Handwerk Special Nr.215 vom 02.12.2017

Werkstatt in Kinderhand Mit vom Eifer geröteten Wangen und strahlenden Augen werkeln, schleifen und malen Kinder zwi- schen fünf und 13 Jahren in der Werkstatt von Tischlermeister Björn van Brügge in Waldlaubers- heim. Unter seiner Lei- tung geben sie zuvor ge- frästen Holzmäusen- und -elefanten ihre individuell gestalteten Gesichter. Der 43-Jährge hat den von der bekannten Kindersendung mit derMaus initiierten „Maus-Tür- öffner-Tag“ genutzt, um für den Nachwuchs zu werben. Er hatte die Kinder eingeladen, seine modern eingerichtete Werkstatt anzuschauen und zu sehen, wie ein Tischler arbeitet und wie computergesteuerte Maschinen funktionieren. Wer den Maschinenpark von Björn van Brügge sieht, spürt seine Begeisterung für Technik. In der 800 Quadratmeter großen Arbeitshalle stehen neben Stan- dardmaschinen eine liegende Plattensäge,CNC-Bearbeitungs- zentrum mit entsprechender Software, eine Furnierpresse für Furniere bis drei Meter Länge oder eine Breitbandschleifma- schine für den perfekten Ober- flächenschnitt.Auch einmodern eingerichteter Lackierraum mit Zuluftdecke, umgleichbleibende Temperaturen für eine optimale Lackierung zu garantieren, gehört zum Inventar. „Ich habe nach und nach aufgerüstet, weil ich meinen Kunden so eine größere Leistungspalette liefern kann“, betont er.Aufgestockt hat er auch die Zahl seinerMitarbei- ter. Inzwischen gehören zehn zu seinem Team. Vom Landhausstil zu moderner Architektur Angefangen hat der junge Mei- ster 2000 in einer ehemaligen Schnapsbrennerei in Schwep- penhausen. „Als Geselle habe ich in Österreich gearbeitet und dort vorwiegendMöbel imLand- hausstil gebaut. Das war auch der Angebotsschwerpunkt am Anfang meiner Selbstständig- keit“, erzählt er.Drei Jahre später vollzog sich der Wandel hin zu Tischlerei nutzt „Maus-Türöffner-Tag“ zur Nachwuchswerbung Voll integriert Satar Barakzaei möchte Orthopädietechnik-Mechani- ker werden. Der gebürtige Afghane will durch maß- gerechte Handarbeit Menschen mit körperlichen Ein- schränkungen helfen, in der Gesellschaft integriert zu bleiben und im Alltag zurechtzukommen. Für den 30-Jährigen hat das Wort Integration eine besonde- re Bedeutung. Er lebt seit zwei Jahren mit seiner Familie in Deutschland. Voran ging ein schwerer Fluchtweg mit Prothese durch verschiedene Länder. Jetzt fühlt er sich nach mehreren Durchgangsstationen in Datzeroth im Landkreis Neuwied ange- kommen. Rundum integriert fühlt er sich aber vor allem deshalb, weil er im Sanitätshaus Wittlich einen Ausbildungsplatz gefun- den hat. „Mit 11 Jahren bin ich in meiner Heimat auf eine Mine getreten und habe mein Bein verloren. Ich musste mich frühzeitig an eine Prothese gewöhnen“, erzählt er. Im Rahmen seiner medizi- nischen Versorgung durch die Orthopädietechnik Abteilung des Sanitätshaus Wittlich wurde sein Interesse an dem handwerk- lichen Beruf geweckt. Nach einem Praktikum bekam er im Rah- men einer Einstiegsqualifizierungsmaßnahme (EQ) die Lehrstel- le. „Satar ist handwerklich geschickt, engagiert und lernwillig. Das sind beste Voraussetzungen für den Beruf“, betont Marion Dum, verantwortliche Bereichsleitung im Unternehmen mit 164 Mitarbeitern in 19 Filialen. Dreieinhalb Jahre dauert die Lehre zum Orthopädiemechaniker und Bandagisten. Moderne Technologien unterstützen die hand- werkliche Maßarbeit und Innovationen erweitern stetig die Funk- tionen der orthopädischen Hilfsmittel. Satar Barakzaei möchte sich diesen Herausforderungen stellen. Inzwischen hat der junge Mann Deutsch gelernt. Bereits vor dem Besuch des Sprachkurses hat er sich Grundkenntnisse über ein Video selbst angeeignet. Er ist überzeugt, dass die Sprache ein wichtiges Bindeglied zu seinen zukünftigen Patienten ist. Die Verständigung liegt ihm am Herzen. „Der Kontakt zu Menschen mit Behinderung macht deutlich, wie wichtig es für sie ist, wei- testgehend selbstständig zu bleiben. Die eigene Betroffenheit macht mir die Verantwortung für den Patienten zusätzlich be- wusst. Ich bin glücklich ein Handwerk zu lernen, dass mit dabei hilft, Menschen zu integrieren statt zu isolieren“, freut er sich. Informationen zur Ausbildung bei der HwK-Ausbildungsbera- tung, Tel. 0261/ 398-333, Fax -990, aubira@hwk-koblenz.de , www.hwk-koblenz.de Wenn Orthopädietechnik Berufung ist Heimat Handwerk / Fachkräftesicherung Nr. 215 2. Dezember 2017 www.handwerk-special.de 15 Tischlerei Björn van Brügge, Waldlaubersheim Gegr. 2000 | 10 Mitarbeiter | individueller Möbelbau, Küchen, Bäder, Türen | Tel. 06707/ 666 27 90 | www.vanbruegge.de modernerArchitektur. „AufVer- brauchermessen habe ichArchi- tekten kennengelernt und erste Aufträge für den kompletten Innenausbau mit individuellen MöbelnvonEinfamilienhäusern erhalten.“Seitdemhat Björnvan Brügge mehrmals um- und aus- gebaut. 2017 präsentiert er den neuen Sitz in Waldlaubersheim. Sein Dank gilt dem Mitarbeiter von der Betriebsberatung der Handwerkskammer (HwK) Koblenz, der seinen Weg be- triebswirtschaftlich mit ihm geplant und begleitet hat. “Vor allem im Umgang mit der Bank war die Hilfe unverzichtbar“, resümiert er. Passgenauer Korpus statt Rastermaße Planung und Bau von indivi- duellen Küchen, Badmöbeln und sonstigen Einbauschränken gehörenzurLeistungspalettedes Tischlermeisters. „Sie passen in keinRaster, sondern sind für den Kunden und seine vorhandenen Raummaße entworfen. Gern erzählt er von Schiebetüren aus seinerWerkstatt, die auf unsicht- baren Schienen laufen und so zu schweben scheinen. Unterputz- zargen geben Wohnungstüren ein puristisches Outfit. Auch die für eine Villa speziell angefer- tigten, in der Fläche gerundeten 2,80MeterhohenTürensindeine van Brügge-Meisterleistung. 100 Prozent Tischler Björn van Brügge trägt das Tischlergen in sich. Schon sein aus Holland stammender Opa war Tischler. Auch der Vater übte den Beruf aus. „Ich liebe meinen Beruf. Selbstständig zu arbeiten war immer mein Wunsch. Ich weiß, dass sich Kundenwünsche verändert ha- ben, der hohe Anspruch an die handwerkliche Leistung ist aber geblieben ist. Der Meister steht für Qualität und ist zu jederzeit Ansprechpartner. Damit identi- fiziere ich mich und gebe 100 Prozent!“ Mitten in der Werkstatt der Tischlerei van Brügge findet der „Maus-Türöffner-Tag“ statt und lädt Kinder und ihre Eltern ein, Handwerk „live“ zu erfahren. Arbeiten mit der Maus: Blick in das Werkstattgesche- hen nach dem Aktionstag. Foto: privat Satar Barakzaei (Mitte) fühlt sich im Sanitätshaus Wittlich wohl. Marion Daum und Dirk Eckhoff un- terstützen den jungen Afghanen.

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