holz der jeweiligenEinrichtung.Und so spiegelt sich die Nachhaltigkeit bei der Berufswahl auch in der Nachhaltigkeit seiner Werkstücke. Kontakt: Tischler Erich Oster Tel. 02605/ 518 Mina Hekmat und ihr Praktikum 14 Tage Praktikum in der Pressestelle der Handwerkskammer (HwK) Koblenz – Mina Hekmat, 14-jährige Schülerin aus Koblenz, beschreibt, wie sie die Arbeit und das Handwerk erlebt hat. Während meines Schülerpraktikums konnte ich viele Erfahrungen sammeln. Neben den Einblicken, die ich in die Pressearbeit bekommenhabe, konnte ichauchInteressantes über das Handwerk lernen. In den zwei Wochen habe ich das großeAufgabengebiet der Pressestelle kennengelernt, habe Texte verfasst und auch Veranstaltungen begleitet. So konnte ich viel über den Beruf eines Journalisten herausfindenundmeineTexteverbessern. Zudemerlebtman einen typischen und abwechslungsreichen Arbeitsalltag, den man als Schüler noch nicht kennt. Besonders gut hat mir gefallen, dass ich viel selbstständig arbeiten durfte. Das Praktikum hat mir vor allem in meiner beruflichen Wahl geholfen und ich kannmir gut vorstellen, imJournalismus zu arbeiten. Insgesamt war meine Zeit in der HwK interessant, aufschlussreich und hat mir sehr gut gefallen. 16 157 Jugendliche sind vor wenigen Wochen im Kammerbezirk Koblenz in eine Tischlerlehre gestartet. Vor 78 Jahren absolvierte Erich Oster (im Bild) seine ersten Schritte in diesem Handwerk – in dem er noch immer voller Leidenschaft aktiv ist.

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