Handwerk Special Nr. 216 vom 27.01.2018

Mit Vollgas zum Sieg Sie ist 22 Jahre jung, kommt aus Breitenau im Westerwald und ist Deutschlands beste Au- tomobilkauffrau-Gesellin. Ann-Kathrin Gräfen hat sich beim Leistungswett- bewerb des Deutschen Handwerks (PLW = Profis leisten was) auf Bundes- ebene unter sieben Teil- nehmern, darunter zwei Mädchen, durchgesetzt. Mit der Bundessiegerin freuen sich ihre Eltern, der Ausbil- dungsbetrieb, Westerwald Au- tomobile, Ransbach-Baumbach und das Autohaus Wagner in Nauort, indemsie heute arbeitet. „Meine Eltern haben mich mit Blumen am Bahnhof abgeholt. Das war schön“, sagt sie. Zehn Punkte vor der Zweiten Im Bundeswettbewerb in Frei- burg ging es für die Landessie- ger unter anderem darum, ein Marketingkonzept zu erstellen, einVerkaufsgespräch zu führen, ein Veranstaltungsplakat zu gestalten und Fragen zu Finanz- dienstleistungenzubeantworten. Die jungen Leute hatten je 20 Minuten Zeit, um sich auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Bei demMarketingkonzept mussten sie beispielsweise einen Auto- hersteller davon überzeugen, dass ihr Autohaus genau der Westerwälderin ist Deutschlands beste Automobilkauffrau Den praktischen Leistungs- wettbewerb im deutschen Handwerk für erfolgreiche Gesellen gibt es bereits seit 1951auf Kammer-, Landes- und Bundesebene. Auskunft gibt die HwK- Gesellenprüfung: E-Mail michelle.klasen@hwk- koblenz.de Wettbewerb für junge Gesellen Info-Tel. 0261/ 398-419 Gut gemacht! Gebäudereinigergeselle Jonas Vetter aus Meisenheim ist Bun- dessieger im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks 2017. Im Technoseum Mannheim setzte sich der 22-Jährige unter Gesellen aus 11 Bundesländern durch. Inmitten der Ausstellungsstücke aus mehr als 200 Jahren Tech- nik- und Sozialgeschichte traten die Kandidaten in den Arbeits- gebieten Parkettreinigung, Glasfassadenreinigung sowie Reini- gung von Attikaplatten gegeneinander an. Jonas überzeugte die Juroren mit seinen Leistungen am meisten. „Das Technoseum Mannheim stellte mit imposanten Exponaten und spannenden Experimentierstationen zu Naturwissenschaft und Technik eine ganz besondere Prüfungsatmosphäre dar“, so Jonas. Für den jungen Mann ist der Sieg eine zusätzliche Be- stätigung, dass er sich beruflich richtig entschieden hat. Seinen Anspruch – „was ich mache, soll gut sein“ – ist er erneut gerecht geworden. Bevor er sein Handwerk im Betrieb von Christian Forster in sei- nem Wohnort gelernt hat, studierte er zwei Semester Informatik. „Nach dem Abitur erschien ein Studium zunächst folgerichtig. Zum Glück habe ich mich frühzeitig neu orientiert“, schätzt er ein. Den Gebäudereinigerbetrieb seines späteren Ausbilders kannte er durch Ferienjobs. „Ich hatte Einblick und konnte mir ein Bild von dem sehr vielseitigen und abwechslungsreichen Beruf machen. Ich bin froh, dass ich mich nach kurzem Umweg für eine Lehre als Gebäudereiniger entschieden habe“, so Jonas. Er räumt auch gleich mit Vorurteilen auf, die eine professionelle Reinigung auf das bloße Saubermachen reduzieren. „Gebäu- dereiniger müssen wissen, wann welches Reinigungsmittel auf welchem Material zum Einsatz kommt. Wir sind Spezialisten für Sauberkeit und Hygiene, pflegen und erhalten.“ Nach der Lehre wechselte er zur Piepenbrock Unternehmens- gruppe. Der Gebäudedienstleister mit seinem Sitz in Osnabrück ist in Deutschland mit insgesamt 70 Niederlassungen und rund 800 Standorten vertreten, an denen er 26.069 Mitarbeiter beschäftigt. „Ich wollte über den Tellerrand sehen und beste Entwicklungschancen für mich ausloten“; begründet er diesen Schritt. Persönlich ungebunden ist er jetzt deutschlandweit un- terwegs. Die neue Herausforderung hat er gesucht und nimmt sie gern an. Zu seinem Ausbildungsbetrieb hat er nach wie vor einen guten Draht. Zurzeit nimmt Jonas Vetter an einem 18-monatigen Traineeprogramm teil. In unterschiedlichen Abteilungen des Unternehmens bekommt er das Rüstzeug, um zukünftig Fach- und Führungsaufgaben zu übernehmen. Danach gibt es für den engagierten jungen Mann, der in seiner Freizeit viel Sport treibt, mehrere weitere berufliche Optionen. Der Meister in seinem Handwerk gehört dazu. Jonas Vetter ist bester Gebäudereiniger Zwei Bundessieger im Portrait Nr. 216 27. Januar 2018 www.handwerk-special.de 7 richtigeVertriebspartner für neu insProgrammgenommeneElek- troautos ist. Bei dem Verkaufs- gespräch ging es ebenfalls um dieElektromobilität.Hier sollten die Kandidaten einem Kunden Informationen zu Elektro- und Hybridfahrzeugen geben. Bei der Gestaltungsaufgabe sollten die jungen Gesellen ein Plakat entwerfen, das für einen Tagder offenenTürwirbt. Darü- berhinausgalt es, Finanzierungs- und Leasingraten zu berechnen. Ann-KathrinGräfenerreichte93 von 100 Prozentpunkten und lag damit 10 Punkte vor der Zweit- platzierten. Sie beeindruckte die Prüfer insbesondere mit einer hervorragendenVerkaufs-, Beratungs- und Marketingkom- petenz. Lob für den Ausbildungsbetrieb Gelernt hat Ann-Kathrin ihr Handwerk bei Westerwald Automobile inRansbach-Baum- bach. „Nach demFachabitur mit Fachrichtung Technik habe ich Praktika in mehreren Berufs- zweigen absolviert und auch ein Studium nicht ausgeschlossen. Meine Liebe zum Motorsport gab dann den Ausschlag für die Ausbildung“, erzählt sie und ergänzt, dass siebereits sehr jung ihren Vater Klaus zur Rennstre- cke begleitet hat und auch schon selbstAutocross gefahren ist. Sie lobt ihren Ausbildungsbetrieb. „Ich wollte meinen Horizont erweitern und über den Garten- zaun schauen“, begründet sie ihrenWechsel nachderLehre ins NauorterAutohaus.Hiermöchte sie zukünftig stärker im Fahr- zeugverkauf arbeiten. Die ihr für den Bundessieg aus Mitteln der Begabtenförderungbewilligte fi- nanzielle Unterstützung möchte siedeshalb ineineWeiterbildung zur zertifiziertenAutomobilver- käuferin investieren. In ihrer Freizeit will sich die 22-Jährge wieder stärker im Motorsport engagieren. Ihre Zukunft könnte sie sich deshalb auch imMotorsportmanagement vorstellen. „Meine Ausbildung ist die perfekte Basis und der BundessiegeineguteReferenzfür kommendeHerausforderungen.“ Ann-Kathrin Gräfen hat noch viel vor. Sie will auch im Motorsport durchstarten. Vom Informatikstudenten zum Gebäudereiniger: Jonas Vetter hat seine Entscheidung nicht bereut. Und jetzt ist er auch noch Bundessieger. Foto: privat

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