Handwerk Special 101 vom 23.10.2004


Die Arbeit ersetzt das Fitness-Studio

Zum Titelbild: Straßenbauerin Yvette Vettin

Unter den aktuell 139 Straßenbaulehrlingen im nördlichen Landesteil ist sie die einzige Frau: Yvette Vettin.
Unter den aktuell 139 Straßenbaulehrlingen im nördlichen Landesteil ist sie die einzige Frau: Yvette Vettin.

„Meine Arbeit auf der Baustelle erspart mir das Fitnessstudio“, sagt Yvette Vettin aus Koblenz und verweist nicht ohne Stolz auf ihre Muskeln. Die 28-Jährige macht eine Lehre zur Straßenbauerin. Zurzeit möchten 139 junge Leute im Bezirk der HwK Koblenz Straßenbauer werden. Yvette gehört zu den zwei weiblichen Lehrlingen unter den „harten Männern vom Bau“.

„Der Beruf ist sehr abwechslungsreich durch die ständig wechselnden Arbeitsstandorte und er ist sehr naturverbunden. Die modernen Straßenbaumaschinen erleichtern die körperliche Arbeit. Auch wenn unsere Arbeit eher funktionell gesehen wird - sie hat auch nicht zu unterschätzende gestaltende Aspekte. Mit Pflastersteinen und Platten können Fußgänger- und Beruhigungszonen ansprechend gestaltet werden“, so Yvette über ihren gewählten Beruf. Yvette wird im elterlichen Betrieb „Pflaster- und Wegebau Wolf R. Vettin“ in St. Goar ausgebildet. Eine Lehre als Groß- und Außenhandelskauffrau hat sie bereits erfolgreich abgeschlossen und vier Jahre in diesem Beruf gearbeitet. Zwei Jahre war sie im Büro der Firma Vettin für den kaufmännischen Bereich zuständig. „Mein Vater hat gesagt: ‚Wenn du später den Betrieb leiten willst, ist es gut, dass du auch das Handwerk beherrschst’“, erinnert sie sich. Die Qualifizierung zur Fachwirtin und zum Betriebswirt des Handwerks hat die engagierte junge Frau auch bereits vorzuweisen.

Dass sie die einzige Schülerin in der Berufsschulklasse ist, stört Yvette nicht. „Wenn die Leistung stimmt, bleibt die Anerkennung nicht aus.“ Selbstbewusst nennt sie ihre nächsten Ziele: „Ich möchte die Gesellenprüfung schaffen, anschließend Erfahrungen sammeln, die Meisterprüfung ablegen und den Betrieb übernehmen.“

Gut aussehend, selbstbewusst und motiviert wirkt sie – die junge, schlanke Frau auf unserem Titelbild. Sie ist alles andere als eine derbe Person vom Bau mit Schwielen an den Händen. Stolz und charmant trägt sie ihre Arbeitskleidung, Helm und Handschuhe. Sie straft alle Vorurteile, Handwerk sei nichts für Mädchen, Lügen. Straßenbauerlehrling Yvette macht interessierten Mädchen Mut, sich eine untypische Berufsausbildung zuzutrauen. Die Zeit ist längst reif für Frauen in gewerblich-technischen Berufen. Und wenn die Leistung stimmt, bleibt der Beifall der männlichen Kollegen nicht aus. Fragen der körperlichen Belastung spielen bei guter Arbeitsorganisation keine nennenswerte Rolle. Yvette schaut zuversichtlich in die Zukunft und ist überzeugt, dass Mädchen im Handwerk die Welt offen steht.