Handwerk Special 97 vom 07.02.2004


Auf dem Weg zum Dienstleister für den Arbeitsmarkt von morgen

Interview mit Karl-Heinz Huth, Direktor der Agentur für Arbeit Koblenz

Karl-Heinz Huth ist seit Herbst 2003 Direktor der Agentur für Arbeit in Koblenz. Der 45-jährige Diplomverwaltungswirt hat berufsbegleitend ein Studium der Betriebswirtschaft absolviert. Er leitete die Abteilungen Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung im Arbeitsamt Koblenz, die Abteilung Berufsberatung in Neuwied und war zuletzt als Kundenbereichsleiter beim Arbeitsamt Montabaur tätig. Er bezeichnet sich selbst als „Kind der Nordregion, mit der Heimat verwachsen“. „Wir müssen uns als Norden von Rheinland-Pfalz positionieren und die Stärken unserer Region herausarbeiten.“ Karl-Heinz Huth ist verheiratet und hat einen 13-jährigen Sohn. In seiner Freizeit tankt er Kraft beim Tennis und langen Waldläufen: „Das gibt mir mentale Stärke“. In den Feldern „Mensch und Arbeit tätig zu sein“, treibt ihn an. „Es gibt nichts Schöneres, als hier beratend und gestaltend aktiv zu sein.“

Herr Huth, seit dem 1.November 2003 sind Sie Direktor der Agentur für Arbeit in Koblenz. Wo setzen Sie bei den nach wie vor hohen Arbeitslosenzahlen Ihre Schwerpunkte?

Huth: Stellen und nochmals Stellen sind gefragt. Wir können aber keine Stellen verteilen, die nicht da sind. Hier sind die Unternehmen gefragt. Dazu müssen wir unseren Kontakt mit den Betrieben ausbauen. Deshalb richten wir ein Arbeitgeberteam ein. Die Mitarbeiter werden für die Anliegen aller Arbeitgeber in der Stadt Koblenz und in den Verbandsgemeinden Rhens und Untermosel zuständig sein. Sie gehen öfter vor Ort, um weitere Arbeitgeber als Kunden zu gewinnen. Letzten Endes muss aber die Regierung helfen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, indem sie die Rahmenbedingungen für die Betriebe verbessert. Die Agentur für Arbeit bietet seit Dezember unter: www.arbeitsagentur.de im Internet den virtuellen Arbeitsmarkt an. Hier erhalten Arbeitgeber einen Überblick über das bundesweite Angebot auf dem Bewerbersektor für Arbeits- und Ausbildungsstellen. Sie können Stellenangebote eingeben bzw. ihre bestehenden Angebote ändern oder löschen.

Ist die Umbenennung der Arbeitsämter in Agenturen für Arbeit eine modernere Bezeichnung oder verändert sie deren Aufgaben?

„Amt“ hat einen statischen Touch, es klingt festgefahren. In vielen Köpfen besteht das Klischee, wir seien lediglich für die Zahlung von Arbeitslosengeld zuständig. Die Agentur für Arbeit ist aber ein moderner Dienstleister, der die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen berücksichtigt. Die Umbenennung unterstreicht die Vielschichtigkeit der Aufgaben. Sie ist aber nur ein äußeres Zeichen. Wichtiger als der Name ist der Geist, der in einem Haus lebt. In Koblenz lebt bereits ein guter Geist.

In Dänemark werden alle Mitarbeiter der Arbeitsämter einschließlich des Direktors nach Leistung, sprich Vermittlungserfolg, bezahlt. Was halten Sie davon? Bedeutet dies höhere Motivation der Mitarbeiter, weniger Verwaltung, mehr Vermittlung?

Wir müssen von anderen Ländern lernen, dürfen aber nicht vergessen, die Agentur für Arbeit in ihrer Gesamtheit zu sehen. Von den 280 Beschäftigten in Koblenz ist nur ein Teil mit der Arbeitsvermittlung befasst. Im vergangenen Jahr wurden 80 Millionen Euro Arbeitslosengeld und 30 Millionen Euro Arbeitslosenhilfe ausgezahlt. Das bedeutet, dass Tausende von Anträgen bearbeitet werden mussten. An fast 30.000 Berechtigte wurden 90 Millionen Euro Kindergeld gezahlt, auch ein Aufgabenfeld der Agentur. Wir zahlen Kurzarbeiter-, Insolvenz-, Altersteilzeitgeld. Das alles erfordert Verwaltungsarbeit. Bei der reinen Vermittlung sehe ich allerdings die Möglichkeit, erfolgsabhängige Lohnkomponenten einzuführen. Das könnte aber dazu führen, dass sich die Vermittler unter den Arbeitssuchenden die „Rosinen rauspicken“, die ohnehin gute Chancen haben. Schwer vermittelbare Arbeitslose fallen dann durchs Raster.

Die Lehrstellenoffensive 2003 der Arbeitsämter mit den Kammern war erfolgreich. 2004 startet eine Neuauflage. Wo sehen Sie Reserven und weitere Optimierung?

Die Zusammenarbeit grundsätzlich ist gut. Trotz Verknappung der Lehrstellen hat das Handwerk bewiesen, dass es sich der Herausforderung auszubilden stellt. Dafür mein anerkennendes Dankeschön. Optimieren kann man die Zusammenarbeit, wenn man sich noch stärker über gemeinsame Initiativen austauscht, sie zusammen plant und durchführt. Ich nenne die Stellenbörse im Bereich Cochem-Zell, bei der von Anfang an Landkreis, Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Kreishandwerkerschaft, IHK, HwK und Arbeitsamt an einem Tisch saßen. Dazu gehört aber auch der intensive Austausch von aktuellen Datenbanken. Es ist fatal, wenn wir Ausbildungsstellen melden, die bereits besetzt sind. Wir müssen mehr Transparenz schaffen.

Gehören Menschen über 50 zum alten Eisen?

Jeder fünfte Arbeitslose ist über 50 Jahre und hat es schwer, eine Anstellung zu finden. Wir können nur an die Betriebe appellieren, Betriebstreue, berufliche Erfahrung, Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft, dazu zu lernen, stärker zu bewerten.