Handwerk Special Nr. 237 vom 23.10.2021

Im Porträt: Jungmeister des Jahrgangs 2020 Nr. 237 23. September 2021 www.handwerk-special.de 10 Kfz-Meister Cremer von der Ahr André Cremer (Bild oben inmitten seiner vom Hochwasser zerstörten Werkstatt in Walporzheim) ist ein Fahrzeugenthusiast. Er lebt automobile Technik auf besondere Weiseaus,begannschonvorJahrenausLie- be zu den rollenden Untersätzen besondere Vertreter zu sammeln. IneinerHobby-Halle in Walporzheim bei Bad Neuenahr-Ahr- weiler standen seine PS-Schätze – sicher und trocken. Dann kam jene verhängnisvolle Julinacht. Die Ahr stieg auf ein bis dahin nicht ge- kanntes Rekordniveau. Das Unvorstellbare wurde traurige Wirklichkeit, Andrés Halle geflutet. Für den frisch gebackenen Kfz-Techniker- meister ein Schock. Sein umfangreiches Spezialwerkzeug („So viel, wie ich hatte, braucht man nicht …aber ich konnte damit wirklich alles reparieren!“), die Hebebüh- nen, das Ersatzteillager, die Autos selbst – alles Schrott. „Ich war einen Monat vor der Flut umgezogen von Mayschoß an der Ahr nach Heimersheim an der Ahr“, geht er auch auf seine private Lebenssituation ein. Nun gilt es, gleich zwei Totalschäden zu verkraften. Der 30-Jährige wuchs im Weindorf May- schoß auf. In Heimersheim zumKfz-Tech- niker ausgebildet, reiften beizeiten Pläne, bei denen der Meisterbrief eine zentrale Rolle spielte. Ab2019absolvierteAndrédieMeisterschu- le bei derHandwerkskammerKoblenz.Den Meisterbrief vor Augen, rückte auch die eigeneKfz-Werkstatt imAhrtal ingreifbare Nähe. „Mein Traum von der Selbstständig- keit muss nun warten“, lautet das nüchterne Fazit –auchmitBlick in seineHobby-Halle. WiehochdermaterielleSchadenist?„Kaum zusagen.“Sechsstellig,sagternacheinigem Überlegen. Doch auch ideell ist einiges – im wahrsten Sinne des Wortes – den Bach runtergegangen. Denn mit den Fahrzeugen verbanden sich Erinnerungen, Erlebnisse und auch Pläne. „Die Lage ist nun schwierig, aber es wird irgendwieweitergehen.“DasAhrtal unddie Fahrzeuge seiner Anwohner – das ist eine eigeneGeschichte.Rund40.000Autoswur- den durch die Flut zerstört oder so schwer beschädigt, dass sie kaum nicht mehr zu retten sind. Für dasKfz-Handwerkbedeutet das auch: es gibt kaumAnfragen fürRepara- turen. „Eher kommennunGebrauchtwagen mit Mängeln zu uns. Und Reifenschäden.“, weißKfz-MeisterCremer, der imUnterneh- men „Reifen- und Autoservice Fuchs“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler arbeitet. Schritt für Schritt wird nun auch André Cremer einen Weg aus dieser Krise finden. Lobend stellt er dabei die vielen freiwilligen Helfer heraus. „Ohne sie sähe es hier ganz andersaus.“AuchvorundinderHobby-Hal- le haben sie kräftig mit angepackt. Und wer weiß, ob in dieser Aufbau-Initiative mit ihrer positiven Botschaft und Motivation nicht vielleicht auch der Ursprung liegt für das Umsetzen der Pläne für eine eigene Kfz-Werkstatt. Zu wünschen wäre es André Cremer von ganzem Herzen. Autowracks entlang der Ahr Die Hochwasserkatastrophe Mitte Juli 2021 hat viel menschliches Leid und auch materielle Schäden in Milliardenhöhe hinterlassen. Geschätzt 40.000 Autos wurden ein Opfer der Fluten. Ob schwerer Geländewagen, teurer Sportwagen, Alltags- auto,Oldtimer, LKWoder Traktoren– inderHochwasser- nacht vom14. auf den15. Juliwaren sie gleichermaßen ein Opfer der Wassermassen. Und selbst wenn die Fahrzeuge „nur“ absoffen, war ihr technisches Innenleben durch die Schlammablagerungen zerstört. Der feine Sand gelangte in noch so kleine Ritzen oder scheinbar gut abgedichtete Bereiche. Es ist für viele nicht nur ein materieller Scha- den, sondern auch das Ende einer Beziehung zu manch lieb gewonnenemBegleiter oder zu einem seltenen Stück Technikgeschichte auf vier Rädern – im Bild oben eine historische „Ente“, die vor Marienthal angespült wurde. Den frisch gebackenen Handwerksmeister und seine Zukunftspläne traf die Flutkatastrophe gleich doppelt.

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