Handwerk Special 57 vom 11.09.1997


Sonnenwarmes Wasser

Handwerksbetrieb baut größte private Solaranlage im Land

Koblenz, Cusanusstr

Auf dem Dach einer Wohnanlage in der Koblenzer Cusanusstraße wird derzeit die größte Solaranlage für den sozialen Wohnungsbau in Rheinland-Pfalz installiert. Mit einer Absorberoberfläche von rund 110 m² kann sie 73 Wohneinheiten mit warmen Wasser versorgen. Die Anlage mit ihrem 6000-Liter-Wärmespeicher und dem 2000 Liter fassenden Warmwasserspeicher im Keller wird vom Koblenzer Handwerksunternehmen Spahl installiert, das sich seit zehn Jahren im Bereich der Solartechnik engagiert.

Daß im Falle der Wohnanlage die Sonnenenergie nur für die Brauchwasserbereitung genutzt werden kann, liegt an den vorgegebenen Dimensionen des Komplexes: Insgesamt fünf Geschosse plus Tiefgaragen- und Kellerebene werden auf einer Grundfläche von rund 5000 Quadratmetern entstehen. Platz ist für Zwei- bis Vierzimmerwohnungen mit Größen zwischen 50 und 110 Quadratmetern. Die klimatischen Verhältnisse in der Region lassen es nicht zu, ein Objekt in einer derartigen Größe vollständig mit Solarstrom zu versorgen. Deshalb entschieden sich die Bauherrin, Therese Henke-Müller, und die Generalunternehmerin, die Firma Canos Grundstücksverwaltung, für die Brauchwasserbereitung. Projektsteuerung und Bauleitung für die gesamte Wohnanlage, die spätestens im März 1998 bezugsfertig sein soll, liegen bei der RheinGrund. Die Koblenzer Firma wird auch die Hausverwaltung übernehmen. Die Pläne für das Objekt kamen vom Architekturbüro Reles in Trier. Tragwerk- und Ausführungsplanung übernahm das Neuwieder Ingenieurbüro H. P. Müller.

Zwar gab’s Zuschüsse vom Land für den sozialen Wohnungsbau, doch bei den staatlichen Förderprogrammen für Solarenergie waren die Töpfe leer. Dafür kam im Rahmen des Programms "Sonne aktiv" großzügige Unterstützung von der KEVAG.

An der Realisierung des Projektes sind 18 verschiedene Gewerke beteiligt, darunter auch das Metallbauunternehmen Lung aus Kottenheim, das 410 (!) Kunststoffenster einbaut. Der traditionsreiche Handwerksbetrieb blickt auf eine 123jährige Geschichte zurück und war auch in jüngster Vergangenheit an der Errichtung verschiedener Renommierobjekte in der Region beteiligt, so zum Beispiel beim Bau des Signal-Hauses in der Koblenzer Löhrstraße.

Dachziegel tanken Sonne - Neues Modulsystem läßt Dachdecker aufhorchen

Solar-Dachziegel

Immer öfter wird die Kraft der Sonne zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt. Die Systeme werden ausgeklügelter und preiswerter. Auf der 97er Messe am Rhein präsentierte die Firma Gebr. Laumanns aus Brüggen eine Entwicklung, die vor allem Dachdecker aufhorchen ließ. Das Solardachziegel-System kann über Partnerbetriebe aus dem Handwerk sogar in bestehenden Häuser problemlos eingebaut werden. Der Anbieter will nicht nur umweltbewußten Bauherren den Einstieg in die Solarnutzung eröffnen, "sondern gleichzeitig architektonische Anforderungen an Ästhetik und Schönheit der Dachgestaltung erfüllen."

Dem Dachziegelsystem liegt die Photovoltaik zugrunde. Solarzellen wandeln das Licht der Sonne ohne Umwege in elektrischen Stom um. Sie bestehen aus zwei Siliziumschichten unterschiedlicher Leitfähigkeit. Werden diese Schichten miteinander verbunden, fließt Gleichstrom, dessen Stärke vom Lichteinfall auf die Solarzelle abhängig ist. Der nächste Schritt: Die auf dem Dach zum Generator angeordneten Module wandeln den Gleichstrom in Wechselstrom um und speisen ihn direkt in das Hausstromnetz ein.

Das Besondere der Laumans-Entwicklung: Die Dachziegel fungieren als Träger der Solarmodule. Die Module bestehen aus je drei Solarzellen und werden in die mit Nuten versehenen "normalen" Tondachziegel per Edelstahl-Federsystem "eingeklipst". Hauptvorteil des Systems: Die oft wenig attraktiven Aufständerungen für herkömmliche Solaranlagen entfallen. Zudem lassen sich fast alle Dachflächen nutzen. Und: Ein erheblicher Teil der Montage des Solardachziegelsystems bleibt im Gewerk des Dachdeckers. Der deckt wie gewohnt die für den Generator erforderlichen Solardachziegel ein. Die Verkabelung und Elektroinstallationen nimmt ein Elektro-Fachbetrieb vor. In der Praxis werden Anlagen eingebaut, die etwa 2/3 des Jahresbedarfs eines Haushalts abdecken.

Natürlich ist der Laumans-Ziegel nicht die einzige Alternative. Auf dem Markt konkurrieren Systeme, die auch andere Materialien als Ziegel berücksichtigen. "Seit einiger Zeit liegt die Nutzung der Sonnenkraft voll im Trend. Der Dachdecker muß diese Technik kennen. Vor allem muß er in der Lage sein, den Bauherrn auch in Energiefragen zu beraten", betont der Dachdeckermeister und Sachverständige Franz Wierschem. Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks richtete einen Ausschuß für Energiewesen- und Solartechnik ein.

Im Mayener Bundesbildungszentrum werden Dachdecker auf die Aufgaben der Zukunft vorbereitet. Im Herbst finden erste Qualifizierungen zum "Energieberater im Dachdeckerhandwerk" statt.