Handwerk Special Nr. 221 vom 11.08.2018

„Mehr als ein Ausbilder!“ Issa Alkatib aus Koblenz ist stolz auf seine Leistung. Dazu hat der 26-Jährige aus Syrien stammende junge Mann auch guten Grund. Issa Alkatib beendet Tischlerlehre mit Bestnoten Ziel erreicht: Jugendliche aus Spanien und Bulgarien erhalten ihre Gesellenbriefe Sie haben es geschafft. Emil Strahilov aus Bulga- rien und Daniel Sanchez Bravo aus Spanien halten nach dreijähriger Ausbil- dung stolz ihre Gesellen- briefe in den Händen. Beide kamen 2015 über das ProjektMobiPro-EUderHand- werkskammer(HwK)Koblenz an die Mosel und starteten ihre Ausbildung im Handwerk. Das Sonderprogramm zur „Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsin- teressierten Jugendlichen aus Europa (MobiPro-EU)“ leistet einenBeitrag zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa und unterstützt seit 2013 Jugendliche und junge Erwachsene aus der EU dabei, inDeutschland eine betriebliche Berufsausbildung erfolgreich zu absolvieren Emil Strahilov lernte bei der Bäckerei Barth inNiederfell und wird dort weiterhin als Bäcker- geselle arbeiten. Daniel Sanchez Bravo wurde bei der Globus GmbHinZell zumFleischer aus- gebildet undwird fortan in seiner Heimat das Fleischerhandwerk hoch halten. 600StundenSprachkurs imHer- kunftsland, ein sechswöchiges Orientierungspraktikumund die Unterstützung der Betreuer der HwKKoblenzwährendderAus- bildung zahlten sich somit aus. Geselle 2018: Jugendliche aus Syrien, Spanien und Bulgarien Nr. 221 11. August 2018 www.handwerk-special.de 5 In diesem Jahr konnte er seine GesellenprüfungalsTischlermit dem drittbesten Ergebnis aller Lehrlinge der Schreiner-Innung Koblenz-Rhein-Mosel beenden. Für sein Gesellenstück, einen höhenverstellbaren Hänge- sekretär aus französischem Nussbaum, erhielt er von der Prüfungskommission die Note „Sehr gut“. Auch Fachgespräch und Handarbeitsproben wurden mitderBestnotebewertet.Tisch- lermeister André Liesenfeld aus Halsenbachfreutsichmitseinem Schützling, den er ausgebildet und nach der Lehre als Gesellen übernommen hat. „Issa hat mich von Anfang an überzeugt. Im Praktikum hat er gezeigt, dass er lernen will und durchhalten wird. Er hat sich direkt in das Team integriert“, so der Handwerksmeister. „Herr Liesenfeld hat mich immer unterstützt und war weit mehr als nur mein Ausbilder“, lobt auch Issa seinen Chef. Die Hil- fe reichte von Gesprächen mit verschiedenen Behörden bis zur Bereitstellung eines Autos für die Fahrtstrecke. Auch mental ist André Liesenfeld weiter ein väterlicher Ratgeber. In Syrien stand für Issa nach dem Abitur und einer kurzen Arbeitszeit in einem Institut für Vermessung der Militärdienst an.Erverweigerteundentschloss sich zur Flucht. Zurück ließ er seine Großeltern, bei denen er aufgewachsen ist. „Es war ein schwerer Abschied, aber ich habe für mich keine Zukunft mehr gesehen“, erinnert er sich. Seit 2014 lebt er inDeutschland. Sein Weg führte ihn über die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Österreich letztendlich ins Asylheim nach Trier und dannnachKoblenz.Hier teilte er sich eine Wohnung mit anderen Asylbewerbern, besuchte einen Integrations-undSprachkursund absolvierte schließlich auf Emp- fehlung das Praktikum in der Halsenbacher Tischlerei. „Mein OpaundmeinverstorbenerVater übtendasTischlerhandwerkaus. Die Chance, diese Tradition fortführen zu können, habe ich gern genutzt “, erzählt er. André Liesenfeld, der auch von der Handwerkskammer (HwK) Koblenzöffentlichbestellterund vereidigter Sachverständiger für das Tischlerhandwerk ist, hat seinen Lehrling vom ersten MomentaninalleArbeitsabläufe eingebunden. Er hat ihn später auch zu denKursen bei derHwK Koblenz geschickt, die ihn theo- retisch auf die Gesellenprüfung vorbereitet haben. Praktisch hat er im Vorfeld zusätzlich mit Issa geübt. „Wir arbeiten im Innenausbau und Ladenbau für privateundgewerblicheKunden weit über unsere Region hinaus. Da muss jeder Mitarbeiter perfekt arbeiten und an einem Strang ziehen“, sagt er. Der 1988 gegründete Betrieb steht fürQualität, Perfektion, Unikate und modernes Design. Inzwischen hat sich der junge Mann aus Syrien auch den Das Projekt MobiPro-EU wird aus Mitteln des Bundesministe- riums für Arbeit und Soziales gefördert.DankderMitarbeitder Arbeitsagentur Koblenz-Ma- yen kann ein weiterer Erfolg in Sachen Mobilität in Europa verbucht werden. Daniel Sanchez Bravo aus Spanien (links) und Emil Strahilov aus Bulgarien zusammen mit Ausbildern und Projektverantwortlichen der HwK Koblenz. QualitätsanspruchderDeutschen verinnerlicht. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es in Deutschland bei der Kundenzu- friedenheitaufdaskleinsteDetail ankommt. InSyriengehtmandie Arbeit etwas lockerer an“, sagt er. Und er sagt es in fließendem Deutsch. Eine Hommage an das Land, in dem er die Lehre machen konnte und in dem er sich zu Hause fühlt. Bis Ende des Jahres hat er Bleiberecht. „Wirwerdenunsdafüreinsetzen, dass er uns weiter als Fachkraft zur Verfügung steht“, betont TischlermeisterLiesenfeld.Auch sonst hat sich Issa gut eingelebt, hilft beispielsweise als Dolmet- scher seinen Landsleuten bei Behördengängen. Eine spätere Rückkehr nach Syrien schließt er dennoch nicht aus. Das hängt aber auch davon ab, wie sich sein Privatleben in Richtung Famili- enplanung entwickelt. Tischlerei Liesenfeld, Halsenbach Gegr.: 1988 | 5 Mitarbeiter | Ladenbau, Innenausbau | Tel.: 06747/1092 www.t-al.de Issa Alkatib (links) mit Ausbilder André Liesenfeld im Halsenbacher Unternehmen. Für das Gesel- lenstück, einen höhenverstell- baren Hängese- kretär, gab es die Note „sehr gut“. Seit 2014 lebt Issa in Deutsch- land und ist längst im Hand- werk heimisch.

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