Handwerk im Herbst vom 25.09.2004


Beim ersten Gegenwind nicht umdrehen und zurückgehen Otto-Werner Schade, Landeschef der Agentur für Arbeit, beim handwerspolitischen Frühstück

Otto-Werner Schade stellte sich der Diskussion mit den zahlreichen Handwerkern und interessierten Besuchern beim handwerkspolitischen Frühstück der HwK Koblenz und beantwortete alle Fragen zu Arbeitsmarkt & Co.
Otto-Werner Schade stellte sich der Diskussion mit den zahlreichen Handwerkern und interessierten Besuchern beim handwerkspolitischen Frühstück der HwK Koblenz und beantwortete alle Fragen zu Arbeitsmarkt & Co.
Otto-Werner Schade (links) im Podium mit HwK-Hauptgeschäftsführer Dr. h.c. Karl-Jürgen Wilbert.
Otto-Werner Schade (links) im Podium mit HwK-Hauptgeschäftsführer Dr. h.c. Karl-Jürgen Wilbert.

Macht es Spaß, sich in Zeiten von Demonstrationen gegen Hartz IV, in Zeiten eines angespannten Arbeitsmarktes als einer der führenden Köpfe der bundesdeutschen Arbeitsagenturen der „ungefilterten“ Diskussion zu stellen? „Ja!“, so die deutliche Antwort von Otto-Werner Schade, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland der Bundesagentur für Arbeit. Als Referent des sechsten handwerkspolitischen Frühstücks, zu dem die Handwerkskammer Koblenz einlud, sprach er in der bis auf den letzten Platz besetzten HwK-Akademie mit Betriebsinhabern, angehenden Handwerksmeistern, Vertretern aus dem Ehrenamt und dem Bildungsbereich zu Themen rund um Entwicklungen und Aussichten am Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

Otto-Werner Schade zieht den direkten Dialog mit den Menschen vor. „Hier erfahre ich unmittelbar, wo der Schuh drückt und kann einiges dazulernen. Auf der anderen Seite ergibt sich aus solchen Gesprächen für mich die Chance, unsere Arbeit zu erläutern und die Arbeitsmarktreformen zu erklären“. Bei der HwK Koblenz nahm er sich die Zeit, den Umbau der Agenturen für Arbeit darzustellen – ein Prozess, der die Agentur effektiver, unkomplizierter und flexibler machen soll. Mit Blick auf die Entwicklungen in den vergangenen Jahren machte er keinen Bogen um Themen wie „Jagoda und die Berechnung der Arbeitslosenzahlen“. Offen, ehrlich und verständlich – so kam Otto-Werner Schade bei den Handwerkern und anderen interessierten Gästen an. Diese hatten nach den einführenden Worten des Arbeitsmarktexperten die Chance, ihre Fragen loszuwerden. Kontrovers, aber sachlich ging es dabei zu. Das Spektrum reichte von Engpässen der Auftragsvergabe durch die Agenturen für Arbeit an Handwerksunternehmen vor Ort bis zur Hilfe durch die Agenturen bei der Existenzgründung junger Meister.

„Ein Hartz macht noch keinen Sommer!“

Ein Schlüsselthema kam dabei – natürlich – Hartz IV zu. Und auch wenn Otto-Werner Schade vor zwei Jahren mit Bekanntwerden der Inhalte der Hartz-Pläne feststellte: „Ein Hartz macht noch keinen Sommer!“ macht er heute unmissverständlich klar: „Wir brauchen diese Arbeitsmarktreform. Es wird kein Weg daran vorbeiführen! Wir werden uns nicht beim ersten Gegenwind umdrehen und zurück gehen“. Der Aufregung um das Programm hält er entgegen: „Es steht nichts in Hartz IV, was es nicht vorher auch schon gegeben hat. Noch ist das Programm nicht einmal eingeführt, da wird es schon abgelehnt. Wir müssen doch erst einmal sehen, was es bringt.“

Zur Ursachenforschung um die starke Ablehnung äußert Otto-Werner Schade: „Noch nie war ein Programm so direkt, in seinen Inhalten so komprimiert. Sehe ich die vergangenen Jahre mit Schlagzeilen wie „Sozialhilfeempfänger lebt in Florida in Saus und Braus“ war es längst überfällig, dass hier ein starker Einschnitt erfolgen musste.“

„Noch nicht bei allen rumgesprochen ...“

Erst die Debatte um die Personen Jagoda und Gerster, jetzt die Kritik an den Reformen: Wünscht sich die Führung der Agentur für Arbeit mehr Ruhe und Sachlichkeit um ihre Aufgaben? „Das ist natürlich wünschenswert, doch ich mache mir da nichts vor: Wir arbeiten in einem Bereich, der heute im gesellschaftlichen Fokus steht. Insofern gehört diese ‘Unruhe’ um unser Tun zum Alltag.“ Schade macht aber auch deutlich, „dass an der aktuellen Arbeitsmarktsituation nicht die Agentur und ihr Handeln Schuld sind. Wir haben eine strukturelle Verwerfung, der wir uns stellen müssen. Insofern war der Umbau der Agentur ein richtiger Schritt, der aber noch längst nicht abgeschlossen ist.“

Schnell, flexibel und unkompliziert – diese Eigenschaften sollen sich noch stärker mit den Agenturen für Arbeit verbinden. Mit Blick auf das bisher Erreichte und die künftigen Aktivitäten weist Schade deutlich einen „Etikettenschwindel bei der Namensänderung von Bundesanstalt in Agentur zurück, auch wenn wir wissen, das sich unsere Reform noch nicht bei allen rumgesprochen hat“.

Top-Thema Ausbildung

Beim Thema Ausbildung machte Schade deutlich, „dass die deutsche Wirtschaft nach den aktuellen Zahlen nicht ihre Zusage des Ausbildungspaktes mit der Bundesregierung einhält, es aber Regionen gibt, die überdurchschnittlich gut sind. Der nördliche Landesteil von Rheinland-Pfalz gehört dazu“ – ein Kompliment an das Handwerk wie auch die HwK, die sich mit einer Reihe von Aktionen und in Zusammenarbeit mit den regionalen Agenturen für Arbeit, der IHK wie auch Vertretern des Ehrenamtes, der Kommunen und der Kirche sehr stark für die Ausbildung Jugendlicher einsetzt. Doch auch diese müssen umdenken: „Es gibt hierzulande insgesamt 365 Ausbildungsberufe. Auf maximal 10 konzentriert sich die Masse der Jugendlichen. Hier erwarten wir mehr Flexibilität.“

Die Veranstaltung setzte die von der HwK Koblenz ins Leben gerufene Reihe der handwerkspolitischen Frühstücke fort. In lockerer Runde diskutieren Handwerker mit Experten aus Politik, Wirtschaft oder Kirche aktuelle Fragen und Probleme, die sie bewegen.


4. November, 10 Uhr handwerkspolitisches Frühstück

Zum nächsten handwerkspolitischen Frühstück lädt die Handwerkskammer Koblenz am 4. November von 10 bis 12 Uhr in die Akademie der HwK, Friedrich-Ebert-Ring 33, ein. Gast ist dann Reinhold Schulte, Vorsitzender des Vorstandes der Signal-Iduna sowie Nova Versicherung. Bei der Diskussionsrunde dreht sich an diesem Vormittag alles um die Frage: Was ist heute noch versicherbar?

Weitere Informationen und Anmeldungen bei der Handwerkskammer Koblenz, Tel.: 0261/398-249, Fax: -983, E-Mail: beratung@hwk-koblenz.de, Internet: www.hwk-koblenz.de