Handwerk Special Nr. 220 vom 15.06.2018

„Letzte-Hilfe-Kurs“ Fast jeder hat schon einmal Erste-Hilfe ge- leistet und weiß zumin- dest, dass man einen Verletzten in die stabile Seitenlage bringt und auf schnellstem Weg Unterstützung holt. Aber „Letzte-Hilfe“? Schon mit dem Begriff tun sich Viele schwer. Die Vorstellung, einen Sterbenden zu be- gleiten, macht Angst. HwK-Seminar: Trauern ist die Lösung, nicht das Problem Dem Leben eine neue Perspektive geben Ein Stein, der ins Wasser fällt, zieht Kreise. Auch für einen Menschen, der die Diagnose Krebs erhält, ist von einem Moment auf den anderen nichts mehr so, wie es bis dahin war. Das gesamte Leben gerät aus den Fugen. Die Krebs- gesellschaft Rheinland-Pfalz unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen dabei, ihren persönlichen Umgang mit der Erkrankung und ihren vielfältigen Auswirkungen zu finden. Dazu gehört auch die Frage nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz, die für viele allein schon aus finanziellen Gründen, häufig aber auch als sichtbaresZeichenvonwieder- hergestellter Normalität von großer Bedeutung ist. Im Rahmen des Projektes „Krebs und Beruf“ beglei- tet die Krebsgesellschaft daher Betroffene, aber auch Kollegen und Vorgesetzte in Form von individuellen Beratungsgesprächen oder speziellen Seminarangeboten undVorträgen bei derWieder- eingliederung. Weitere Informationen gibt es im Informations- und Be- ratungszentrum Psychoonkologie Koblenz in der Löhrstraße 119 oder im Internet unter www.krebsgesellschaft-rlp.de Zu erreichen ist das Team der Krebsgesellschaft telefonisch unter 0261/ 988 650 oder per Mail: koblenz@krebsgesellschaft- rlp.de Im Umgang mit dem Tod sensibilisieren / Audi Zentrum Koblenz Nr. 220 15. Juni 2018 www.handwerk-special.de 10 Unddennochmuss sich fast jeder irgendwann mit Sterben und Tod beschäftigen. Viele setzen sich damit auseinander, wenn die eigenen Eltern älter werden oder es „Verluste“ imFreundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis gibt. Die zehn Frauen und drei Männer, die das Angebot der Handwerkskammer (HwK) Koblenz nutzen, einen „Letz- te-Hilfe-Kurs zu besuchen, ha- ben schon Erfahrungen mit dem TodvonAngehörigen, Freunden und Mitarbeitern gemacht oder wollen für die Zukunft vorberei- tet sein. ImHwK-ZentrumfürEr- nährung und Gesundheit (ZEG) reflektieren sie ihrepersönlichen Erlebnisse und sind offen für die Tipps und den Austausch von Erfahrungen. „Imvergangenen Jahr habenwir einen Mitarbeiter im Alter von 40 Jahrenverloren.Wirwussten, dass er Krebs hat, fanden aber nur schwer, die richtigen Worte und fühlten uns im Umgang mit ihm und auch nach seinem Tod eher hilflos“, sagt Stefanie Helf vom Bauunternehmen Helf in Urmitz. Iris Leisenheimer, die mit ihremEhemannHolger einen Malerbetrieb in Windesheim führt, erzählt von vier Mitarbei- tern, die vor kurzem den Vater verloren haben. „Wie reagiert man angemessen, was sagt man den Kollegen oder vermeidet man das Thema und lebt einfach den Alltag weiter?“ fragt sie. Beidebegrüßenden„Letzte-Hil- fe-Kurs“, mit dem die HwK Koblenz inZusammenarbeitmit dem Koblenzer Hospizverein ihre Mitgliedsbetriebe auf Kri- senfälle vorbereiten will. Das ist das Ziel von Barbara Koch, HwK-GeschäftsführerinundKo- ordinatorin des Projekts „Trau- erbegleitung am Arbeitsplatz“, die für die mittelständischen Handwerksbetriebeund ihreMit- arbeiter ein niedrigschwelliges Veranstaltungsformat gesucht und gefunden hat. Das sieht auch die geprüfte Be- statterin Petra Seifert so. Sie ist Inhaberin des 1931 gegründeten Bestattungsinstituts Pattenhei- mer in Bad Kreuznach. „Die meisten Menschen wachsen so auf, dass der Tod einTabubleibt. Vielleicht auch, weil er daran erinnert, dass das Leben nicht unendlich ist. Ich möchte ihnen schon im Vorfeld Mut machen, sich nicht allein zu fühlen, wenn ein Angehöriger oder Freund im Sterben liegt. Jede Information ist wichtig, und ich finde es sehr gut, dass die HwK Koblenz sich dieses Themas annimmt.“ Auch für Britta Rüb, die mit Ehemann Ralf in der siebten Generationein1828gegründetes Bestattungsinstitut inNickenich führt, ist der Erwerb vom zu- sätzlichem Wissen wichtig, um Hinterbliebene noch besser betreuen zu können. „Ich kann den Kurs nur weiterempfehlen.“ Krankenschwester Daniela Kie- fer-Fischer, Bildungsreferentin imKoblenzer Hospizverein e.V., bereitet mit Laptop und Beamer die vom Initiator der Letzte-Hil- fe-Kurse, demPalliativmediziner und Notarzt Dr. Georg Bollig, vorgegebenen Inhalte für die Teilnehmer auf und bindet zahl- reiche persönliche Erlebnisse aus jahrelanger Hospizarbeit ein. Sie gibt den Kursteilnehmern auch Anregungen, wie man bei einem Schwerkranken oder Sterbenden Symptome undBeschwerden lin- dernundauchohnemedizinisches Wissen helfen kann. „Dasein und Zuhören, Bleiben undAushalten, weil esvieleneinenTeil ihrerLast nimmt, wenn sie jemanden zum Reden haben. Nicht nach dem Morgen schauen, sondern auf das Heutesehen“,nenntsieStrategien. Auch um das Thema Vorsorge geht es in der Veranstaltung. Eine Patientenverfügung und eineVorsorgevollmacht gehören unbedingt dazu. Viele zögern es langehinaus, dieseSchriftstücke anzufertigen. „BeideDokumente müssen nicht von einem Notar beglaubigtwerden. Es reicht aus, wenn sie von der Person, die sie betreffen, unterschriebenwerden und der Bevollmächtige davon weiß“, so die Referentin. Der „Letzte Hilfe“-Kurs vermit- telt dievielenFacetten, aber auch dieNormalitätdesTodes,Sterben als Teil des Lebens, gutes Ster- ben als Voraussetzung für einen versöhnten Abschied und gute Trauer der Zurückbleibenden. Nicht auf jede Frage kann es am Ende des Crash-Kurses eine Antwort geben. Zu individuell sinddieAnliegen.ZurVertiefung empfiehltDanielaKiefer-Fischer daher die Beratungsangebote des Hospizes und zahlreiche Publikationen.Diesebereitendie Thematik aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf. Daniela Becker-Keip, Betriebs- beraterin bei der HwK, weist abschließend auf den speziellen Notfallordner hin, der eigens für Handwerksbetriebe entwickelt wurde und der in Krisensituati- onen, beispielsweise beimplötz- lichen Ausfall des Inhabers oder eines leitenden Mitarbeiters, hilft, dass der Betrieb nicht ins Stocken gerät. Das Resümee der Teilnehmer ist durchweg positiv, denn sie nehmen aus diesem Nachmittag die Erkenntnis mit: Trauern ist die Lösung, nicht das Problem! DieHwKKoblenzhatmitdiesem außergewöhnlichenAngebot ins Schwarzegetroffen.Dienächsten „Letzte-Hilfe-Kurse“ werden bereits für den Herbst geplant. Informationen zum Pro- jekt „Trauerbegleitung am Arbeitsplatz“ bei der HwK- Koblenz, Tel. 0261/ 398-141, trauerbegleitung@hwk- koblenz.de , www.hwk-koblenz. de/Trauerbegleitung Foto: Sebastian Freitag, Fotolia.de Das Audi Zentrum Koblenz zählt 73 Mitarbeiter um

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