Handwerk Special 57 vom 11.09.1997


Echt scharf

Unternehmen 2000: Gewinnbeteiligung, runder Tisch & innovative Produkte

Seine Laufbahn: Abenteuerlich, alle Ziele erreicht, nie zufrieden. Alter: 47. Beruf: Handwerker, Unternehmer. Der Betrieb: 24 Mitarbeiter, drei Millionen Mark Umsatz, steigend. Das Produkt: Präzisionsbauteile aus Keramik. Sein Name: Joachim Kozlowski, Handwerksmeister aus Neuwied.

Joachim Kozlowski

Mit Schneidmessern und Elektromotoren fing alles an: 1925 gründete Vater Theodor Kozlowski seine kleine Werkstatt. Was bis heute blieb, sind die Kürzel des Gründers: TE-KO-WE. 1980 übernahm Sohn Joachim den Betrieb, der damals ausschließlich mit der Herstellung und Bearbeitung von maschinellen Schneidmessern, so für die Papierverarbeitung, Umsatz machte. Doch nichts blieb, wie es war: Mit innovativer, zukunftsorientierter Technologie wollte der neue Betriebsinhaber das Familienunternehmen im nationalen und internationalen Markt etablieren.

Die Idee: Verbundbauteile aus Keramik lösen Hartmetallbauteile dort ab, wo hohe mechanische, thermische oder chemische Belastungen auftreten - so bei Schneid- oder Dosiermaschinen, Pumpanlagen für die Chemie oder kleine Haltezangen zum Schweißen von Halbleiterbauteilen. Die Rechnung ging auf, denn heute liefert das Neuwieder Maschinenbauunternehmen seine Produkte nach Norwegen, in die Schweiz, im Binnenland an namhafte Unternehmen wie Continental (Reifenhersteller), MAN Roland (Druckmaschinenproduzent) bis hin zur Zigarettenindustrie. Selbst einige Millionen europäische Katzen und Hunde verlassen sich auf die Neuwieder Maschinenbauer, macht sich ihr Lieblingsfutter "Whiskas" und "Cäsar" genauestens dosiert erst nach dem Passieren der TE-KO-WE-Einrichtung auf den Weg zum heimischen Futternapf.

Die Karriere des technologischen Überfliegers Kozlowski ist abenteuerlich, abwechslungsreich und liest sich bilderbuchmäßig. Der "german way of life" begann als Elektroniker - hier legte er die Meisterprüfung zum Industrieelektronikmeister ab - anschließend folgte der Meistertitel zum Maschinenbauer. Bei der Bundeswehr, wo er 12 Jahre als Elektroniker und Katalogisierer mehr als 100.000 Bauteile für den Kampfflieger "Tornado" verwaltete, wurde er mit dem Anspruch höchster Qualität im Einkauf von Ersatzteilen konfrontiert - diese Liebe zur Qualität ist bis heute geblieben.

"Anlagen in ihrer Leistungsfähgkeit stabilisieren" - so lautet die Firmenphilosophie des heute 47jährigen. Dort, wo Anlagen Extrembelastungen ausgesetzt werden, sorgen die Neuwieder mit ihren Keramikbauteilen für Präzision und Langlebigkeit, greifen entscheidend in Produktionsabläufe ein. Vorgefertigte Bauteile aus Keramik werden in Form gebracht und auf Hochleistungsstähle aufgeklebt, anschließend bis auf den Tausendstel Millimeter bearbeitet. Nach der Einzelabnahme in der Qualitätsprüfung gehen die Bauteile an ihren Empfänger - 100prozentig genau, Stück für Stück.

Der Erfolg kam jedoch nicht über Nacht. Anstoß war die Hannover-Messe 1987 - hier stellte Joachim Kozlowski einen Kontakt zum Forschungsinstitut für anorganische Werkstoffe Höhr-Grenzhausen her. 1988 startete das erste Forschungsprojekt um den "Ersatz von Hartmetallen durch Keramik", durch das Land Rheinland-Pfalz mit dem Höchstsatz gefördert. Darüber hinaus entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut Freiburg.

1996 verzeichnete das Unternehmen mit der Förderung durch die Bundesregierung im Rahmen der landesweiten Initiative "Produktion 2000" einen Riesenerfolg: Von 18 Unternehmen erhielten gerade einmal zwei das Prädikat "Förderwürdig" - Mercedes Benz und TE-KO-WE.

Doch nicht nur mit den Keramikbauteilen ging das Handwerksunternehmen neue Wege, auch im Betrieb selbst hat die Zukunft mit Beteiligung der Mitarbeiter am Gewinn und gemeinsamen Produktionsrichtlinien begonnen. "Dabei sehe ich mich als Moderator - wo es langgeht, bestimmen die 24 Mitarbeiter mit", so Kozlowski. 20 Prozent der Gewinne wird den Mitarbeitern gutgeschrieben, am Jahresanfang sitzt die Belegschaft am runden Tisch und legt den Unternehmenskurs mit fest - das motiviert und sorgt für eine effizientere Produktion.

Auch im Ausbildungsbereich überläßt TE-KO-WE seine Zukunft nicht dem Zufall. Zwei Jugendliche werden momentan ausgebildet, zwei weitere beginnen im Herbst ’97. "Dabei sind die Zeugnisnoten sekundär - wichtig ist die Einstellung zur Arbeit, Teamgeist für das Unternehmen und Verständnis für die Technik", so der Handwerksmeister.

Die nächste Generation der Werkzeugtechnologie steckt bereits in den Startlöchern. Diplom-Ingenieur Florian Berndt, der demnächst seine Promotion abschließt, erprobt bereits heute den Einsatz von Diamant-Bauteilen im Verbund mit Stahl.