Handwerk Special Nr. 141 vom 7. August 2010 - page 12-13

Tourismus: Einkehren und genießen beim Handwerk
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Nr. 141
7. August 2010
Der Steig ist möbliert
Sitzmöbel und Schutzhütten laden Wanderer zur Rast ein
Wanderer, lass dich ruhig nieder – bei einem kühlen Dunklen aus dem Marienstatter Brauhaus
„Wanderer lass dich
ruhig nieder, das Mari-
enstatter Klosterbräu
macht keine schweren
Glieder ...“, könnte man
nach Genuss des küh-
len Dunklen aus dem
Marienstatter Brauhaus
leicht abgewandelt eine
Volksweisheit rezitieren.
Seinen guten Geschmack
verdankt der Gerstensaft auch
Brauermeister Gerd Siebel.
Der 52-Jährige hat langjährige
Erfahrung imUmgangmit den
Rohstoffen zur Bierherstel-
lung: Wasser, Hopfen, Malz
und Hefe. Im Brauhaus der
Abtei, das in die Handwerks-
rolle der Handwerkskammer
Koblenz für das Brauer- und
Mälzerhandwerkeingetragenist,
wird ein dunkles, untergäriges,
leicht hefetrübes Bier gebraut
mit einem hohen Anteil von 55
Prozent an dunklem Malz bei
einer Stammwürze von bis zu
13 Prozent und einem Alkohol-
gehalt von 5,5 Prozent.
Es ist drei Zisterziensermönchen
zu verdanken, dass die Mönchs-
gemeinschaft der Abtei Marien-
statt 2004 an eine Brautradition
anknüpfen konnte, die – mit
Brautag bis zur Fassabfüllung
des fertigenProdukts vergehen
vier Wochen und ein Tag. Pro
Sudwerden800Liter gebraut“,
erklärtMartinKissel, Betriebs-
leiter des Brauhauses. Neben
dem frisch Gezapften kann
man das Bier auch in Flaschen
abgefüllt im Klosterladen der
Abtei erwerben.
Bei Schönem und Nützlichem aus dem Handwerk verweilen
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7. August 2010
Einkehren am WW-Steig
Schon beim Anblick von
Westerwaldsteig-Trüf-
feln und Hachenburger
Schlosstorte läuft
jedem Fan von süßen
Schnuckeleien das Was-
ser im Mund zusammen.
Genießen kann man diese
Köstlichkeiten und zahlreiche
andere Spezialitäten im Ha-
chenburger Café Klein. Mit 120
Jahren ist es die älteste Kondi-
torei der Stadt. Kreiert hat die
lukullischen Verlockungen aus
Creme,Sahne,BiskuitundScho-
kolade Konditorenmeister Hans
Weller.Der 52-Jährige ist seit 20
Jahren Inhaber des Cafés.
Westerwaldsteig geht
über „gute Stube“
Wer auf seiner Wanderung
entlang des Westerwaldsteigs
oder auf einer Fahrt durch
die reizvolle Landschaft des
Hachenburger Konditormeister und seine süßen Schnuckeleien
Westerwalds Hachenburg, die
ehemalige Residenz des Grafen
von Sayn, erreicht, findet die
Konditorei Klein zu Füßen des
stattlichen Barockschlosses am
Alten Markt. Der goldene Löwe
auf dem Marktbrunnen hält das
Wappenschild Hachenburgs.
„Der Alte Markt ist die ‘gute
Stube’ der Stadt. Er ist von al-
ten, schönen Fachwerkhäusern,
der Pfarrkirche Maria Himmel-
fahrt und der evangelischen
Schlosskirche eingerahmt. Der
Westerwaldsteig verläuft über
den Markt. Unser Café befindet
sich in einem200 Jahre altenGe-
bäude und ist Stempelstelle für
die Wanderer“, erklärt Weller
diebeeindruckendeLage seiner
Wirkungsstätte. 80 Sitzplätze
im Innenbereich und 70 Sitz-
plätzeaufderTerrasseerwarten
dieGäste.DerKonditormeister
hat sich mit einem reichhal-
tigen Sortiment auf seine
Kunden, darunter zahlreiche
Touristen, eingestellt.
Neben Konditoreispezialitäten
werden täglich frisch Pralinen
undEishergestellt.„Zutatensieht
man nicht, aber man schmeckt­
sie“, ist Weller überzeugt. Er
setzt auf alte Rezepte, ist aber
auchfürneueGeschmackstrends
offen. Geschmacksverstärker
undFertigprodukte findetman in
der Backstube von Hans Weller
nicht. Mit Fantasie, Raffinesse
und Engagement entwirft er
Dinge, die nicht nur gut schme-
cken,sondernauchverführerisch
aussehen. Wer einen herzhaften
Snack bevorzugt, ist im Café
Klein ebenso willkommen. Ob
Frühstück in unterschiedlichen
Varianten, belegteBrote,Würst-
chen oder Suppen, alles ist für
den Gast zur Stärkung bereit.
Die Liebe zum Beruf hat Weller
an seine Lehrlinge und Gesellen
weitergegeben. Zwei der Gesel-
lenhaben imWinter 2010bei der
HwK Koblenz erfolgreich die
Meisterprüfung abgelegt.
Steckbrief: Café Klein, Hachenburg
Gegr. 1890 | 7 Mitarbeiter (1 Meister, 3 Lehrlinge) | Westerwald-
steig-Trüffel, Torten, Eis, Pralinen | Tel.: 02662/ 1885
Nachgefragt
bei UFH Marianne Kopper
Marianne Kopper
ist Vorsitzende
des Arbeitskreises
Neuwied der Unter-
nehmerfrauen im
Handwerk (UFH).
I
nfos
„Die Zeit, als die
Unternehmerfrau
am Telefon immer
auf ihren Mann,
Unterwegs
auf dem Westerwaldsteig
Seit Mai 2008 prägt der Westerwald-
steig die Wanderregion.
I
nfos
In der Mitte zwischen
Köln und Frankfurt,
begrenzt durch
Rhein, Sieg, Dill
und Lahn, ist der
Westerwald
eine grüne
Oase. Mitten in
Deutschland, im
Herzen der Natur.
Der Westerwaldsteig
beginnt im Osten bei Herborn
in Hessen und endet nach 235 km
bei Bad Hönningen am Rhein.
Höhenunterschiede innerhalb des
Wanderweges betragen rund 450 m
und gipfeln auf der Fuchskaute, der
höchsten Erhebung mit 657 m.
... über den Westerwaldsteig im Internet
unter
bestimmt ein lustiges Fotomotiv
abgegeben“, soThomasKopper.
Der 38-Jährige ist Meister wie
seinVater. Auch sein zehn Jahre
jüngerer Bruder hat sich beruf-
lich für das Zimmererhandwerk
entschieden. Er unterstützt als
Geselle das Team.
Schwerpunktmäßig ist das vom
Baugewerbeverband Rheinland
mit vier Sternen zertifizierte
Unternehmen aus Dürrholz im
Holzrahmenbau tätig. Kopper
ist Mitglied im Team Holzrah-
menhaus, einer kompetenten
Gemeinschaft von Zimmerer-
meistern, Statikern, Architekten
undPartnern,diesichfürdieFör-
derung des modernen Holzrah-
menbaus einsetzt. Überwiegend
Privatpersonen von Köln bis
Frankfurt zählen zu den Kunden
der Zimmerei Kopper.
Steckbrief: Holzbau Dieter Kopper, Dürrholz
Gegr.1978 | 5 Mitarbeiter (2 Meister) | Holzrahmenbau, Ausbau,
Trockenbau | Tel.: 02684/ 959495 |
Keramikermeisterin verziert Salzglasiertes mit Motiven der Region
Den Westerwaldsteig
können Wanderer jetzt
mit nach Hause nehmen.
Zumindest auf Bechern,
Krügen und Tellern.
Getöpfert, Red gemacht (ge-
ritzt), gemalt und im offenen
Feuer bei 1.260 Grad gebrannt
und salzglasiert von Kerami-
kermeisterinMarlieseFürstaus
Alpenrod. Die 54-Jährige stellt
sie nach alter handwerklicher
Tradition her.
„Salzbrand ist eine Glasur, die
durch Salz entsteht, das beim
Erreichen der Spitzentem-
peratur um 1.260° C in den
Ofen geworfen wird. Dabei
zersetzt sich das Salz und seine
Bestandteile werden flüchtig.
Der hierbei freiwerdende
Natriumoxidanteil verbindet
sich mit dem Aluminiumoxid
und dem Siliziumdioxid der
heißen Ware und bildet eine
Glasur. Der Salzbrand stammt
aus dem Rheinland. Hier ent-
wickelte sich zwischen dem 12.
und 14. Jahrhundert die Technik
des Salzglasierens“, beschreibt
Marliese Fürst diese Technik.
DieMeisterinistseit1982selbst-
ständig.„Damalswurdedererste
Ofen in unserer eigenen Werk-
statt gebrannt. Inzwischenhaben
wir mehrfach umgebaut und es
gibt einen eigenenAusstellungs-
raum von 200 Quadratmetern“,
erzählt sie.
Marliese Fürst freut
sich über die tou-
ristische Erschlie-
ßung des Wester-
waldsteigs, der ihr
auchneueKunden
bringt. „Einige
Wanderer möchten
Bis jetzt hat sie 18 Lehrlinge
erfolgreich ausgebildet.
Für ihr Engagement
wurde sie von der HwK
Koblenz geehrt. Die
von ihr ausgebildete
Keramikergesellin
MarinaHelsperwur-
de2009imLeistungs-
wettbewerb des Hand-
werks Landessiegerin.
einekeramischeErinnerungmit-
nehmen. Andere interessieren
sich für das Töpfern schlecht-
hin“, weiß sie. Marliese Fürst
bietet Werkstattbesichti-
gungen und fachkundige
Führungen und Bera-
tungen für Gruppen
und Einzelper-
sonen an. Für
Firmen und
Vereine fertigt
sie individu-
elle, speziell nach
Wunsch hand-
gefertigte
Töpfer-
waren.
Zeiten der Unterbrechung
– seit dem Jahre 1362 nach-
weisbar ist. Sie fanden in der
Bibliothek alte Bierrezepte
und erweckten die Tradi-
tion des Bierherstellens zu
neuem Leben. Vorhandene
Räumlichkeiten erfuhren eine
neue Nutzung. Inzwischen lädt
die angenehme Atmosphäre
des Marienstatter Brauhauses
seine Gäste zum Verweilen und
Genießen ein.
„Der Brauprozess beginnt in
unserem 1.000-Liter-Blocksud-
werk, das imunterenBereich aus
einer beheizbaren Maisch- und
Würzepfanneund imoberenTeil
aus einem Läuterbottich be-
steht.Vomersten
Konditorenmeister Hans
Weller steht für Wester-
waldsteig-Qualität.
Westerwaldsteig-Trüffel
Steckbrief: Marienstatter Brauhaus, Marienstatt
Gegr. 2004 | 1 Brauermeister | Marienstatter Klosterbräu, Gastro-
nomie | Tel.: 02662/ 9535-300 |
Die Konditorei Klein findet
sich im Herzen der Altstadt
von Hachenburg.
Martin Kissel schenkt aus.
Brauhaus der Abtei Marienstatt.
Zimmerermeister Dieter
Kopper hat Ruhebänke
und Schutzhütten für den
Westerwaldsteig gefertigt.
Der 235 Kilometer lan-
ge Westerwaldsteig
von Bad Hönningen
bis Herborn ist möbliert.
An den landschaftlich
reizvollsten Stellen laden
17 Sitzgruppen mit Bän-
ken und Tischen und 81
Solo-Bänke zur Rast ein.
So kann man beim Ausruhen
die herrliche Sicht noch besser
genießen oder einfach die Seele
baumeln lassen. Gebaut wurden
sie von Zimmerermeister Die-
ter Kopper aus Dürrholz und
seinem Team. Die Handwerker
haben sie aus Douglasie, einem
witterungsbeständigen Holz,
gezimmert.
Auch vor einem Regenschau-
er brauchen Wanderer keine
Angst haben. Zehn Schutzhüt-
ten kommen ebenfalls aus der
Kopperschen Zimmerei. Die 16
Quadratmeter großen Hütten in
einer Entfernung von jeweils
circa 20 Kilometern stehen
auf Streifenfundamenten aus
Stahlbeton. Mit außenseitiger
Holzverschalung sind die zum
Wald gelegenen Seiten ver-
schlossen.DasDachistmit
einerHolzschalungversehenund
mit Bitumenschindeln gedeckt.
Im Inneren befinden sich Bänke
und ein Tisch.
Mit den Bänken
durch die Nister
„DieSitzmöbelhabenwirausge-
fahren und an den vorgegebenen
Standorten montiert. Manchmal
ging es dabei recht abenteuerlich
zu“, erinnert sichDieterKopper.
Der 61-Jährige erzählt, dass
einige Bänke aufgrund unweg-
samen Geländes zum Transport
vom Jeep auf den Handwagen
umgeladen werden mussten.
„Manchmal ging es dabei auch
eine Böschung runter“, weiß er.
SeineSöhne,ThomasundTimm,
haben die Bänke bei Ahlhausen
sogar durch die Nister getragen.
„Wir haben uns erst einmal
Gummistiefel besorgt undhaben
den Handwerksmeister, verwiesen hat, gehören lange schon der
Vergangenheit an“, betont Marianne Kopper. Die 57-Jährige ist
seit 2006 Vorsitzende des UFH-Arbeitskreises Neuwied.
„Die Unternehmerfrau hält ihrem Mann den Rücken frei und
managt das Büro in allen betriebswirtschaftlichen und kauf-
männischen Fragen“, weiß sie. Marianne Kopper ist selbst
Betriebswirtin des Handwerks und für die im mittelständischen
Unternehmen anfallenden Aufgaben bestens gerüstet. Weiter-
bildung hat für sie im Arbeitskreis oberste Priorität. So stehen
auch Themen zu Marketing, Datenverwaltung und Recht im
Jahresprogramm des UFH obenan.
Einmal im Monat gibt es ein Treffen für die 28 Mitglieder.
Darüber hinaus trifft man sich auch in lockerer Runde zum
Erfahrungsaustausch. „Das Gespräch unter Frauen, die aus
den unterschiedlichsten Handwerksbetrieben kommen, ist sehr
wichtig. Trotz aller Unterschiede gibt es viele gemeinsame
Schwerpunkte. Wir diskutieren dann im Team Lösungen. Man
lernt immer wieder etwas Neues. Das treibt mich an“, so die
Vorsitzende.
... bei der 1. Vorsitzenden der UFH
Neuwied unter Tel.: 02684/ 959495
Foto: privat
Marianne Kopper
Steckbrief: Keramikermeisterin Fürst, Alpenrod
Gegr. 1982 | Gebrauchskeramik, Töpferwaren für Firmen u. Vereine,
Besichtigungen | Tel.: 02622/ 4142 |
Keramikermeisterin Marliese
Fürst beim Red machen ei-
ner Gefäßkeramik.
Souvenirs zum Westerwaldsteig.
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 14,15,16,17,18,19,20,21,22,23,...24
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