Handwerk Special Nr. 219 vom 05.05.2018

Meister 1978 Egal, ob Vollzeit oder Teilzeitkurse: Der Weg zum Meisterbrief ist alles andere als ein Spaziergang, die Ansprüche an die Teilnehmer sind hoch. Doch die großen Herausforderungen schweißen auch zusammen. Und oft entstehen dabei Freund- schaften, die ein Leben lang halten. Jahrgangstreffen mit 40 Jahren Tradition Denkmalpflege / Maler und Lackierer pflegen Meisterradition Nr. 219 5. Mai 2018 www.handwerk-special.de 17 Blick vom Betriebsgelände in der Dachsenhäuser Straße auf die Marksburg. Stationen der Unternehmenshistorie Holzbau Wagner hat eine lange Unternehmens- geschichte, die bis ins Jahr 1890 zurückreicht. Damals gründete Karl Wagner eine Zimmerei mit Schreinerei und Treppen- bau. Die Entscheidung für diese Kombination spricht auch heute noch für den Weitblick des Gründers. Das Unternehmen entwickelte sich kontinuierlich. 1949 über- nahmFritzWagnerdenBetrieb, der zum 1. Januar 1989 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt wurde. Geschäftsführer wurden Fritz Wagner und Erwin Spries- tersbach, Vater des heutigen Geschäftsführers Reimund Spriestersbach. Er übernahm 1984 die Leitung der Zimme- rei und stieg 1993 auch in die Geschäftsleitung des ganzen Unternehmens ein. Nach dem Ausscheiden seines Vaters übernahmReimundSpriesters- bach dieGeschäftsführung des BraubacherTraditionsbetriebs, an dessenSpitze er gemeinsam mit ErichKarwaczewski heute noch steht. Und die nächste Generation steht mit Nico Spriestersbach schon bereit. Der 30-Jährige bereitet sich derzeit systematisch auf seine künftigen Aufgaben vor – und nimmt anumfassendenWeiter- bildungsangeboten teil. Apropos Weiterbildung: Die ist bei Holzbau Wagner für alle Pflicht. Verdienter Lohn: Umfassende Zertifizierungen, darunter als Fachbetrieb Dämmtechnik, Holzbau, Aus- bau und Modernisierung. Außerdem engagiert sich das Unternehmen im Arbeitskreis Denkmalpflege sowie in der Baugewerks-Innung Rhein- Lahn und in der Tischler-In- nung Rhein-Lahn, in der Erich KarwaczewkiLehrlingswartist. Dass die Unternehmenskultur intensiv gepflegt wird, zeigt die Tatsache, dass viele Mitarbeiter dem Unternehmen schon lange angehören. „Erst kürzlich haben wir einen Kollegen verabschie- det, der 50 Jahre dabei war“, berichtet Erich Karwaczewski nicht ohne Stolz. Bei Holzbau Wagner denkt man langfristig. Geschäftsführer Karwaczewski räumt allerdings auch ein, dass so mancher Handwerker in die Industrie abwandert. Hier ist die Arbeit zwar geregelter, aber auch monotoner. In keinem Fall aber ist sie mit den spannenden Aufgaben in der Denkmalpflege zu vergleichen. Der Erfolg des Braubacher Handwerksunternehmens re- sultiert aus Sicht von Reimund Spriestersbach auch einem ganz bewussten Verzicht: Während andere die Mechanisierung vo- rantrieben, gingmanbeiHolzbau Wagner einen anderenWeg und entschied sich für den Gegent- rend: Rückbesinnung auf tradi- tionelle Handwerkstechniken. Dabei kam dem Unternehmen ein allgemeines Umdenken zu gute. „Wir waren schon immer in historischen Bauwerken im Einsatz. Doch in der Breite gibt es Denkmalpflege erst seit den 1980er-Jahren. Diese Entwick- lung haben wir für uns genutzt“, sagt Reimund Spriestersbach. Bewusste Rückbesinnung auf traditionelle Werte Die ganz bewusste Rückbesin- nung auf die überliefertenWerte desHandwerksmachenHolzbau Wagner auch zu einem interes- santen Ausbildungsbetrieb. Es kommt nicht von ungefähr, dass aktuell sechs junge Leute ihre Lehre im Betrieb in der Dach- senhäuser Straße absolvieren. Erklärtes Ziel ist es, in jedem Jahr mindestens einem Neu- einsteiger eine Chance auf eine qualitativ hochwertige Ausbil- dung zu geben. Und sie haben mit der Marksburg quasi direkt ein Anschauungsobjekt vor der Haustüre, das für die Ewigkeit gemacht ist. Extreme Stabilität und Langlebigkeit sind auch die Anforderungen, die dort alle zu erbringenden Leistungen erfül- len müssen. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt ein weiterer Blick in die Rüstkammer.Hier sanierteHolz- bauWagner nicht nur dieBöden, sondern baute auch eine neue Empore zur Erschließung des Ausgangs, die unterschiedlich genutzt wird – so zum Beispiel als Ausstellungsort für Gerät- schaften und Waffen von der Marksburg und als unsichtbarer Abstellplatz für Reinigungs- utensilien. Die von außen nicht zusehendeUnterkonstruktion ist unverwüstlich. Und das muss sie auch sein. „Hier kommen in jedem Jahr rund 180.000 Besucher durch“, rechnet Erich Karwaczewski vor. Er kannauch im Falle der Marksburg auf eine lange Projektliste vorweisen. Dazu gehörte auch der Wieder- aufbau der 2002 abgebrannten Burg-Schänke, die drei Jahre später neu eröffnet wurde. Holzbau Wagner GmbH, Braubach Gegr. 1890 | 22 Mitarbeiter | Denkmalpflege, Fenster, Wintergärten und mehr | Tel. 02627/224 | www.holzbau-wagner.de Ein sonnig-warmer Samstag im April in Kestert. Die Gemeinde im Unesco-Welterbe Oberes Mittelrheintal wird an diesem Tag Schauplatz eines ganz besonderen Treffens. Erfahrene Maler- und Lackierermeister feiern ein Wiedersehen mit ihren einstigen Mit- streitern. Was sie eint: Sie gehören dem Meisterjahrgang 1978 an. Vor genau 40 Jahren haben sie nach monatelangen Entbehrungen ihre Meister-Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und danach mit dem Großen Befähigungsnachweis ihre Betriebe aufgebaut. „Eine harte, aber auch schöne Zeit“, bilanziertMaler- undLackierer- meister Hans-Jürgen Hirsch. Er gehört nicht nur zum „harten Kern“ des Meisterjahrgangs, er hat auch das Treffen in Kestert organisiert. Wie die anderen Freunde auch, hatte er sich seinerzeit für die Teil- zeitausbildung entschlossen. „Es ging ja auch nicht anderes. Der Betrieb musste ja weiterlaufen“, betont er. 1975 hatte Hans-Jürgen Hirsch den Betrieb vom Vater Hans übernommen – zunächst mit einer Ausnahmegenehmigung der Handwerkskammer (HwK) Koblenz. Der damalige Geselle wurde dabei von der Kammer gründlich geprüft. Er musste im Rahmen der Altgesellenregelung nachweisen, dass er einen Handwerksbetrieb führen kann. Ein „Freifahrschein“ fürs ganze Berufsleben war das jedoch nicht. Der jungeMaler und Lackierer begann folglich „seine“ Meistervorbereitung – es folgten entbehrungsreiche Monate. Undwie ist es heute?Trotz der zahlreichenNovellenderHandwerks- ordnung gilt für Maler und Lackierer, die einen eigenen Betrieb gründen, übernehmen oder führen wollen, die Meisterpflicht. Die Teilnahme an denMeistervorbereitungskursen der Handwerkskam- mern ist also weiterhin unerlässlich. Und auch bei der HwKKoblenz werden im Herbst wieder neue Kurse beginnen. Sechs Monate in Vollzeit,18 Monate in Teilzeit. Diese Zeit müssen Interessenten allein für die Teilnahme an den fachbezogenen Teilen I und II investieren. Dazu kommen noch die Kurse für die allgemei- nen Teile III und IV, in der alle kaufmännischen und pädagogischen Fähigkeiten vermittelt werden, die für das erfolgreiche Führen eines Handwerksbetriebes – inklusive der Befähigung für die Ausbildung von Lehrlingen – notwendig sind. Hier müssen die Meister in spe noch einmal rund 330 Unterrichtsstunden einplanen, die ebenfalls in Teilzeitform absolviert werden können. Trotz harter Monate und Belastungen im Grenzbereich wollen die meisten Absolventen, die zum Teil auch heute noch in ihrem Beruf tätig sind, die Zeit nicht missen. Es sind eben nicht nur Hans-Jürgen Hirsch und seine Freunde, die damals aufgebaute Kontakte über Jahre hinweg pflegen. Dennoch ist das, was der Meisterjahrgang 1978 pflegt, bemerkenswert. Es ist den Teilnehmern gelungen, eine Konstanz in ihre Treffen zu bringen und eine lieb gewonnene „Meister-Tradition“ dauerhaft mit Leben zu erfüllen. 1978 waren sie Jungmeister, doch auch 40 Jahre nach der Meisterprüfung ist der Kontakt unter den Maler und Lackierern samt Familienangehörigen eng.

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