Handwerk Special Nr. 226 vom 15.02.2019

Wenn Handwerk zur Kunst wird Nr. 226 15. Februar 2019 www.handwerk-special.de 8 Beruf ist Berufung „Hallo, Herr Schmidt, Sie reparieren doch noch Uhren?“ „Ja, gelegentlich“, antwortet derUhrmachermeister vorsichtig. „Ichhabe eineschöne,alteKuckucksuhr,diegehtnicht mehr.AbermeineFrausagt,siehattesoeinen schönen Klang.“ Das Interesse ist geweckt. „Ja, dann kommen Sie einfach vorbei“, antwortet der Meister aus Andernach – und er freut sich, dass er mit seinen 89 Jahren noch so gefragt ist. KeinWunder, in seinem Metier gibt es nicht so viele wie ihn. „Das Schönste für mich ist, dass meine Arbeit auch im Kreis der Kollegen immer noch anerkannt wird“, freut sich Wal- ter-FriedrichSchmidt.DerUhrmacher- und Goldschmiedemeister sitzt nachwie vor bis zu zwölf Stunden täglich in seinerWerkstatt und steht entsprechend früh auf. Denn die Uhrmacherkunst erfordert viel Zeit und noch mehr Ruhe. Und außerdem pflegt er das Gespräch mit seinen Kunden. Ob er in seinem Alter nicht kürzer treten will? „Ich machekeineHausbesuchemehr“, antwortet Schmidt und fügt mit einemLächeln hinzu: „Große Uhren kann man ja nicht so einfach in die Werkstatt bringen“. Die älteste Uhr, die Schmidt repariert hat, war eine Türmeruhr von 1650, die heute im Museum für Zeit in Rockenhausen steht. Auch gehört Schmidt zu den Wenigen, die Uhren auf öffentlichen Gebäuden und Kirchen reparierten. Zu seinen Referenzen gehört das Andernacher Rathaus. Und dem Roentgen-Museum Neuwied fühlt er sich besonders verbunden. Denn so manches Meisterwerk der Tischler Abraham und David Roentgen, die im 18. Jahrhundert sogar für europäische Fürsten- undKönigs- häuser arbeiteten, enthält auchMöbelstücke mit einem Innenleben. Das kam von der Neuwieder Uhrmacher-Dynastie Kinzing. Walter-FriedrichSchmidtliebtdiesekleinen technischen Meisterwerke – und setzte sie sogar instand. Dieses ehrenamtliche En- gagementbescherteihndanneineEinladung Dr.WolframKoeppevomMetropolitanMu- seumofArt inNewYork, das ebenfalls eine Sammlung von Roentgen-Möbeln steht. Und auch hier gibt es eine Kinzing-Uhr. „Ein unvergessliches Erlebnis“, betont Meister Schmidt, der hinzufügt. „Ich bin ja in meinem Leben nicht viel gereist“. Seine seltenen Auslandsreisen machte er zu Studienzwecken, zur Erholung reichte ihm und seiner inzwischen verstorbenen Frau ein umgebautes Boot am Rheinufer. ErstkürzlichkamSchmidtausBerlinzurück. Dort übergab der Doppelmeister sein wert- volles Meisterstück an den Zentralverband desDeutschenHandwerks.SeineedleStand- uhr,dieUhrmacher-undGoldschmiedekunst vereint, steht nun im Haus des Handwerks in der Mohrenstraße. „Ich habe oft viel Glück gehabt“, bilanziert Walter-Friedrich Schmidt, der erst über Umwege zu seinem Traumberuf fand. Denn als er die Schule verließ, lag die Region in Trümmern. Den- noch konnte er in Idar-Oberstein eine Lehre in einer Goldschmiedewerkstatt antreten. 1949 war es endlich so weit. In Neuwied gab ihm ein erfahrener Uhrmachermeister eine Chance. „Das Problem war, dass ein Lehrling damals seine Werkzeug selbst kaufen musste. Ich hatte die 3.500 Mark nicht.MeinLehrherrlegtedassGeldvor,und ich konnte die Summe abstottern“, erinnert sich Schmidt, der später einen erfolgreichen Betrieb in der Andernacher Bahnhofstraße eröffnen sollte, der bis 1993 bestand. Kontakt: Walter-Friedrich Schmidt Tel. 02632/ 49 48 47 Walter-Friedrich Schmidt ist mit 89 immer noch aktiv: Der Doppel- meister ist in der Region ein gefragter Experte. 9. und 10. März: Offene Töpfereien Auf neue Wege begeben sich mehr als 500 Keramiker aus ganz Deutschland: In einer gemeinsamen Aktion öffnen sie am zweiten Märzwochenende ihre Türen und laden interessierte Besucher ein, altes Handwerk neu zu entdecken. Wird irgendwo gegraben, findet man sie: die Spuren der Keramik.Anhandkeramischer ScherbenundGefäße kann man auch Jahrhunderte nach deren Entstehung Erkennt- nisse gewinnen über Leben, Arbeiten und Kultur in längst vergangenen Zeiten. Lange im Traditionellen verhaftet, geht die Keramik heute vielfältige und neue Wege. So entstehen unter der geübten Hand manche Dinge des schönen Gebrauchs. Die Vielfalt der Formgebung, Oberflächengestaltung und Brennverfahren spiegelt sich sowohl im individuell gestalteten Gebrauchsgeschirr wie auch in künstlerischen Objekten, Unikaten undStelenwider. Eswird gedreht und geformt und geschlagen ... der gute Ton macht alles mit, um im Brand seine Vollendung zu erfahren. Am zweiten Märzwochenende laden die Keramiker in diese, ihre Welt ein: 9 und 10. März 2019, 10 bis 18 Uhr. mehr Infos: www.tag-der-offenen-toepferei.de Foto: privat

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