Handwerk Special 97 vom 07.02.2004


Immer wieder ein großes Problem: Die Zahlungs(un)moral

Haustechnik Willi Röber und das Ringen ums Geld bei privaten Kunden

Für Willi Röbers Tochter Nicole ist der Meisterbrief wichtiges Rüstzeug für die Selbstständigkeit. „Um einen Handwerksbetrieb vom
Schreibtisch aus zu leiten, muss ich wissen, was und wie draußen gearbeitet wird und umgekehrt. Deshalb werde ich die Meisterprüfung ablegen“, sagt sie.

Als gelernter Matrose, der ein halbes Jahrzehnt auf den Weltmeeren zu Hause war, ist Willi Röber aus Nickenich im guten Sinn „mit allen Wassern gewaschen“. Als Inhaber eines Unternehmens der Haustechnik macht er heute immer wieder die Erfahrung, dass dies im negativen Sinn auch auf einige seiner Kunden zutrifft, wenn es um die Begleichung seiner Rechnungen geht.

Die Zahlungsmoral von einigen wenigen belastet nicht nur ihn, sondern auch viele seiner Berufskollegen, berichtet Willi Röber: „Wir sind aufeinander angewiesen, ergänzen uns in unserer Angebotspalette. Also müssen wir diese Probleme gemeinsam besprechen und in die Öffentlichkeit bringen.“ Ein Zehntel seines Umsatzes oder zwei Prozent seiner Aufträge, überschlägt der 51-jährige Unternehmer, sind mit Streitigkeiten verbunden. Dabei geht es um das Geld, das er benötigt, um in seinen Betrieb zu investieren, den Personalstand zu halten - und auch um seinen eigenen Verdienst.

Einseitiges Risiko

Der gebürtige Franke, den es nach seinen Reisen auf hoher See familiär in die Pellenz verschlagen hat, erzählt Beispiele. In einem Neubau sollte sein Team eine Fußbodenheizung einbauen; die Bodenplatte war so uneben, dass der im Angebot kalkulierte Arbeitsaufwand nicht ausreichte. Den Mehraufwand aus dem angenommenen Nachtragsangebot wollte der Auftraggeber dann aber nicht tragen. Anderer Fall: Nach dem Zuschlag für ein Angebot über Heizung und Bad in einem Einfamilienhaus, wünschte der Auftraggeber zusätzlich die Installation von Sauna und Fußbodenheizung mit den Worten: „Das bisschen machen Sie doch gerade mit!“ Ein weiterer Kunde beglich die Zwischenrechnung nach Fertigstellung der Rohbauarbeiten (Rohre verlegen), den wesentlich höheren Betrag der Ausbauarbeiten (Geräte) bezahlte er dann aber nicht mehr. Oder ein Auftraggeber verabschiedete die Installateure aus Nickenich nach Beendigung der Arbeiten mit den Worten: „Ich bin arbeitslos und habe kein Geld!“ Diese Haltung kann für die Auftraggeber zwar nicht zum Erfolg führen, für den betroffenen Handwerker bringt sie aber zunächst unnötige Kosten und unproduktiven Zeitaufwand mit sich.
Rechtslage

„Die Rechtslage unterstützt den Auftraggeber, das Risiko liegt einseitig beim Handwerker“, umschreibt Willi Röber das Grundproblem. „Wir gehören zu den Letzten, die aus einem Neubau herausgehen - nachdem alle anderen Gewerke ihre Arbeiten fertig gestellt haben und bezahlt wurden. Als Unternehmer trete ich nicht nur für Material und Arbeitsleistung in Vorlage, ich muss auch die Umsatzsteuer vorfinanzieren. Mit dem Einbau verliere ich das Eigentum an den von mir beschafften Gegenständen. Die Möglichkeiten für Abschlagszahlungen sind gesetzlich begrenzt“, so Willi Röber zur für ihn als Betriebsinhaber ungünstigen Rechtslage.

Hinzu kommt, dass die Gerichte hoffnungslos überlastet, Wartezeiten von mindestens einem Jahr die Regel sind. Und ohne rechtkräftiges Urteil stehen ihm keine wirksamen Mittel zur Einforderung der Außenstände zur Verfügung, wie etwa der Einsatz von Gerichtsvollzieher oder Sachverständigen der Handwerkskammer.

„Wenn ich für Investitionen in meinen Betrieb oder zur Bezahlung meiner Leute Geld aufnehme, zahle ich darauf höhere Zinsen als die Kunden auf ihre Zahlungsausstände“, führt er aus. Eindeutig sieht er hier die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu verändern. Aus seiner Sicht hätten eine ganze Reihe Insolvenzen von namhaften mittelständischen Unternehmen in jüngster Zeit in der geltenden Rechtslage ihre Ursache.

Beruflicher Werdegang

Dennoch geht Willi Röber optimistisch seiner Arbeit nach und sieht die Zukunft seines Betriebes (www.haustechnik-roeber.de) positiv. Tochter Nicole hat nach einer ersten Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau gerade ihre Gesellenprüfung als Gas-Wasserinstallateurin bestanden, strebt danach den Meisterbrief an, um den Familienbetrieb einmal weiterzuführen.

Willi Röber selbst, der zunächst eine Lehre als Elektroinstallateur begann, um dann die Seemannsschule in Hamburg zu besuchen und als technischer Matrose zur See zu fahren, hatte sich vor zehn Jahren im Sanitär- und Heizungshandel selbstständig gemacht. Zuvor - nachdem er zur Gründung seiner Familie dauerhaft angelandet war - hatte er rund 20 Jahre als Kundendiensttechniker für einen großen Andernacher Installateurbetrieb gearbeitet. Aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung war ihm die Ausübungsberechtigung als Gas-Wasserinstallateur zugesprochen worden. Seit dem Jahr 2000 ist er mit einem handwerklichen Nebenbetrieb in der Handwerksrolle eingetragen.


Vermittlung und Streitschlichtung durch die Handwerkskammer

Alle Handwerkskammern sind gesetzlich zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen selbstständigen Handwerkern und ihren Kunden verpflichtet. Sollte ein Auftraggeber über die Durchführung einer Reparatur, die Art der Rechnungsstellung oder der Zahlungsmodalitäten anderer Auffassung sein als der Handwerksbetrieb, so kann sowohl durch den Handwerker als auch durch dessen Kunde die bei der HwK eingerichtete unabhängige Schlichtungsstelle eingeschaltet werden. Das kos-tenlose Schlichtungsverfahren verfolgt das Ziel, eine Einigung herbeizuführen und so ein kostenintensives und zeitaufwändiges Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Das Schlichtungsverfahren beginnt auf Antrag einer Partei. Die Ausgestaltung hängt von der jeweiligen Fallkonstellation ab, möglich ist sowohl die schriftliche als auch die mündliche Form. Das Verfahren basiert auf dem Freiwilligkeitsgrundsatz, erfordert also das Einverständnis der gegnerischen Partei. Wesentliche Voraussetzung ist die Mitwirkung und Kooperationsbereitschaft der Beteiligten. Als Abschluss des Verfahrens unterbreitet die HwK-Schlichtungsstelle den Parteien einen unverbindlichen Vergleichsvorschlag, den die Parteien annehmen können, aber nicht müssen.

Informationen im HwK-Rechtsdezernat:
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