Handwerk Special 57 vom 11.09.1997


Bunter und leuchtender Alltag

Schilder- und Lichtreklamehersteller: Job für Kreative

Sie schweben in der Höhe und installieren gewaltige Leuchtbuchstaben. An weniger brenzligen Tagen kreieren sie in ihrer Werkstatt individuelle Beschriftungen für Firmenwagen oder fühlen per Computer am gestalterischen Puls der Zeit. Schon wenige Worte zeigen: Der Alltag eines Schilder- und Lichtreklameherstellers ist alles andere als langweilig.

Wer diesen kreativen Job voller Herausforderungen und Verantwortung erlernen will, kann dies ohne Umwege tun. Der Beruf des Schilder- und Lichtreklameherstellers ist ein Vollhandwerk mit eigener dreijähriger Ausbildung bis zur Gesellenprüfung. Spitzenkräfte können sich zum Meister fortbilden und später ihren eigenen Betrieb gründen.

Kunibert Barth und Ehefrau Christiane haben diesen Schritt gewagt und 1996 in Koblenz ihren eigenen Betrieb eröffnet. Christiane zeichnet als Inhaberin verantwortlich, während der Ehemann die Aufgabe des Geschäftsführers übernommen hat. Unterstützt werden sie von einer Gesellin. Da die Gründer mit der Auftragslage zufrieden sind, wollen sie Ende des Jahres noch einen Mitarbeiter einstellen. In dem kleinen Handwerksbetrieb ergänzen sich alle Beteiligten. Erleichtert wird die Arbeit dadurch, daß auch Christiane Barth Schilder- und Lichtreklameherstellerin ist. Sie bestand vor fünf Jahren ihre Gesellenprüfung. Zudem hat die Chefin eine kaufmännische Ausbildung hinter sich.

Kunibert Barth und Ehefrau Christiane

Kunibert Barth ist der "alte Hase" im Betrieb. Von 1974 bis 1977 ging er im Saarland in die Lehre, arbeitete später in verschiedenen Betrieben. Im Vollzeitkurs an der Bundesfachschule für Werbetechnik in Lahr/Schwarzwald qualifizierte er sich zum Meister seines Fachs. 1988 kam er nach Koblenz und wurde Geschäftsführender Mitgesellschafter eines örtlichen Schilder- und Lichtreklameherstellers, bevor er eigene Wege zu gehen begann. Denjenigen, die sich in dieser Branche selbständig machen, kommt ihre vielseitige Ausbildung zugute. Denn auf dem Lehrplan stehen Bereiche wie Kunststoff- und Metallverarbeitung, Elektroinstallationen, Siebdruck, alte Techniken wie Vergolden, Computergestaltung, Stil- und Schriftkunde sowie Montage. Selbstverständlich müssen die "Werbemacher" mit der Spritzpistole umgehen können.

Neben den gestalterischen Kenntnissen bewertet Kunibert Barth die elektrotechnische Ausbildung besonders hoch. "Da wir es vor allem mit Hochspannungsleuchtanlagen zu tun haben, kann uns der Elektriker nicht immer weiterhelfen", so Barth, der sofort Fachzeitschriften präsentiert, in denen die Fehler in seiner Branche erläutert werden. "Nicht selten kommt es zu Bränden, weil zum Beispiel Transformatoren nicht nach Vorschrift installiert werden", erklärt der Existenzgründer. Beim Thema "Pfusch" spricht Barth ein Problem an, das die ganze Branche beeinträchtigt. Denn obwohl der Ausbildungsweg fest gefügt ist, sind ungelernte "Quereinsteiger" auf dem gleichen Terrain aktiv. Nicht selten mit verheerenden Folgen wie das Beispiel der Hochspannungsanlagen zeigt. Barth sieht seinen kleinen Betrieb als "Ideenschmiede". Dort entstehen die Pläne für Werbeanlagen, werden Beschriftungen am Computer erstellt, via Plotter aus der Folie ausgeschnitten und dann angebracht. Darüber hinaus gibt es im Hause Barth auch eine kleine Siebdruckanlage, mit der zum Beispiel vorbedruckte Plakate ergänzt werden können.

Wenn es um Leuchtkästen, Tragkonstruktionen oder Betonfundamente geht, arbeiten die Barths mit anderen Handwerksbetrieben zusammen. "Würden wir alles selbst machen, bräuchten wir größere Betriebsflächen und zusätzliche Maschinen. Wir konzentrieren uns daher auf unsere eigentliche Aufgabe", erläutert der Geschäftsführer. Auch wenn immer noch mit Pinsel und Farbe gearbeitet wird, ist unverkennbar, daß die Folie bei den Schilder- und Lichtreklameherstellern den Siegeszug angetreten hat. Grund: Die Materialien sind in den letzten Jahren verbessert worden. Ihr Hauptvorteil: Sie können jederzeit wieder entfernt werden, was vor allem bei Firmenfahrzeugen wichtig ist. Dennoch: Die Spezialwünsche der Kunden gehen nicht aus. So erhielt ein Schriftzug am Wagen einer Koblenzer Tischlerei eine Blattvergoldung. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Schilder- und Lichtreklamehersteller auf dem neuesten Stand der Technik sein muß, vor allem wenn es um Gestaltung am Computer und Trends geht.

Wie sieht es mit den Chancen in diesem schönen Beruf aus? Barth sieht vor allem für Führungskräfte gute Perspektiven. "Früher wurde oft der Fehler gemacht, Lehrlinge als billige Arbeitskräfte zu mißbrauchen. Folge: Die jungen Leute wanderten in andere Bereiche ab oder studierten. Die fehlen uns jetzt", meint Barth. Die Barths wollen 1998 selbst ausbilden. Jungen Leuten rät das Ehepaar: "Es reicht nicht, nur seine Rechte zu kennen. Und wer auf Dienst nach Vorschrift besteht, hat keine Chance".