Handwerk Special 57 vom 11.09.1997


Das Salz in der Suppe

Kommentar von Hauptgeschäftsführer Karl-Jürgen Wilbert

Es war an einem Tag wie an jedem anderen, daß ich einige traditionsreiche Betriebe im Hunsrück besuchte. Ein Familienunternehmen ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Der Vater: Tischlermeister, verbindet Beruf und Ehrenamt in unterschiedlichen Funktionen, Ende 60, Söhne im Geschäft, 40 Mitarbeiter, Absatz im In- und Ausland bis Rußland und China. Produktion von der Einzelanfertigung bis zur kleinen Serie. Die Auftragslage derzeit durchwachsen. Die Mutter: Seele des Unternehmens. Sie hat wache Augen und sorgt sich um jeden. Was mich aber besonders berührte waren die Mitarbeiter: 25, 30, 40, 42 Jahre im Unternehmen, Gesellen und Meister. Sie sind mitgewachsen, der Betrieb mit seinem Auf und Ab war und ist ihr Leben, ihr Zuhause. Der eine oder andere hat an den Sägemaschinen Blessuren davon getragen. Der Betrieb ist für sie mehr als nur Produktionsstätte. Sie leben miteinander, feiern und halten zusammen. Die Lehrlinge sehen, in was sie hineinwachsen können. Dem Chef sehen sie nach den Augen (Söhne einschließlich), der aber auch nichts ohne sie entscheidet, er läßt seine Söhne gewähren. Ein schönes Bild, an das man denkt, wenn man über Wirtschaftsdaten, über Globalisierung und Regionalisierung, über Zu- und Abgänge in Unternehmen spricht und über das, was unsere Wirtschaft zusammenhält. Diese Betriebe sind das Salz in der Suppe unserer Wirtschaft.

Solche Betriebe fallen einem auch ein bei der Lehrstellendiskussion im Herbst 1997. Es gibt sie immer noch, die offenen Lehrstellen in diesem Herbst - offen für junge Leute, wenn sie sie wollen. Vielleicht ist der Norden des Landes etwas günstiger dran, und sicherlich helfen auch die aufgemachten Fördertöpfe des Landes. Die Katastrophe bleibt aber wieder aus. Verlegen wir also die unvermeidlichen schwarzen Prognossen auf das nächste Jahr, dann ist Wahljahr, dann werden die Negativmeldungen wieder hervorgeholt werden mitsamt der Diskussion um Ausgleichsabgaben. Und Angaben in den Zeitungen, wieviele Ausbildungsplätze auf Rügen fehlen, helfen niemanden an Rhein und Mosel.

Wenn wir von diesem Thema auch nicht loskommen, es ist auch wichtig genug - Handwerk special bietet aber wieder mehr, eigens für Sie, lieber Leser: Kürschner im neuem Aufwind, Bauen mit Holz oder Renovierung von alter Bausubstanz, ein Thema, das derzeit hochgekocht wird. Die Sanierung von Altbausubstanzen erfordert viel Sensibilität bei den Kommunen, den Auftraggebern, den Denkmalschützern und den Handwerkern.

Ab sofort werden wir auch mehr aus dem Tagesgeschäft der Kammer bringen unter der Rubrik "Handwerk aktuell". Sie finden sie auch im Internet (www.hwk-koblenz.de). Den Einstieg ins Internet betreiben wir langsam, wir beobachten den Markt und sind zur Stelle, wenn Sie, verehrte Leser, das Handwerk und die Handwerker im Internet erreichen wollen. Bisher war dieses Geschäft nur etwas für Freaks und Computer-Insider. Wir bringen auch mehr HwK-Infos, weil Sie sich sicherlich für das interessieren, was Fachleute des Handwerks in der Region und für die Region in den politischen Meinungsbildungsprozeß einbringen, welche Denkanstöße sie formulieren. Handwerk geht uns alle an, Sie und mich. Nur wird es gelegentlich vergessen. Gut, daß es Handwerk special gibt, gut für Sie, auch gut für uns.